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Wenn der Nachbar unerreichbar ist

Grenzzäune zwischen Ländern und Abwehrwälle sind die eine Sache - in Siedlungsgebieten die Menschen mit Mauern zu trennen die andere. Nicht zuletzt deswegen war die Berliner Mauer das Symbol für politische Trennung. Die Berliner Mauer fiel, andere nicht - im Gegenteil, manche wurden erst danach errichtet. Und zumindest manchmal auch auf Wunsch der Eingeschlossenen.

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Es ist eine Stadt in der Stadt: Alphaville in Sao Paolo in Brasilien umfasst 33 stark befestigte Wohnsiedlungen, von Mauern umgeben und stark bewacht. Von einer „Insel der Seligen“ sprechen die reichen Bewohner, Kritiker sprechen von einem Elitenghetto. Der Trend zu „Gated Communitys“, also Siedlungen, die mit Mauern, Überwachungskameras und Sicherheitspersonal geschützt sind, hat aber längst auch viele europäische Städte erreicht.

Neue Kritik an Anti-Roma-Mauern in der Slowakei

Während einerseits Mauern gebaut werden, um die davon Umgebenen zu schützen, wird anderswo versucht, Unerwünschte in Ghettos zu stecken. In der Slowakei wurden seit 1998 mehr als dutzend Mauern gegen Roma-Siedlungen errichtet. Begonnen hatte es 1998 im nordböhmischen Usti nad Labem. Die dort errichtete Mauer wurde nach mehreren Monaten wieder abgerissen, doch etliche slowakische Orte sollten dem Beispiel folgen.

Roma vor einer Wand in Michalovce, Slowakei

picturedesk.com/EPA/Attila Balazs

In der ostslowakischen Stadt Michalovce wurde eine 500 Meter lange Mauer zur Abgrenzung von einer Roma-Siedlung errichtet

Zuletzt sorgte ein Mauerbau in der derzeitigen Kulturhauptstadt Kosice für Erregung - und schlug Wellen bis nach Brüssel: Das Bauwerk, das „nicht anpassungsfähige“ Roma-Bewohner ausgrenzen soll, verstoße gegen die Menschenwürde und die auch für Minderheiten geltenden Menschenrechte und somit gegen die Grundwerte der EU, erklärte die EU-Kommissarin für Bildung und Kultur, Androulla Vassiliou.

Die Stadt der 99 Mauern

Nicht nur eine, sondern derzeit genau 99 Mauern trennen die Bewohner der nordirischen Stadt Belfast voneinander. Vor allem im Westen teilen Barrieren protestantische und katholische Wohnviertel voneinander ab. Die ersten dieser „Friedenslinien“ wurden 1969 errichtet, als schwere Unruhen Belfast erschütterten.

Mauer in Finn Square, Belfast

Reuters/Cathal McNaughton

Die Mauer hinter dem Vorgarten: Alltag in Belfast

Damals versprach der Oberbefehlshaber der britischen Verbände in Nordirland, Generalleutnant Ian Freeland: „Bei der Friedenslinie handelt es sich nur um eine zeitlich begrenzte Maßnahme. Wir werden in dieser Stadt keine zweite Berliner Mauer haben.“ Aber die anfänglich aus Stacheldraht errichteten Straßenbarrieren wurden nach und nach durch kilometerlange Mauern ersetzt.

Neue Mauern in Jerusalem

Nach einer Welle der Gewalt in Nahost begann im Oktober Israels Polizei damit, Betonmauern um einige der palästinensischen Wohnviertel in Jerusalem hochzuziehen. Der geplante Bau einer längeren Mauer zwischen jüdischen und arabischen Vierteln wurde jedoch nach scharfer Kritik rechtsorientierter Minister vorerst auf Eis gelegt. Sie fürchten, es könnte der erste Schritt zu einer Teilung der Stadt sein, die Israel als seine „ewige und unteilbare“ Hauptstadt beansprucht. Die Mauern sollten die „Problemzonen“ von den jüdischen Siedlungen trennen.

Abgegrenzte Viertel in Homs

Sowohl ein- als auch ausgeschlossen wird in der syrischen Stadt Homs. Das Viertel Baba Amr wurde als Rebellenhochburg mit einer Mauer vom Rest der Stadt getrennt. Nur über einen Kontrollpunkt ist das Viertel erreichbar. Umgekehrt hat man auch das regimetreue Viertel al-Sahra mit einer sechs Meter hohen Mauer umgeben. Auch andere Alawiten-Viertel der Stadt wie Akrama, Wadi Aldahab und Nusha wurden von Mauern geschützt, berichtete der „Guardian“.

Eine Mauer in Homs, Syrien trennt den Inshaat district vom Bab Amr district

Reuters/Shaam News Network

Vieles in Homs ist zerstört, errichtet wurden aber große Betonwände

Die letzte geteilte Hauptstadt

Nikosia auf Zypern ist nach dem Fall der Berliner Mauer die letzte geteilte Hauptstadt der Welt. Quer durch Zyperns Hauptstadt Nikosia verläuft die sogenannte Grüne Linie, die von UNO-Friedenssoldaten überwachte Pufferzone zwischen dem griechisch und dem türkisch dominierten Inselteil.

Grenzmauer in Nikosia, Zypern

picturedesk.com/EPA/Katia Christodoulou

Die Gegenseite in Rufweite: Mauer in Nikosia

Zypern ist seit einem Staatstreich griechisch-zypriotischer Nationalisten und einer anschließenden türkischen Militärintervention 1974 geteilt. Die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung blieben bisher unerfüllt, auch wenn 2007 überraschend ein Teil der Grenzmauer in der Stadt abgerissen und im Jahr danach der bekannte Grenzübergang an der Einkaufsmeile Ledra-Straße geöffnet wurde.

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