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Appell zu mehr Sichtbarkeit

Rund neun von zehn Fußgängern und viele Radfahrer sind bei Dunkelheit oder Dämmerung dunkel gekleidet unterwegs, besagt eine aktuelle Erhebung des ÖAMTC. Gerade die schwächsten Verkehrsteilnehmer würden damit am wenigsten für die eigene Sicherheit sorgen, so der Autofahrerclub, der für mehr Sichtbarkeit im Straßenverkehr plädiert.

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87 Prozent der Fußgänger waren im Beobachtungszeitraum November dunkel gekleidet, neun Prozent trugen helle Kleidung, und vier Prozent hatten Reflektoren an Kleidung oder Taschen, so der ÖAMTC. Auch viele Radfahrer seien dunkel gekleidet, so der ÖAMTC. Zudem sei mit 46 Prozent fast die Hälfte der Radfahrer gänzlich ohne funktionierende Lichter unterwegs. Bei weiteren acht Prozent funktioniere demnach nur eines der Lichter.

Die motorisierten Verkehrsteilnehmer schnitten laut ÖAMTC besser ab. Fast 97 Prozent der Pkws, rund 98 Prozent der Lkws und 96 Prozent der Motorräder waren demnach sehr gut beleuchtet. Zwei Prozent der Pkws und Lkws sowie drei Prozent der Motorräder hatten defekte Lampen, so der ÖAMTC, der für die Erhebung laut eigenen Angaben in der Früh und am Abend über 7.400 Verkehrsteilnehmer an stark frequentierten Kreuzungen an Stadträndern beobachtete.

Vorschrift: „Fahren auf Sicht“

Die Straßenverkehrsordnung (Paragraf 20, Absatz 1) verpflichtet Fahrzeuglenker allerdings dazu, „die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Er darf auch nicht so schnell fahren, dass er andere Straßenbenützer oder an der Straße gelegene Sachen beschmutzt oder Vieh verletzt, wenn dies vermeidbar ist.“

Bewusstsein für mehr Sichtbarkeit

Wer im Straßenverkehr dunkel gekleidet und ohne Beleuchtung unterwegs sei, sei nur schwer zu sehen und werde oft auch erst zu spät gesehen, warnt ÖAMTC-Psychologin Marion Seidenberger. Dabei gehe es weniger um Bekleidungsvorschriften, so die Psychologin, als viel mehr um einen Perspektivenwechsel. „Wir wollen Bewusstsein schaffen.“

Fußgänger und auch Radfahrer sollten sich klar darüber sein, dass sie ohne entsprechende Maßnahmen im Dunkeln und bei Dämmerung von Autofahrern weniger gut gesehen werden und sich daher entsprechend vorsichtiger im Straßenverkehr bewegen. Gerade in den Monaten der dunklen Jahreszeit zwischen Oktober und März steige die Gefahr für Fußgänger im Verkehr, und da vor allem in den frühen Morgenstunden und dann wieder zwischen 16.00 und 19.00 Uhr.

Maßnahmen für eine bessere Sichtbarkeit wären laut ÖAMTC etwa eigene Reflektoren, die an Jacken, Schuhen oder auch Taschen angebracht werden. Ihr sei klar, dass es gerade bei modebewussten Menschen schwierig sei, solche Reflektoren zu argumentieren, so Seidenberger. Sie verwies aber auch darauf, dass das etwa bei Sportkleidung überhaupt kein Thema sei, weil die Reflektoren dort oftmals bereits integriert seien.

Mehr Aufmerksamkeit von allen Verkehrsteilnehmern

Grundsätzlich empfiehlt der ÖAMTC Fußgängern Fahrbahnen nur bei gut beleuchteten Übergängen etwa bei Ampeln oder Schutzwegen zu queren. Keinesfalls sollte die Straße überraschend zwischen zwei parkenden Autos heraus betreten werden, so der ÖAMTC. Auf Freilandstraßen sollten Fußgänger und Radfahrer zudem mehr Abstand zum Fahrbahnrand halten.

