Keine Lust auf Ruhestand
Am Schluss war es ihr doch zu viel - Monika Lindner hat stets polarisiert, doch mit derart viel Kritik und schlechter Presse von allen Seiten war die Ex-ORF-Chefin vor ihrem Einzug in den Nationalrat (über die Liste des Teams Stronach) noch nie konfrontiert worden.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Angesichts dieser von ihr als „Kampagne“ bezeichneten anhaltenden Kritik legte sie 29 Tage nach der Angelobung ihr Mandat zurück. Die Empörung war nicht abgerissen, seitdem bekannt war, dass Lindner ihr Mandat im Nationalrat annimmt - und das, obwohl sie dem Team Stronach (TS) noch vor der Wahl (aber eben nach der Listenerstellung) abgesagt hatte. Allerorten wurde über ihre Motive für diesen ungewöhnlichen Schritt gerätselt. Sie selbst sagte, sie wolle sich politisch engagieren - als freie Abgeordnete.
Dass sich die heute 69-Jährige noch nicht in der Rolle der Ruheständlerin sah, war klar, seit sie 2006 ihren Sessel an der ORF-Spitze räumen musste. Schwarz-Blau hatte die langjährige ORF-Mitarbeiterin und damalige niederösterreichischen Landesintendantin im Jahr 2001 in den Generalsposten befördert, nachdem ÖVP und FPÖ ab 2000 den ORF komplett umkrempelten und auch den damaligen Generalintendanten Gerhard Weis vorzeitig ablösten.
Politverdacht im ORF
Der neue Kollektivvertrag für die ehemals „Freien“ im ORF gehört zu den entscheidenden Maßnahmen ihrer Amtszeit, auch die europaweite Ausstrahlung von ORF2 war ihr ein Herzensanliegen. Die ORF-Reform hatte sich eine „Entpolitisierung“ auf die Fahnen geschrieben, dennoch wurde dem Unternehmen in den Jahren unter Lindner eine Nähe zu den damaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ (bzw. BZÖ) vorgeworfen.
Sie selbst wies erst unlängst wieder die Darstellung, sie sei „ÖVP-nahe“, recht entrüstet zurück. Offenkundig war indes ihre Nähe zum niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) - auch wenn die Fama behauptet, dass er sie 1998 zunächst eigentlich gar nicht als Landesintendantin wollte - und vor allem zum früheren Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad.
Als „Schlachtross“ von Raiffeisen zu Stronach
Die Raiffeisen-Gruppe wurde denn auch ihre neue berufliche Heimat, nachdem sie 2006 gegen Alexander Wrabetz verloren hatte, der von einer „Regenbogenkoalition“ im ORF-Stiftungsrat zum neuen General gekürt wurde. Denn die damals 61-Jährige zeigte wenig Lust, sich aufs Altenteil zurückzuziehen. 2007 wurde sie Konsulentin für die Raiffeisen-Medienholding Medicur. Im Mai 2009 löste sie - für Branchenkenner durchaus überraschend - beim Außenwerber Epamedia (den die Medicur zuvor übernommen hatte) Firmengründer Heinrich Schuster in der Geschäftsführung ab. 2012 verkaufte Raiffeisen den hartnäckigen Verlustbringer in die Slowakei - und Lindner war ihren Job los.
Doch „ich gehöre zur Kategorie Schlachtross: Die Hörner erschallen, ich setze mich in Bewegung“, beschrieb sich Lindner einst in einem Interview. „Ein Leben bestehend aus Freizeit kann ich mir nicht vorstellen.“ 2013 vernahm sie offenbar Schalmeienklang aus Oberwaltersdorf: Das TS suchte prominente Kandidaten für die Nationalratswahl, Linder sagte zu und kam auf Platz drei der Bundesliste. Ein Sitz im Nationalrat war ihr damit gewiss.
Wollte nicht „Speerspitze“ gegen Raiffeisen sein
Zumindest für einige Tage. Denn als TS-Klubobmann Robert Lugar öffentlich frohlockte, man werde Lindner als „Speerspitze“ gegen ORF und Raiffeisen einsetzen, zog sie ihre Kandidatur zurück. „Diese Aussage hat mich existenziell beschädigt“, sagte sie später. „Für mich ist es ja nicht nur um die Institutionen gegangen, sondern um Freunde, die ich dort habe.“ Der Listenschluss war allerdings schon vorbei, sie konnte nicht mehr vom Wahlvorschlag gestrichen werden.
Dass sie das Mandat tatsächlich annehmen werde, tat sie erst nach der Wahl kund. Politikerkollegen in spe aller Couleurs waren empört, die Medien rechneten genüsslich vor, wie viel „Moneyka“, so der hämische neue Spitzname im Boulevard, künftig als „Wilde“ verdienen werde.
Vorwürfe der Freunderlwirtschaft
Nach ihrer Entscheidung wurden auch einige alte Vorwürfe laut, so wurde ihr in Zusammenhang mit ihrer (mittlerweile zurückgelegten) Tätigkeit im Vorstand der St. Anna Kinderkrebsforschung Freunderlwirtschaft vorgeworfen - was sie zurückwies. Auch im ORF sah sich die Ex-Generalin mit alten Vorwürfen konfrontiert.
Wie im St. Anna soll Lindner auch dort als Chefin zwischen Jänner 2002 und Dezember 2006 ihrem Lebensgefährten Günter Lebisch und dessen Werbeagentur mehrere lukrative Aufträge vermittelt haben. Der ORF kündigte an, alle Auftragsvergaben unter Lindner von der Revision überprüfen zu lassen, aber auch aus dem Zeitrum 1995 bis 1998, als Lindner Chefin des ORF-Nachmittagsformats „Willkommen Österreich“ war.
Ruppiger Führungsstil
Von allen geliebt zu werden war nie Leitlinie für Lindners Handeln. Im ORF sagte man ihr einen mitunter ruppigen Führungsstil nach. „Ich komme halt immer relativ rasch auf den Punkt. Das hat vielleicht viele irritiert“, blickte sie 2006 zurück.
Monika Lindner heißt eigentlich Astrid mit erstem Vornamen und kam am 25. September 1944 in Schlesien zur Welt. Sie wuchs in Innsbruck auf und studierte in Wien Philosophie, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Sie war bei Hellmut Andics Redakteurin der TV-Serien „Das österreichische Jahrhundert“ und „Report in Rotweißrot“ und wechselte 1975 in die ORF-Abteilung Politik und Zeitgeschehen. 1979 übernahm Lindner die Leitung der ORF-Pressestelle, 1982 übersiedelte sie in die Stabsabteilung Planung und Koordination.
Im Jahr 1991 wurde Lindner zur Leiterin der „Wir“-Redaktion bestellt und trat in „Wir-Markt“ selbst als Moderatorin auf. Von 1995 bis 1998 leitete sie die ORF-TV-Vorabendillustrierte „Willkommen Österreich“. 1998 machte sie Weis zur niederösterreichischen Landesintendantin, bis sie Ende 2001 unter Schwarz-Blau zur Generaldirektorin gewählt wurde und damit ihren früheren Mentor besiegte. Ihr Gatte, Regisseur Otto Anton Eder, starb 2004.
Links: