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Turbo für Einzelhandel und Tourismus

Für die einen sind sie das Highlight der Vorweihnachtszeit, für die anderen ein Spießrutenlauf: Die obligatorischen Weihnachtsmärkte und Punschstände lassen kaum jemanden kalt. In den vergangenen Jahren sind sie auch zu einem immer wichtigeren Wirtschaftsfaktor geworden.

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Seit Jahren prägen Weihnachtsmärkte und Punschstände zur Weihnachtszeit die heimischen Straßen und erleben einen echten Boom: Alleine in Wien soll heuer auf den 21 großen Weihnachtsmärkten - ab einer Größe von zehn Ständen - ein Umsatz von 160 Millionen Euro erwirtschaftet werden, besagen Schätzungen der Wiener Wirtschaftskammer (WK). Doch die Summe ist nur ein Teil der tatsächlichen Leistung des Wirtschaftsfaktors Weihnachtsmarkt.

Acht Millionen Besucher in Wien

Von den acht Millionen Besuchern, die die Wiener Weihnachtsmärkte heuer besuchen sollen, kommt knapp die Hälfte aus Wien. 3,6 Mio. Besucher sollen aus den Bundesländern kommen, weitere 500.000 aus dem Ausland. Die Gäste von außerhalb brauchen nicht nur ein Hotelzimmer, sie geben in ihrer Urlaubsstimmung meist auch mehr Geld aus. Während die Wiener bei ihren rund fünf Weihnachtsmarktbesuchen pro Saison etwa rund 21 Euro ausgeben, sind zum Beispiel Besucher aus den Bundesländern laut einer Studie der WK mit 35 Euro deutlich spendabler.

Kinderkarrussell am Weihnachtsmarkt

ORF.at/Zita Köver

Punsch allein lockt nicht

Von der Urlaubsstimmung profitieren auch Gastronomie, Einzelhandel und diverse Kulturangebote der Städte und Gemeinden - und das nicht nur in Wien, sondern in allen Bundesländern. In Oberösterreich werden etwa laut einer aktuellen Studie mit Weihnachtsmärkten 104,5 Millionen Euro Gesamtumsatz erwirtschaftet - davon 44 Prozent direkt auf den Märkten, 51 Prozent in Einzelhandel und Gastronomie, der Rest entfällt auf Nächtigungen.

Starker Anstieg bei Nächtigungen

Laut WienTourismus ist die Zahl der Wien-Nächtigungen in den bis dahin eher schwachen Monaten November und Dezember in den letzten 25 Jahren deutlich gestiegen: Übernachteten 1986, dem Gründungsjahr des Wiener Adventzaubers, in der Vorweihnachtszeit noch 630.000 Personen in Wien, waren es 2012 bereits zwei Millionen.

Manche Weihnachtsmärkte - wie etwa der in Schönbrunn - wurden ohnedies gezielt gegründet, um Touristen in die zur dieser Jahreszeit sonst eher schwachbesuchten Gegenden zu locken. So konnte die Zahl der Schlossbesuche während der Weihnachtsmarktzeit seit 1994 verdreifacht werden.

Vergleichbares berichten auch andere europäische Städte mit Weihnachtsmärkten: So verdoppelte sich die Zahl der Übernachtungen beispielsweise in Basel in den letzten zehn Jahren auf derzeit 80.000 im Dezember. Der Weihnachtsmarkt dort zählt jährlich 900.000 Besucher mit einem Umsatz von 19 Millionen Franken (15,5 Mio. Euro). In der Adventszeit erzielt der Basler Detailhandel laut Angaben ein Fünftel des gesamten Jahresumsatzes. Wie auch in Wien und anderen heimischen Städten und Gemeinden seien die Dekorationen und die Beleuchtung ein wichtiger Faktor, hieß es auf Anfrage gegenüber ORF.at. Der Weihnachtsmarkt werde aber auch entsprechend vermarktet.