Autofahrer sollten im Gegenzug bei Dunkelheit langsamer fahren und im Kreuzungsbereich, vor Einkaufszentren, Schulen und Haltestellen besonders aufmerksam fahren. Zudem sollten alle Verkehrsteilnehmer den toten Winkel beim Abbiegen und Rückwärtsfahren bedenken, denn gerade in solchen Situationen seien schlecht beziehungsweise gar nicht beleuchtete Fußgänger und Radfahrer leicht zu übersehen.

Weniger Tote bei Verkehrsunfällen

Der Verkehr sei in den letzten Jahren sicherer geworden, so das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV). Das Risiko, durch einen Verkehrsunfall getötet zu werden, habe sich seit dem Jahr 2000 um mehr als die Hälfte reduziert, so KfV-Direktor Othmar Thann am Montag. Laut Prognose sterben heuer erstmals weniger als 500 Personen im heimischen Straßenverkehr, Anfang des Jahrtausends gab es noch 976 Tote. 1972 kamen 2.948 Menschen im Straßenverkehr ums Leben.

Nach Verkehrsteilnehmern aufgeschlüsselt gab es bei Pkw-Insassen zuletzt den größten Rückgang an Verkehrstoten. Von 549 im Jahr 2000 soll die Zahl auf heuer 185 sinken. Halbiert hat sich die Zahl der getöteten Fußgänger: Von 140 im Jahr 2000 auf 70 im Jahr 2013. Den geringsten Rückgang verzeichneten mit elf Prozent Motorradfahrer, bei den Radfahrern ging die Zahl der Getöteten seit 2000 um 27 Prozent zurück.

2020 soll kein Kind auf heimischen Straßen sterben

Auch die Zahl der Verkehrsunfälle ist deutlich zurückgegangen: Im Jahr 2000 wurden bei 42.126 Unfällen knapp 55.000 Menschen verletzt, für heuer prognostiziert das KFV 37.000 Unfälle mit 45.000 Verletzten. Die Wahrscheinlichkeit, einmal im Leben einen Verkehrsunfall zu erleiden, sank von 42 Prozent auf 35 Prozent. Zugenommen haben wiederum die „Fahrleistung und der KFZ-Bestand“, sagte Thann. Gab es im Jahr 2000 knapp 5,6 Millionen Fahrzeuge, sind es heuer bereits 6,3 Millionen.

Das selbst gesteckte Ziel hat Österreich dennoch nicht erreicht. Eigentlich hätte die Zahl der getöteten Verkehrsteilnehmer laut dem Verkehrssicherheitsprogramm von 2002 bereits bis 2010 auf unter 500 gesenkt werden sollen. Heuer sei erstmals das Etappenziel erreicht worden. 2015 sollen maximal 466 Menschen im heimischen Verkehr sterben, 2020 maximal 311 Menschen. „Eine Restgröße wird bleiben, es gibt Unfälle, die nicht vermieden werden können“, so Thann. 2020 soll laut KfV kein Kind mehr auf den heimischen Straßen sterben, im Vorjahr waren es noch 20.

Rücksicht in Österreich „sehr heikel“

Den Rückgang der Verkehrstoten führt Thann auf „zahlreiche Maßnahmen, die teilweise erst jetzt wirken“, zurück. Dazu zählten die Mehrphasenausbildung beim Führerschein, aber auch höhere Strafen etwa für Raserei und die Radhelmpflicht für Kinder. Laut Thann könnte aber auch eine weniger komplexe Straßenverkehrsordnung (StVO) dabei helfen, Unfälle zu vermeiden. „Wir müssen uns auf ungeschützte Verkehrsteilnehmer fokussieren“, so der Direktor des KfV.

Nicht nur der Trennverkehr, auch der gemischte Verkehr im urbanen Bereich müsse in den Mittelpunkt gestellt werden. Die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer sollten laut KfV möglichst einen gleichen Stellenwert erhalten. „Kleine Ansätze“ seien auch hier schon geschehen, als Beispiel nannte Thann die Einführung von Begegnungszonen. „Auf andere Rücksicht zu nehmen“ sei in Österreich jedoch „sehr heikel“: „Bei uns funktioniert nicht einmal das Reißverschlusssystem“, kritisierte Thann.

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