Drei Viertel für Demokraten
Bill de Blasio ist neuer Bürgermeister der US-Millionenmetropole New York. Ersten Hochrechnungen zufolge stimmten fast drei Viertel der New Yorker für den 52-jährigen Demokraten, nur etwa 24 Prozent für seinen republikanischen Rivalen Joe Lhota.
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Bei praktisch allen Wählergruppen lag der Demokrat US-Medienberichten zufolge deutlich vorn. Lediglich bei den Wählern, die vor allem auf Erfahrung setzten, habe Lhota geführt. In seinem Heimatstadtteil Brooklyn und auch in der Bronx fuhr De Blasio Ergebnisse von deutlich mehr als 80 Prozent ein. In Manhattan und Queens waren es erheblich weniger, aber immer noch etwa zwei Drittel. Er wurde gerade auch von den Minderheiten gewählt - bei der schwarzen Bevölkerung erreichte er 96 Prozent.

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De Blasio mit Sohn Dante, Tochter Chiara und seiner Frau Chirlane McCray
De Blasio gab sich nach dem Erfolg für US-Verhältnisse betont links. An seinem Rednerpult bei der Siegesfeier stand das rote Wort „Fortschritt“, immer wieder betonte er den Wert einer starken Regierung, die sich um die Angleichung der Lebensverhältnisse bemühen müsse. „Wir werden keinen New Yorker zurücklassen“, sagte er.
Danksagung auf Englisch, Spanisch und Italienisch
„New York hat laut und deutlich für den Wandel gestimmt. Aber jetzt fängt die Arbeit erst an“, so De Blasio Ungleichheit zu bekämpfen sei nicht einfach und sei es nie gewesen. „Die Menschen dieser Stadt haben den Weg des Fortschritts gewählt. Wir werden ihn als eine einige Stadt gehen.“ Anschließend sagte er das Gleiche in Spanisch und richtete auch ein paar Worte in Italienisch an die Bevölkerung. Immer wieder betonte er Solidarität: „Wir werden gemeinsam erfolgreich sein.“
Sein Konkurrent Lhota hatte De Blasio, „unserem nächsten Bürgermeister“, schon lange vor der ersten Hochrechnung gratuliert. „Wir sind eine Stadt“, sagte der 59-Jährige. „Wir New Yorker wollen sichere Straßen und die beste Bildung für unsere Kinder“, sagte er und fasste damit die wichtigsten Wahlziele der beiden Kandidaten zusammen - innere Sicherheit (Lhota) und Bildung (De Blasio). „Es war ein guter Kampf. Lasst uns morgen wieder an die Arbeit gehen!“
Wahlkampfmanager Hillary Clintons
International waren weder De Blasio noch sein republikanischer Kontrahent Lhota bekannt - für die New Yorker selbst sind sie aber alte Bekannte. De Blasio schaute seit 2010 als gewählter Bürgerbeauftragter der Stadtverwaltung auf die Finger. Zuvor agierte der 52-Jährige als Wahlkampfmanager für Hillary Clinton, als diese 2000 erfolgreich als Senatorin für den Bundesstaat New York kandidierte. In den vergangenen Jahren machte er sich einen Namen als lautstarker Kritiker des scheidenden Bürgermeisters Michael Bloombergs.
Lhota war Chef der Verkehrsbehörde und wurde vor allem durch sein ausgezeichnetes Katastrophenmanagement nach dem Wirbelsturm „Sandy“ vor einem Jahr bekannt. Zwischenzeitlich sehr aussichtsreiche Kandidaten wie der frühere US-Abgeordnete Anthony Weiner und die Sprecherin der Stadtverwaltung, Christine Quinn, stolperten über Skandale und ermöglichten so De Blasios Aufstieg.
Punkten mit liberalem Wahlkampf
Erstmals nach 20 Jahren regiert ab 1. Jänner 2014 wieder ein Demokrat in der liberalen Hochburg. Seit zwei Jahrzehnten haben die Demokraten nicht mehr den Bürgermeister von New York gestellt, obwohl die Mehrheit der Menschen in der Metropole eher linksliberale Ansichten vertritt. Sechsmal so viele New Yorker sind als Stammwähler bei den Demokraten wie bei den Republikanern eingetragen.

Reuters/Peter Foley
Favorit De Blasio (r.) wies im letzten TV-Duell Kritik des Republikaners Lhota zurück
Und genau darauf konzentrierte De Blasio auch seine Kampagne. De Blasio habe, schrieb die „NYT“, kaum eine Gelegenheit ausgelassen, die Wähler daran zu erinnern, dass Lhota ein Republikaner ist. Und bei seinen Wahlkampfauftritten habe er immer wieder angedeutet, dass Lhota trotz seiner Befürwortung des Rechts auf Abtreibung, der Homosexuellenehe und der Legalisierung von Marihuana ein Sympathisant des rechten Flügels der Republikaner, der „Tea-Party“, sei.
Lhota wies diese Behauptung zwar stets zurück - doch die Botschaft kam bei den New Yorkern offenbar an. Lhotas Versuche, sich als konservativ in Finanzagenden, aber sozialpolitisch progressiv darzustellen, scheiterten offenbar.
Gegner des „Stop and Frisk“
De Blasio setzte aber offenbar auch auf die richtigen Themen, nämlich gleiche Verteilung beim Einkommen, Verbesserung des öffentlichen Bildungssystems und Schaffung von finanzierbarem Wohnraum. Die demokratische Vorwahl gewann De Blasio, indem er sich am linken Rand der Kandidaten positionierte. So will er etwa Reiche stärker besteuern und die Polizei stärker überwachen.
Im Mittelpunkt stand dabei stets die umstrittene Polizeitaktik des „Stop and Frisk“, bei der Menschen ohne Anlass durchsucht werden. Diese Methode wurde häufig bei jungen Schwarzen angewendet und deswegen von Gegnern häufig als rassistisch bezeichnet. Im Juli war De Blasio, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, zusammen mit anderen bei einer Demonstration gegen die Schließung eines Krankenhauses in Brooklyn festgenommen worden. Im Gegensatz zum Milliardär Bloomberg, der nach zwölf Jahren als Bürgermeister nicht mehr antreten durfte, lebt De Blasio nicht in Manhattan, sondern im Stadtteil Brooklyn.
Popularitätsschub durch Familie
De Blasio gelang es zudem im Wahlkampf besser, den Kontakt zu den Menschen zu finden. Mit seiner charismatischen Frau, der afroamerikanischen Dichterin Chirlane McCray, und seinen beiden Kindern im Teenageralter, die auf öffentliche Schulen gehen, wirke er auf die multiethnische Bevölkerung New Yorks nahbar und sympathisch. Besonders die nach allen Seiten abstehenden krausen Locken seines Sohnes Dante, der zusammen mit Frau Chirlane und Tochter Chiara in einem Wahlwerbespot zu sehen war, wurden zum Stadtgespräch und verhalfen dem 52-Jährigen zu enormen Popularitätsschüben.
Angstfaktor als letztes Mittel
Lhotas Themen waren ähnlich, allerdings wollte er die Steuern so lassen, wie sie sind. De Blasio habe - anders als er selbst - zu wenig Politikerfahrung, warf Lhota seinem Konkurrenten vor. „Ich werde vom ersten Tag an bereit sein.“ Außerdem nehme De Blasio die Polizeiarbeit nicht ernst genug, die Kriminalitätsrate werde unter seiner Regentschaft wieder steigen. Mit angsteinflößenden Videos, die die Gewalt auf den Straßen der Millionenmetropole aus früheren Tagen zeigen, versuchte Lhota jüngst, auf den letzten Drücker noch Stimmen zu gewinnen.
Bloombergs Vermächtnis
Mit dem Selfmademilliardär Bloomberg scheidet nach zwölf Jahren und zwei Amtszeiten ein Mann aus dem Amt, der die Stadt mindestens ebenso sehr geprägt hat, wie sein Vorgänger Rudy Giuliani. Bloomberg verbesserte einiges und schoss dabei nach Meinung vieler New Yorker in seinem Eifer auch immer wieder übers Ziel - auch international für Schlagzeilen sorgten vor allem restriktive Regeln für Zigarettenkonsum und Softdrinks und seine Versuche, die Stadt ökologischer zu machen.
Gouverneurswahl in New Jersey und Virginia
Entscheidungen gab es auch in anderen US-Bundesstaaten. Im Bundesstaat Virginia gewannen die Demokraten, hier wird Terry McAuliffe neuer Gouverneur. Er ist ein enger Vertrauter der Clintons, für ihn hatte auch Präsident Barack Obama Wahlkampf gemacht. In New Jersey vor den Toren New Yorks wurde Chris Christie im Amt bestätigt. Weil der Republikaner im traditionell demokratisch wählenden New Jersey deutlich gewinnen konnte, wird er als Bewerber für die Präsidentschaftswahl 2016 gehandelt.
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