Urlaubsstimmung lockert die Geldbörse

Neben dem Imagegewinn profitiert Wien auch direkt von den Adventmärkten: Auf den seit 2006 laut Marktamt durchwegs privat organisierten Weihnachtsmärkten zahlen die Standbetreiber je nach Größe ihres Standes zwischen fünf und zehn Euro Standgebühr pro Tag als Kostendeckung an die Stadt. Dazu kommen eben Mehreinnahmen durch diverse Abgaben und Steuern. Die Kosten - etwa für Strom, Wasser, Waschstraßen für Punschbecher, die Lagerung der Hütten, Security - müssen von den Standbetreibern direkt an den Organisator bezahlt werden und können je nach Standgröße zwischen einigen tausend und zigtausend Euro betragen.

Verkaufsstände am Weihnachtsmarkt

ORF.at/Zita Köver

Weihnachtsstimmung allüberall

Bei den heuer 68 gewerblichen Punschständen ist die Stadt Wien laut Angaben des Marktamts mit drei Prozent am Umsatz beteiligt, daneben gibt es zahlreiche „Punschausschenkstationen“ etwa vor Lokalen und Pfarren. In Summe gibt es laut Wiener Marktamt in ganz Wien heuer rund 520 Hütten, bei denen Punsch konsumiert werden kann. Neben den frei zugänglichen Ständen und Märkten gibt es auch zahlreiche private „Events“, wie es offiziell heißt.

60 Mio. Euro Umsatz vor dem Rathaus

Einer der bekanntesten und umsatzstärksten öffentlichen Weihnachtsmärkte ist der Christkindlmarkt vor dem Wiener Rathaus, der von der Stadt Wien als touristisches Leitobjekt initiiert wurde und auch weiterhin unterstützt wird. 60 Mio. Euro sollen alleine auf dem Rathausplatz erwirtschaftet werden - die Betreiber erwarten heuer zwischen drei und 3,5 Mio. Besucher, davon rund eine halbe Million aus dem Ausland. Rund 30.000 Arbeitsplätze werden so laut WK geschaffen und gesichert. Zum Vergleich: Den Weihnachtsmarkt in Schönbrunn besuchen rund eine Million Menschen.

Vom „Ramsch“ zum Handwerk

Das Gefühl, dass Weihnachtsmärkte mittlerweile vor allem aus Punschständen bestehen, will Akan Keskin - Chef der Gruppe Markthandel in der Wiener WK und Vorsitzender des Vereins, der den Weihnachtsmarkt auf dem Ratshausplatz organisiert - nicht gelten lassen. Von den 148 Ständen auf dem Rathausplatz seien sechs echte Punschstände mit einer größeren Auswahl, weitere acht gastronomische Stände hätten überhaupt nur einen eigens für den Markt kreierten Punsch im Angebot, so Keskin gegenüber ORF.at. Punsch alleine ziehe nicht auf einem Markt, so ein Marktbeobachter, wobei klar sei, dass gerade mit Punsch an einem guten Standplatz am meisten verdient werden kann.

Wer einen Stand auf dem Rathausplatz will, muss sich laut Keskin mit einem Konzept bis Ende März bewerben, eine Jury wählt dann die besten Bewerber aus. In den letzten Jahren habe der Markt zunehmend seine Ausrichtung geändert, so Keskin weiter. So habe seit 2006 bereits über die Hälfte der Stände den Betreiber gewechselt, auch der Rathausplatz setze nun verstärkt auf Handwerk und Traditionelles statt auf „Ramsch“ wie früher.

Mehr Bewerber als freie Standplätze

Dass man mit sechs Wochen Weihnachtsmarkt für ein halbes Jahr genug verdient hat, stimme nicht, so Keskin: Die Kollegen, die meisten davon klassische Marktfahrer, könnten mit dem erzielten Gewinn für zwei Monate ihre Kosten decken. Auch die Hüttenmiete, die vom Verein organisiert wird, sei rein kostendeckend. Dennoch gibt es offenbar viele, die sich von einem 16-Stunden-Tag an einem Weihnachtsmarktstand nicht abschrecken lassen: Für die insgesamt 230 Stände, die der Verein betreut, gibt es laut Keskin jedes Jahr 800 Bewerber.

Nadja Igler, ORF.at

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