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Ein Viertel unter 30 arbeitslos

Saudi-Arabien will im Kampf gegen seine hohe Arbeitslosigkeit die Zahl seiner Arbeitsmigranten drastisch reduzieren. Laut einer Volkszählung von 2010 sind rund ein Drittel der 29 Millionen Einwohner des Königreichs Ausländer. Sie kommen vor allem aus den ärmeren arabischen Staaten sowie aus Indien und Pakistan, viele von ihnen sind illegal im Land.

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Die Regierung in Riad hat das Ziel ausgegeben, die Zahl der ausländischen Arbeiter zu senken, damit mehr Saudis die Arbeitsplätze einnehmen. Die Arbeitslosigkeit in dem ölreichen Königreich liegt bei 12,5 Prozent. Bei den 20- bis 30-Jährigen ist bereits ein Viertel ohne Arbeit.

Eine Million verließen freiwillig das Land

Vergangene Woche war eine siebenmonatige Amnestie für Menschen ohne gültige Papiere ausgelaufen. Fast eine Million Arbeiter aus Bangladesch, Nepal, Pakistan, den Philippinen und Indien nutzten die angebotene Straffreiheit - und kehrten Saudi-Arabien den Rücken. Knapp vier Millionen Menschen fanden im Zuge der Amnestie einen Arbeitgeber als „Sponsor“ und erlangten so ein Bleiberecht. Die Geldsendungen sind für die Familien der Migranten oft von existenzieller Bedeutung.

Gegen die verbliebenen Migranten geht die Polizei nun seit Tagen mit aller Härte vor. Am Wochenende wurden bei Krawallen in einem Armenviertel der Hauptstadt Riad zwei Menschen getötet. Laut Polizei griffen Einwanderer im Stadtteil Manfuhah Einheimische und andere Ausländer mit Steinen und Messern an, woraufhin Sicherheitskräfte eingeschritten. Neben den zwei Toten wurden Dutzende Menschen verletzt.

Zigtausende in wenigen Tagen verhaftet

Nach den Ausschreitungen riegelten Sicherheitskräfte das Stadtviertel ab. Einheiten der Nationalgarde sowie Spezialkräfte wurden in das Viertel geschickt, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Tausende Menschen wurden festgenommen und in Abschiebezentren gebracht. Saudi-arabische Medien berichteten unter Berufung auf die Polizei, in den Abschiebezentren seien in den vergangenen Tagen etwa 17.000 Einwanderer eingetroffen.

Die Problematik betrifft nicht nur die Hauptstadt. Auch in Mekka wurden nach Medienberichten vom Mittwoch 20.000 illegale Arbeiter inhaftiert, fast die Hälfte davon Frauen, wie die arabische Zeitung „al-Scharq al-Awsat“ berichtet.

Misshandlungen und Todesopfer bei Razzien

Abgeschobene philippinische Arbeiter berichteten von Misshandlungen durch die Polizei. Die äthiopische Regierung kündigte am Samstag an, aufgrund von Berichten über die Misshandlung von Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien ihre illegal eingereisten Landsleute nach Hause zu holen. Außenamtssprecher Dina Mufti sagte der Nachrichtenagentur AFP, die saudi-arabische Polizei sei offenbar hart gegen die Einwanderer vorgegangen. Drei Äthiopier sollen bei Razzien umgebracht worden sein. Für die „Tötung unschuldiger Zivilisten“ gebe es „keine Rechtfertigung“, kritisierte er.

Das islamische Königreich hängt stark von Arbeitskräften aus dem Ausland ab, von ungelernten Billigarbeitern ebenso wie von gut bezahlten Fachkräften. Viele von ihnen sind aber illegal beschäftigt. Bereits kurz nach Ende der Schonfrist, in der fast eine Million Billigarbeiter das Land verließen, berichteten Anwohner über Verzögerungen auf Baustellen und geschlossene Geschäfte in Riad.

Von „arabischem Frühling“ nicht angesteckt

Der „arabische Frühling“, an dessen Beginn Proteste gegen wirtschaftliche und soziale Perspektivenlosigkeit in Tunesien standen, ist an Saudi-Arabien fast spurlos vorübergegangen. Lediglich in der vorwiegend von Schiiten bewohnten Ostprovinz, in der die großen Erdölvorkommen liegen, kommt es seither regelmäßig zu teilweise gewalttätigen Protesten.

Um ein Übergreifen der Unruhen aus Nachbarländern zu verhindern, schnürte König Abdullah nach Beginn der Aufstände mehrere milliardenschwere Sozialpakete. Die zugesagten Maßnahmen reichten von der Schaffung Zigtausender neuer Jobs, über monatliche Zahlungen für Arbeitslose und höhere Ausgaben im Gesundheitssystem bis zum Bau von Hunderttausenden neuen Wohneinheiten.

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