Truppen deutlich aufgestockt
Frankreich hat einen Kampfeinsatz in der von einer humanitären Katastrophe bedrohten Zentralafrikanischen Republik (ZAR) gestartet. Von Paris entsandte Truppen patrouillierten bereits wenige Stunden nachdem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNO) grünes Licht dafür gegeben hatte in der Hauptstadt Bangui, sagte Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian am Freitag dem Sender RFI.
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Augenzeugen bestätigten die Patrouillen in Bangui. Die französischen Militärs seien vor allem in den Stadtteilen Gabongo und Fouh aktiv, hieß es. Erst am Donnerstag war es zu den schwersten Kämpfen seit der Machtergreifung der Rebellenallianz Seleka im vergangenen März gekommen. Mehrere Dutzend Menschen wurden getötet und zahlreiche weitere verletzt, als Anhänger des bei dem Putsch gestürzten Präsidenten Francois Bozize offenbar von mehreren Seiten Angriffe auf Bangui starteten. Nach stundenlangen Gefechten konnten die Seleka-Rebellen wieder die Oberhand gewinnen.
1.600 statt 1.200 französische Soldaten
Frankreichs Präsident Francois Hollande hatte am Donnerstagabend nach der Verabschiedung der UNO-Resolution 2127 angekündigt, sofort Kampftruppen nach Zentralafrika zu schicken. Frankreich sei aufgerufen, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Am Samstag gab Hollande bekannt, deutlich mehr als die zunächst geplanten 1.200 Soldaten in das Land zu schicken. Das Kontingent werde auf 1.600 aufgestockt, erklärte Hollande. „Das ist eine Zahl, die so lange bleiben wird, wie es für diese Mission notwendig ist“, sagte Hollande weiter.
Die Soldaten sollen 3.600 Soldaten der Afrikanischen Union (AU) bei der Stabilisierung des Landes unterstützen. Laut Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian soll der Einsatz nur „kurze Zeit“ dauern und durch „ein Minimum an Sicherheit“ humanitäre Hilfe ermöglichen.
Auch Deutschland ist bereit, die Operation mit Transportflügen zu unterstützen. Dafür würden Maschinen vom Typ Airbus A310 mit rund 200 Plätzen und acht bis zehn Soldaten Besatzung zur Verfügung gestellt. Sie sollen französische Soldaten in ein Nachbarland der ZAR bringen. „Dazu sind wir mit den französischen Partnern im Gespräch“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Stefan Paris, in Berlin. Auch eine Unterstützung bei der Luftbetankung von Flugzeugen sei möglich.
UNO appelliert an Konfliktparteien
Die UNO richtete einen „dringenden Appell“ an die Konfliktparteien, ihre Kampfhandlungen unverzüglich einzustellen. „Dieser schreckliche Teufelskreis aus Gewalt und Repressalien muss sofort unterbrochen werden, Zivilisten müssen geschützt werden“, so UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon am Freitag in New York.
Auch UNO-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos schlug Alarm: Humanitären Hilfsorganisationen müsse uneingeschränkter Zugang zur Krisenregion gewährt werden, damit sie notleidenden Menschen helfen könnten. Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht seien nicht hinnehmbar. Für Samstag ist ein internationales Treffen zu dem Thema geplant, bei dem neben Hollande auch Ban sowie die Staats- und Regierungschefs von an die ZAR angrenzenden Staaten teilnehmen sollen.
Hunderte Tote in wenigen Tagen
Nach Angaben des Roten Kreuzes wurden bei Kämpfen in den vergangenen zwei Tagen allein in der Hauptstadt Bangui mehr als 280 Menschen getötet. Die Einsatzkräfte hätten aber noch nicht alle Leichen einsammeln können, so der örtliche Leiter der Organisation, Antoine Mbao Bogo, am Freitagabend. Die Zahl der Toten werde daher über das Wochenende voraussichtlich weiter steigen.
In Bangui suchten am Freitag Zivilisten aus Angst vor Übergriffen Zuflucht auf dem Hauptstadtflughafen. Die Stürmung des Flughafengeländes, wo sowohl die französischen als auch die afrikanischen Eingreiftruppen ihr Hauptquartier haben, wurde durch Stacheldrahtzäune verhindert.
EU steuert 50 Mio. Euro bei
Die Europäische Union will unterdessen 50 Millionen Euro zu dem von der Afrikanischen Union (AU) geführten Militäreinsatz beisteuern. Die Staatengemeinschaft entsendet eine Unterstützungsmission (AFISM-CAR) in die Republik im Herzen Afrikas. NGOs verdeutlichten am Freitag die alarmierenden Zustände: Das Kinderhilfswerk UNICEF warnte, dass bereits 2,3 Millionen Kinder in der Region von dem Konflikt betroffen seien. 80 Prozent aller Volksschulen seien geschlossen, und viele Kinder hätten bereits seit Ende 2012 keinen Unterricht mehr besucht.
Mindestens 3.500 Kinder würden von bewaffneten Gruppen als Soldaten eingesetzt, „aber es könnten sogar bis zu 6.000 sein“, hieß es in einer Mitteilung. Zudem würden der Organisation immer wieder Fälle von Vergewaltigungen an kleinen Mädchen gemeldet. „Es darf jetzt nicht mehr gezögert werden“, sagte UNICEF-Direktor Anthony Lake. „Es gibt keine Entschuldigung mehr, wenn wir jetzt dabei versagen, die Kinder und Familien in Zentralafrika zu schützen.“
Frankreich fordert Eigenverantwortung von Afrika
Frankreichs Staatschef Hollande hat Afrika unterdessen zu mehr Eigenverantwortung in Sicherheitsfragen aufgerufen. „Afrika muss sein Schicksal vollständig in die eigene Hand nehmen und dafür seine Sicherheit selbst gewährleisten“, sagte er am Freitag bei dem Afrika-Sicherheitsgipfel in Paris. Frankreich wolle den Kontinent aber auf dem Weg dorthin unterstützen und könne „jedes Jahr 20.000 Soldaten ausbilden“. Bei dem Gipfel berieten knapp 40 afrikanische Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und UNO über Fragen wie Terrorismus, Piraterie und die Zukunft der afrikanischen Streitkräfte. Vertreten waren 53 afrikanische Staaten - alle außer Simbabwe.
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