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„Kassasturz“ soll Versäumnisse aufzeigen

Die Kritik der FPÖ und der Grünen an einer mangelhaften Budgetplanung der Regierung ist kaum verhallt, schon melden sich angesichts des drohenden Budgetlochs erneut Wirtschaftsforscher zu Wort. Diesmal mit alarmierenden Annahmen: Der ursprünglich für Freitag von der Regierung angekündigte „Kassasturz“ sei deshalb nötig, weil die Budgetpläne längst nicht mehr den aktuellen Wirtschaftsprognosen entsprechen.

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Davon gehen WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller und Ulrich Schuh vom Forschungsinstitut EcoAustria, das der Industriellenvereinigung (IV) nahesteht, aus. Obwohl die Wirtschaftsprognosen schon im April um einiges düsterer als ursprünglich angenommen waren, schrieb die Regierung ihren Finanzrahmen im Wahljahr nämlich unverändert fort. Nun verhandeln SPÖ und ÖVP über eine Neuauflage der Großen Koalition, die Frage der Budgeterstellung gilt als wichtigster Punkt.

Alter Finanzrahmen einfach übernommen?

Der mehrjährige Finanzrahmen wird von der Regierung jedes Jahr im Frühjahr beschlossen und um ein weiteres Jahr ergänzt. Normalerweise werden bei dieser Gelegenheit auch die aktuellen Wirtschaftsprognosen in die Finanzplanung des Bundes eingebaut: Starkes Wachstum bedeutet hohe Steuereinnahmen und niedrige Ausgaben (z. B. für Pensionen und Arbeitslose), während bei niedrigem Wachstum die Einnahmen (Steuern, Sozialabgaben) sinken und die Ausgaben steigen. Genau hier setzt die Kritik der Experten an.

Im heurigen Frühjahr zeigten die Prognosen der Wirtschaftsforscher zwar nach unten, die Regierung habe das nach Ansicht der Budgetexperten in ihrer Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2017 aber nicht berücksichtigt. Stattdessen wurde die Schätzung der Steuereinnahmen unverändert aus dem alten Finanzrahmen übernommen, auch die Ausgabenobergrenzen wurden nur in technischen Details angepasst.

Zu optimistische Annahmen

Der im Wahljahr beschlossene Finanzrahmen beruht also großteils auf den deutlich optimistischeren Annahmen vom Frühjahr 2012, die mittlerweile mehrmals nach unten korrigiert wurden. Daran muss die Budgetplanung der Regierung beim „Kassasturz“ nun angepasst werden. Der Wirtschaftsforscher Schuh geht jedenfalls davon aus, „dass sich der Budgetrahmen aufgrund der veränderten Konjunkturlage nicht ausgehen wird“.

Schließlich sei die 2012 noch erhoffte Erholung der Konjunktur ausgeblieben, die Arbeitslosigkeit „hartnäckig und dauerhaft“ hoch und auch die Einnahmen der Pensionsversicherung unter den Erwartungen. Ein „gröberes Problem“ sieht Schuh beim von der Koalition angekündigten „Kassasturz“ aber auch im Bankensektor. Hier fällt vor allem das Millionengrab der notverstaatlichen Kärntner Bank Hypo Alpe-Adria ins Gewicht - wie gravierend für das Budget und in der Folge für die Steuerzahler es ausfallen wird, wird zurzeit geprüft.

Experten in Kritikpunkten einig

Dem EcoAustria-Experten zufolge fällt auch der Pensionsbericht stärker als erwartet ins Gewicht. Insgesamt rühre der „überwiegende Teil“ des Anpassungsbedarfs von der verschlechterten Wirtschaftslage her - eine Ansicht, die sich durch die Einschätzungen der Budgetexperten zieht. Bereits zuletzt wies auch das Institut für Höhere Studien (IHS) auf entsprechende Versäumnisse hin: „Es wird ein Sparpaket kommen“, meinte IHS-Chef Christian Keuschnigg. Wo der Rotstift angesetzt werden soll, ist freilich Verhandlungssache zwischen SPÖ und ÖVP.

Auch WIFO-Expertin Schratzenstaller sieht neben Banken und Pensionen die Anpassung des Budgetpfades an die aktuelle Konjunkturprognose als wesentlichen Punkt. Sie verweist außerdem darauf, dass möglicherweise nicht alle im Sparpaket eingeplanten zusätzlichen Steuern im erwarteten Ausmaß hereinkommen könnten - etwa die nach wie vor nicht realisierte Finanztransaktionssteuer und die möglicherweise zu optimistisch prognostizierte Immobilienbesteuerung.

„Keine schöne Zahl“

Diese Punkte waren Thema bei der Verhandlungsrunde am Freitag, die unter Beteiligung der Expertenschaft über die Bühne ging. Bereits bei der letzten Sitzung am Dienstag ließ der Tenor der Beteiligten nichts Gutes erwarten: Der Fehlbetrag im Budget werde „keine schöne Zahl“ sein, wie es ÖVP-Chefverhandler Josef Pühringer formulierte. Von einem möglicherweise anstehenden Sparpaket wollte er aber „noch nicht reden“.

„Glatte Budgetlügen“

Die Grünen fühlen sich unterdessen in ihrer am Mittwoch geäußerten Kritik bestätigt. Jetzt sei ganz klar, dass die Regierung mit ihren Steuersenkungsversprechen im Wahlkampf „glatte Budgetlügen“ betrieben habe. Der stellvertretende Klubobmann Werner Kogler verlangte Transparenz und Information, zumindest in den „großen Linien“ müsse ein „Kassasturz“ schon jetzt auf den Tisch gelegt werden.

Außerdem verlangte Kogler von SPÖ und ÖVP, die „Blockade“ des Nationalrates zu beenden und die Behandlung der „dramatisch kritischen Rechnungshof-Berichte“ zum Bankenpaket und zur Kommunalkredit zu ermöglichen. In beiden Fällen gebe es „Milliardenlöcher“ im Budget aufzuarbeiten. Abgeordneten, die weiterhin „Arbeitsverweigerung“ betreiben, sollte das Gehalt gekürzt werden, meinte Kogler.

TS droht mit NR-Sondersitzung

Die FPÖ sprach erneut von einem „Armutszeugnis für die Bundesregierung“ und forderte den sofortigen Rücktritt von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). Außerdem sei das „Milliardenloch im Budget (...) der letzte Grund dafür, dass die ÖVP das Finanzressort abgeben sollte“, wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache betonte.

Auch das Team Stronach (TS) schaltete sich in die Debatte ein: SPÖ und ÖVP hätten „im Wahlkampf nicht die Wahrheit gesagt“, so Klubobfrau Kathrin Nachbaur. Sollten bis Ende November „keine konkreten Initiativen“ ergriffen werden, will das TS eine Sondersitzung des Nationalrates beantragen. NEOS-Chef Matthias Strolz sprach gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal von einer „Unkultur“ und einer „Art der Lüge, die Wahrheit zu verbergen“ - ein Vorgang, der die Politik beschädige. Er ist sich - wie alle übrigen Vertreter der Opposition - sicher, dass Österreich ein Sparpaket bevorsteht.

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