Bericht: Kennzeichnung kostet viel Geld
Nur wenige Monate nach dem Skandal um nicht deklariertes Pferdefleisch in Fertigprodukten legt die EU-Kommission einen Bericht vor, in dem sie sich gegen eine verbindliche Herkunftskennzeichnung bei Fleisch ausspricht. Begründet wird das mit einem damit angeblich verbundenen, massiven Preisanstieg. Die Produktionskosten könnten um bis zu 50 Prozent steigen, zahlen würden das letztlich die Konsumenten.
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Es sei davon auszugehen, dass die Fleischbranche die Kostensteigerungen zu 90 Prozent an die Verbraucher weitergeben würde, heißt es in dem Entwurf eines Berichts der Kommission an das Europäische Parlament und den EU-Rat. Zehn Prozent der Mehrkosten verblieben voraussichtlich bei der Industrie. Die EU-Kommission analysierte die Auswirkungen einer Herkunftskennzeichnung für drei mögliche Varianten: Die Kennzeichnung bleibt wie bisher freiwillig, es wird künftig angegeben, ob Fleisch aus der EU kommt oder nicht, oder die Fleischindustrie nennt künftig das genaue Herkunftsland.
Hohe Kosten, sinkende Umsätze
In ihrem zwölfseitigen Bericht kommt die EU zu dem Schluss, dass bei einer freiwilligen Kennzeichnung wie bisher auch die Kosten auf bisherigem Niveau blieben, ein verbindlicher Herkunftsnachweis hingegen für Unternehmen Kostensteigerungen in der Produktion und im Verwaltungsbereich mit sich bringe. Als Konsequenz dessen müssten sinkende Umsätze für Schlachtereien und Zwischenhändler erwartet werden. Auch Aufsichtsbehörden hätten mit höheren Ausgaben zu rechnen, wenn sie die Kennzeichnung der Fleischindustrie kontrollieren müssten.
Deutlich geringere Folgekosten hätte den Autoren zufolge eine Kennzeichnung, die nur zwischen „aus der EU“ und „nicht aus der EU“ stammenden Tieren unterscheide. Würden Verbraucher künftig darüber informiert, ob Fleisch aus der EU komme oder nicht, könne das die Produktionskosten aber immerhin noch um bis zu 25 Prozent nach oben treiben, heißt es in dem EU-Bericht. Werde künftig das Herkunftsland von Fleisch ausgewiesen, könne das für Kostensteigerungen bei den Fleischproduzenten zwischen 15 und 50 Prozent sorgen. Die Kosten für Lebensmittelbehörden zur Kontrolle der Fleischindustrie würden um bis zu 30 Prozent steigen.
EU: Verbraucher wollen dafür nicht zahlen
Die Verbraucher jedoch seien kaum bereit, mehr Geld für eine Herkunftskennzeichnung bei Fleisch auszugeben, heißt es im Papier weiter. Am wichtigsten sei bei der Kaufentscheidung der Konsumenten der Preis, dann die Beschaffenheit und Qualität des Fleischs. Zwar bestehe seitens der Verbraucher auch der Wunsch nach einer Herkunftskennzeichnung, diese spiegle sich aber nicht in einer höheren Bereitschaft wider, dafür auch zu zahlen, glaubt die EU-Kommission. In der EU hatte der Pferdefleischskandal zu Jahresbeginn die Diskussion über eine Herkunftskennzeichnung für Fleisch, Fleischprodukte und andere verarbeitete Lebensmittel mit Fleisch befeuert.
Breite Empörung längst verpufft
In der Tat schienen im vergangenen Februar Bürger und Regierungen gleichermaßen von dringendem Handlungsbedarf überzeugt. Rumänisches Pferdefleisch war über einen niederländischen Großhändler mit Geschäftsadresse in Zypern an eine französische Fleischfirma verkauft, als Rindfleisch etikettiert und in Fertiggerichten verarbeitet worden, bevor es schließlich, zumeist als Tiefkühllasagne, in österreichischen, deutschen, britischen und französischen Supermarktregalen landete.
Die Empörung war enorm, die Kommission sagte rasche Abhilfe zu. Die nun öffentlich gewordenen Vorschläge sichern hingegen kaum Konsequenzen zu. Nach dem BSE-Skandal gilt eine verbindliche Herkunftskennzeichnung bisher nur für Rindfleisch. Angegeben werden müssen Geburts- und Mastort, Schlacht- und Zerlegungsbetrieb.
Berlakovich fordert Transparenz
Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) reagierte am Samstag mit einer Aussendung, in der er mehr Transparenz bei der Herkunft der Lebensmittel forderte. Österreich werde weiterhin für eine Rückverfolgbarkeit von Fertigprodukten eintreten.
Berlakovich fordert die Kommission auf, im Bericht über die Machbarkeit zur Ursprungskennzeichnung die Deklaration bei Fertigprodukten und verarbeitetem Fleisch noch einmal zu überarbeiten. Dass sich die EU-Kommission gegen eine verbindliche Herkunftskennzeichnung ausspricht, „ist nicht nachvollziehbar“, so der Ressortchef.
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