Themenüberblick

Vorrangig gegen „ausländische Ziele“

Der US-Geheimdienst NSA sammelt nach Informationen der „Washington Post“ jeden Tag fast fünf Milliarden Datensätze über die Standorte von Mobiltelefonen auf der ganzen Welt. Die NSA könne damit Bewegungsprofile von Menschen in einer Weise erstellen, die „früher unvorstellbar“ gewesen wäre, schrieb die Zeitung vergangene Woche auf ihrer Website.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der Geheimdienst speichere und analysiere die Ortungsdaten von „mindestens Hunderten Millionen Geräten“. Dadurch erhält die NSA den Angaben zufolge nicht nur Informationen über die Aufenthaltsorte von Menschen, sondern kann sich auch ein Bild von den Kontakten der Handybesitzer machen.

Die Überwachung richte sich gegen „ausländische Ziele“. US-Bürger nehme die NSA dagegen nicht gezielt ins Visier, allerdings greife der Geheimdienst als Nebenprodukt der Massenüberwachung auch in bedeutendem Umfang Daten von US-Mobilfunktelefonen ab. Die „Washington Post“ beruft sich auf Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden sowie Interviews mit Geheimdienstvertretern.

Beziehungen nachvollziehbar

In dem Artikel schildert ein NSA-Mitarbeiter mit Erlaubnis seines Dienstherren, wie das Überwachungsprogramm funktioniert. Der Geheimdienst zapft demnach die Kabel an, die Mobilfunknetzwerke weltweit verbinden, und schöpfe dabei „in gewaltigem Umfang“ Ortungsdaten ab. NSA-Analysten könnten Handys überall auf der Erde ausfindig machen, die Bewegungen nachvollziehen und verborgene Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Menschen aufdecken.

Mit einem „Co-Traveler“ genannten Analysewerkzeug durchkämmen die Geheimdienstler den Angaben zufolge die Daten nach übereinstimmenden Bewegungsmustern, um das Netzwerk von Terrorverdächtigen freizulegen. Durch die willkürliche Handyortung sammelt die NSA laut „Washington Post“ einen kaum fassbaren Datenberg.

Rechner extra aufgestockt

Die Zeitung zitiert aus einem internen Dokument vom Mai 2012, in dem der Geheimdienst einräumt, dass das Programm „unsere Fähigkeit zur Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung“ von Daten übersteige. Die NSA habe daraufhin ihre Rechnerkapazitäten erweitert. Seit Juni haben Snowden-Dokumente eine Reihe von Spähaktivitäten der NSA und verbündeter Geheimdienste ans Licht gebracht. So überwachte die NSA offenbar nicht nur massenhaft E-Mails und Telefonate von Menschen rund um die Welt, sondern hörte auch Spitzenpolitiker aus befreundeten Staaten ab, darunter die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.

In Europa sorgte die NSA-Überwachung für Empörung, weil sie die Privatsphäre von Millionen unbescholtenen Bürgern verletzt. US-Präsident Barack Obama ordnete eine Überprüfung der Geheimdienstaktivitäten an, noch im Dezember soll das Ergebnis vorliegen. Grundsätzlich verteidigte das Weiße Haus die Spähprogramme aber immer wieder als notwendiges Mittel im Kampf gegen den Terrorismus.

Weitere „schockierende“ Enthüllungen angekündigt

Unterdessen kündigte Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald neue, „schockierende“ Veröffentlichungen zur Spionage des US-Geheimdienstes an. „Ich will nicht sagen, dass das Schlimmste noch kommt“, sagte Greenwald der französischen Wochenzeitung „Telerama“ in einem in Brasilien geführten Interview. Die Menschen würden sich an die NSA-Enthüllungen gewöhnen. „Aber es gibt mehrere Dokumente über das, was die NSA sammelt und über die Art und Weise, wie sie es tut, die schockieren werden“, sagte der US-Journalist und Blogger.

Greenwald arbeitet seit Monaten eng mit dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden zusammen, um die weltweite Überwachung der Telefon- und Internetkommunikation durch die NSA zu enthüllen. Nach eigenen Angaben sitzt er immer noch „auf einem Berg von Dokumenten“. Er versicherte, er habe „sehr wohl vor, diese bis hin zum letzten Dokument zu veröffentlichen.“ Greenwald arbeitete lange als Kolumnist für die britische Zeitung „The Guardian“, trennte sich aber kürzlich von dem Blatt, um ein neues investigatives Rechercheprojekt aufzubauen.

Links: