Polizei räumt erste Barrikaden weg
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat die Polizei am Montag damit begonnen, erste Barrikaden der regierungskritischen Protestbewegung zu räumen. Dabei sei es nicht zu Krawallen zwischen der Polizei und den Demonstranten gekommen, meldete die Nachrichtenagentur Interfax. Zugleich wurde der Sitz der Vaterlandspartei der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko gestürmt.
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Unklar ist noch, wer hinter der Erstürmung der Parteizentrale steckt. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, teilte die Parteisprecherin Marina Soroka am Montagnachmittag auf ihrer Facebook-Seite mit, Sondereinsatzkräfte seien mit Gewalt in den Parteisitz eingedrungen. Türen seien zerstört und Rechner beschlagnahmt worden. Ein von der Partei verschicktes Foto zeigte drei vermummte Uniformierte vor dem Gebäude.
Die Onlinezeitung Ukrainska Prawda berichtete, die Durchsuchung der Parteizentrale sei das Werk des Staatssicherheitsdienstes (SBU). Sowohl die Polizei als auch SBU dementierten allerdings, in den Vorfall verwickelt zu sein. Unabhängige Berichte gab es zunächst nicht.
Sondereinheiten aufmarschiert
Die proeuropäische Vaterlandspartei (Batkiwschina-Partei) führt die seit Wochen andauernden Proteste gegen Präsident Viktor Janukowitsch mit an. Die Oppositionspartei Udar (Schlag) von Boxweltmeister Witali Klitschko evakuierte aus Angst vor einer Erstürmung durch Sicherheitskräfte ihre Parteizentrale.

APA/EPA/Sergey Dolzhenko
Die Kräfte stehen sich unversöhnlich gegenüber
Zugleich drängte die Polizei die Demonstranten vom Regierungssitz zurück. Sondereinheiten rückten am Nachmittag vor, um die seit einer Woche andauernden Blockaden der Regierungsgebäude im Zentrum Kiews aufzuheben. Erste kleinere Barrikaden seien weggeräumt worden. Die russische Agentur Itar-Tass meldete, dass etwa 6.000 Sicherheitskräfte im Einsatz seien. Auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz (Maidan) waren weiterhin Tausende Demonstranten versammelt. Sie hatten den Platz mit Barrikaden abgeriegelt.
Demonstranten: „Wir bleiben“
Anführer der Opposition riefen daraufhin die Demonstranten auf, sich auf dem Unabhängigkeitsplatz zu versammeln. Der prorussische Präsident Janukowitsch wolle die mehreren tausend Regierungsgegner einschüchtern, sagte Klitschko. „Aber wir bleiben. Ich rufe alle Regierungsgegner auf, zum Maidan (Unabhängigkeitsplatz, Anm.) zu kommen.“

AP/Efrem Lukatsky
Regierungsgegner wollen hinter den Barrikaden ausharren
Der weitläufige Platz ist das Zentrum der Proteste, die im November durch die überraschende Ankündigung Janukowitschs, das geplante Assoziierungsabkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen, ausgelöst wurden. Die Demonstranten halten seit mehr als einer Woche mehrere Regierungsgebäude besetzt, darunter auch das Rathaus von Kiew. Sie protestieren gegen die Abkehr der ukrainischen Regierung von ihrem Kurs Richtung Westen und ihre stärkere Hinwendung zu Russland.
Janukowitsch zu Gesprächen bereit
Nachdem Janukowitsch sich am Montag für Gespräche mit der Opposition bereiterklärt hatte, stimmte auch Klitschko einem Treffen mit dem Präsidenten zu, beharrte aber weiterhin aber auf den Rücktritt der Regierung. Zudem wolle sich der Staatschef am Dienstag mit seinen Amtsvorgängern Leonid Krawtschuk, Leonid Kutschma und Viktor Juschtschenko treffen, um über die politische Krise im Land zu beraten. Die drei Ex-Präsidenten hatten in der vergangenen Woche ihre Solidarität mit den Demonstranten erklärt.
Ashton vermittelt in Kiew
Die Behörden in Kiew müssten die bürgerlichen Freiheiten in der Ukraine respektieren, unterstrich die EU-Kommission. Die EU-Kommission kündigte an, dass EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Dienstag zu Gesprächen nach Kiew reisen werde. Sie wolle dort helfen, nach einem Weg aus der politischen Krise zu suchen.
US-Vizepräsident Joe Biden rief Janukowitsch zum Dialog mit der Opposition auf. Zugleich äußerte sich Biden in einem Telefonat mit dem Präsidenten besorgt über die Lage in der Ukraine. Gewalt habe keinen Platz in einer demokratischen Gesellschaft, mahnte Biden. Die USA unterstützten das Streben der Ukraine nach Europa.
Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon redete Janukowitsch per Telefon ins Gewissen. Er habe Janukowitsch zum friedlichen Dialog mit der Opposition in seinem Land aufgefordert und ihm gegenüber seiner Besorgnis über die Situation in der Ukraine Ausdruck verliehen, hieß es in einer Mitteilung der UNO.
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