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Im „Blindflug“-Modus am Steuer

Alkohol, zu schnelles Fahren und Drängeln sind die Gründe für Hunderte Verletzte und zahlreiche Tote pro Jahr auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen. Allerdings: Mehr Opfer als diese drei Faktoren zusammen gibt es, weil Lenker mit allem Möglichen beschäftigt sind, nur nicht primär mit ihrem Fahrzeug und der Verkehrssituation.

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Laut einer Ende Oktober veröffentlichten Statistik der Autobahn- und Schnellstraßenbetriebsgesellschaft ASFINAG war Ablenkung im Vorjahr die Ursache für jeden dritten Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang im Überlandverkehr (auf Autobahnen und Schnellstraßen). Die Zahl der Todesopfer habe 18, die der Verletzten 1.223 betragen. „Während eines Telefongesprächs beispielsweise steigt das Unfallrisiko um das Vierfache“, so ASFINAG-Verkehrssicherheitsexperte Bernhard Lautner.

Doch Telefonieren ist nicht der einzige Grund dafür, dass der eine oder andere Lenker „blind“ unterwegs ist: „Ist man zum Beispiel durch das Bedienen einen Handys 2,5 Sekunden abgelenkt, fährt ein Lenker mit 80 km/h ganze 55 Meter ‚blind‘. Bei 130 km/h sind es sogar 90 Meter“, so Lautner.

Riskantes Multitasking hinter dem Lenkrad

Auf die Risiken des Handys am Steuer weist auch das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) hin. Der Mensch sei „prinzipiell schlecht dafür geeignet, zwei vollkommen unterschiedliche Tätigkeiten gleichzeitig auszuführen“. Ablenkung führe zu „Verzögerungen bei der Wahrnehmung von Gefahren und der - lebensnotwendigen - Reaktionsfähigkeit“. Selbst nach Beenden eines Telefonats seien Autofahrer noch abgelenkt, in den „ersten 15 Minuten nach dem Auflegen ist das Unfallrisiko noch immer viermal höher“, heißt es in einer Stellungnahme des Kuratoriums zum Thema Telefonieren am Steuer.

Verletzte und Tote nach Unfallursachen 2012

Unfallursache Verletzte Tote
Ablenkung bzw. Unachtsamkeit 1.223 18
Übermüdung 275 9
Nicht angepasstes Tempo 660 7
Mangelnder Sicherheitsabstand 439 3
Hindernisse auf der Fahrbahn 77 6
Fehlverhalten Fußgänger 3 4
Vorrangverletzung 96 0
Überholen 136 1
Alkohol, Drogen oder Medikamente 104 1
Herz-Kreislaufversagen 24 2
Technischer Defekt 74 1
Sonstige 264 12
Insgesamt 3.375 64
Quelle: ASFINAG (Zahlen betreffen nur Autobahnen und Schnellstraßen)

Auch im Fahrverhalten schlage sich die motorische Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch das Hantieren mit dem Handy nieder. Trotzdem - und obwohl seit dem 1. Juli 1999 verboten – sei Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung „eine oft anzutreffende Praxis auf Österreichs Straßen“.

Auch „gedopt“ fährt es sich nicht sicherer

An zweiter Stelle der häufigsten Ursachen für tödliche Verkehrsunfälle liegt Übermüdung. Nach Sekundenschlaf oder wegen Unkonzentriertheit bzw. langsamer Reaktion wegen Übermüdung starben laut ASFINAG-Statistik 2012 neun Menschen, 660 wurden verletzt. „Wir können es nicht oft genug wiederholen: Setzen Sie sich nur ausgeruht ins Fahrzeug! Müdigkeit kann fatale Folgen haben“, so der Verkehrssicherheitsexperte.

„Unbedingt auf körperliche Signale wie Augenbrennen oder Gähnen achten. Auch zu dichtes Auffahren, und Unkonzentriertheit weisen auf Müdigkeit hin“, warnt Lautner. Bewegung und frische Luft sorgen in diesem Fall für Abhilfe. Besonders in der Nacht steigt das Unfallrisiko. Zwischen 2.00 und 5.00 Uhr befindet sich der Körper normalerweise im Tiefschlaf und somit im Leistungstief. Energy-Drinks, Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke sind kein Ersatz für Pausen und Schlaf.

Generelle Opferzahlen zuletzt etwas gesunken

Schnellfahren und mangelnder Sicherheitsabstand sind ebenfalls sehr häufige Ursachen für tödliche Unfälle, wie die Analyse der ASFINAG zeigt: Sieben Tote und 660 Verletzte wegen nicht angepasster Geschwindigkeit, drei Tote und 439 Verletzte wegen zu dichten Auffahrens gab es 2012. Insgesamt wurden im Vorjahr 64 Menschen auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen getötet, 3.375 wurden verletzt. Im ersten Halbjahr 2013 gab es bereits 18 Tote.

Die Zahl der Verletzten und Toten im gesamten Straßenverkehr (die ASFINAG-Statistik bezieht sich nur auf Autobahnen und Schnellstraßen, Anm.) ging im letzten Halbjahr gegenüber dem Vergleichszeitraum 2012 zurück. Laut Statistik Austria ereigneten sich zwischen Jänner und Juni 16.448 Unfälle, bei denen 20.737 Personen verletzt und 189 (davon 18 auf Schnellstraßen) getötet wurden. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Verletzten damit um über 2.300, die der Todesopfer lag um 41 unter dem Wert von 2012. Allerdings nahm die Zahl der getöteten Motorradfahrer und Fußgänger zu.

Weniger Verkehr in kalten Monaten

Die höchsten prozentuellen Rückgänge der Unfallzahlen verzeichneten die Monate Jänner (minus 13 Prozent), Februar (minus 20 Prozent) und Mai (minus 16 Prozent). Der lange, kalte Winter sowie frühe Ostern und Pfingsten dürften - mit einem geringeren Verkehrsaufkommen als Folge - zum deutlichen Unfallrückgang in den ersten sechs Monaten des Jahres 2013 beigetragen haben, so die Statistik Austria Mitte des Monats in einer Aussendung.

Während sich die Zahl der Unfälle österreichweit um ein Zehntel verringerte, waren die stärksten Rückgänge in den Bundesländern Vorarlberg (minus 22 Prozent), Burgenland (minus 15 Prozent) und Wien (minus 13 Prozent) zu verzeichnen.

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