Zwischen Festnetz und Kryptohandys
Trotz täglicher Enthüllungen in der NSA-Affäre verwenden die österreichischen Minister zur Kommunikation untereinander und mit EU-Partnern nicht immer verschlüsselte Leitungen. Das ergab ein Rundruf der APA am Dienstag. Auch bei „Kryptohandys“ gibt es offenbar keine einheitliche Lösung.
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Welche Handys in Österreich von Regierungsmitgliedern verwendet werden, ist Sache des Ressorts. Das Innenministerium empfiehlt zwar bestimmte, technisch gesicherte Lösungen, aber die Entscheidung über Modelle und auch Handynetzbetreiber unterscheiden sich je nach Ministerium.

APA/HBF/Dragan Tatic
Spindelegger beim Telefonieren in London
„Nutzung der Kryptohandys komplizierter“
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) verwendet nach Angaben aus dem Bundeskanzleramt (BKA) mehrere Telefone, darunter ein iPhone, sowie für heikle Gespräche bevorzugt das Festnetz. Zu Gesprächen mit Kabinettskollegen und ausländischen Regierungschefs benutze er „nicht immer ein Kryptohandy“ oder das Festnetz, hieß es gegenüber der APA.
„Die Nutzung der Kryptohandys ist komplizierter, der Kanzler nimmt meist lieber eines seiner anderen Telefone“, sagte der für Sicherheit zuständige Sektionschef im BKA, Manfred Matzka, gegenüber der Zeitung „Österreich“ (Dienstag-Ausgabe). Man nehme regelmäßig technische Checks im Bundeskanzleramt vor. Die Mobiltelefone und die gesamte IT-Umgebung seien hoch gesichert, „da haben wir viel investiert“, so Matzka bereits am Freitag in „Österreich“. „Bei uns gibt es keine konkreten Anhaltspunkte oder Verdachtsmomente, dass etwas passiert ist“, hieß es am Donnerstag auf APA-Anfrage aus dem Bundeskanzleramt.
Kanzler will kein neues Telefon
Faymann will sich auch vor dem Hintergrund der Enthüllungen über weitgehende Abhöraktionen des US-Geheimdienstes NSA in Europa kein neues Handy anschaffen. Faymann sagte vor den EU-Gipfelberatungen am Freitag in Brüssel: „Nein, ich besorge mir kein neues Handy. Und ich finde auch, wenn so viele Menschen angeblich ausspioniert werden oder einfach ihre Daten verwendet werden, dann ist das sowohl beruflich als auch privat für jeden unangenehm, falsch und muss uns bei jedem gleich entrüsten, egal ob er Premierminister ist oder nicht.“

APA/HOPI-MEDIA/Bernhard J. Holzner
Auch Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) achtet beim Telefonieren auf Sicherheit
Kommunikation auch über Polizeinetz möglich
Im Innenministerium heißt es, man unterscheide zwischen „Alltagskommunikation und sensibler Kommunikation“. Für letztere stünden sowohl „Kryptohandys“ als auch das bereits teilweise fertiggestellte Digitalfunknetz der Firma Tetron zur Verfügung, das auch die Polizei benutzt.
Ob auch Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) in der Kommunikation etwa mit seinen EU-Amtskollegen ein verschlüsseltes Handy verwendet, will man in seinem Ministerium nicht sagen. Das Gerät Spindeleggers, ein BlackBerry, sei entsprechend gesichert und werde in regelmäßigen Abständen überprüft, berichteten die „Oberösterreichischen Nachrichten“ am Dienstag.
Handys derzeit im Test
Bei „Kryptohandys“ sind in Österreich offenbar verschiedene Produkte im Einsatz. Nach Angaben der deutschen Firma Secusmart, die auch die Regierung in Berlin beliefert, testet die österreichische Regierung derzeit ihre Geräte. Im Einsatz seien modifizierte BlackBerry-10-Geräte vom Modell Secusuite, sagte Firmensprecherin Swenja Kremer der APA.
Welches Ministerium die Geräte im Wert von 2.500 Euro pro Stück bestellt habe, könne sie nicht bekanntgeben. Aus zwei von der APA kontaktieren Ressorts heißt es, man verwende andere Geräte und könne nicht sagen, ob sich die Ministerien hier abstimmten.
Tonqualität leidet
Die NSA-Affäre und Berichte über das angeblich abgehörte Handy der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgten zuletzt für Besorgnis darüber, ob Gespräche zwischen höchsten Regierungsstellen belauscht werden. Auftrieb gibt dem, dass offenbar nicht durchgehend die sicherste Technologie verwendet wird. Merkel gab etwa an, meist kein „Kryptohandy“ für ihre Telefongespräche zu verwenden.
Solche Kryptogeräte erlauben eine fast unknackbare Kommunikation. Allerdings müssen sie von beiden Gesprächsteilnehmer verwendet werden, außerdem gelten die Geräte als nicht besonders handlich, teuer und liefern wegen der Verschlüsselung eine geringe Tonqualität.
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