Urteil im Brustimplantate-Skandal: TÜV Rheinland haftet

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Im Skandal um minderwertige Brustimplantate hat ein Gericht erstmals eine Verantwortung des deutschen TÜV Rheinland festgestellt. Rund 1.600 betroffene Frauen und sechs Händler hatten gegen den deutschen Prüfdienstleister geklagt. Sie können jetzt auf Geld hoffen.

Aus Sicht des Gerichts im französischen Toulon verletzte der TÜV seine „Pflicht zur Kontrolle und Wachsamkeit“ bei den Implantaten aus Frankreich. Das Unternehmen müsse nun „den Schaden der Importeure und der Opfer“ ausgleichen, entschied die Kammer heute.

Der TÜV hatte im Auftrag des inzwischen insolventen Herstellers Poly Implant Prothese (PIP) dessen Produktion zertifiziert. Dabei prüfte der TÜV Unterlagen und die Qualitätssicherung des Unternehmens, allerdings nicht die Implantate selbst.

TÜV Rheinland „schockiert“

Der TÜV Rheinland bezeichnete das Urteil als „schockierend“. Die Entscheidung der Gerichts wolle das Unternehmen nicht hinnehmen: „Wir werden auf jeden Fall in Berufung gehen“, sagte ein TÜV-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa in Paris.

Den Prüfern war wegen Zertifizierung der Implantate Schlamperei vorgeworfen worden. Die Kläger wollen zusammen rund 53 Millionen Euro Schadenersatz. Den klagenden Frauen vor allem aus Südamerika, aber auch aus Frankreich und Großbritannien sprach das Gericht jeweils 3.000 Euro Schadenersatz zu. Gefordert hatten sie je 16.000 Euro.

Ein Anwalt der Händler sprach in Toulon von einem „großen Moment“. Das Urteil sei ein „Durchbruch für die Opfer“. Weltweit implantierten Chirurgen Schätzungen zufolge Hunderttausenden Frauen minderwertige Silikonkissen.