Sexarbeiterinnen wollen kein Verbot
Auch in Deutschland wird derzeit über ein Verbot beziehungsweise die Legalisierung von Sexarbeit diskutiert. In der aktuellen Ausgabe des feministischen Magazins „Emma“ findet sich ein „Appell gegen Prostitution“, in dem langfristig ein Verbot in Deutschland gefordert wird.
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„Prostitution ist ein fundamentaler Verstoß gegen die Würde des Menschen, des weiblichen wie des männlichen“, schreibt Emma-Chefredakteurin Alice Schwarzer in ihrem Blogbeitrag „Eine Welt ohne Prostitution ist denkbar“. Prostitution und Frauenhandel seien zu Beginn des 21. Jahrhunderts neben dem Waffen- und Drogenhandel weltweit das profitabelste Geschäft.
„Ächtung der Freier“
Zahlreiche deutsche Prominente aus Kunst, Kultur, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft unterstützen Schwarzer dabei mit ihrer Unterschrift. Dazu gehören etwa die Ex-Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, und Schauspieler und Künstler wie Senta Berger, Maria Furtwängler, Wolfgang Niedecken und Dieter Nuhr. Zudem unterstützen mehrere Politiker den Aufruf, der eine „Ächtung und, wenn nötig, auch Bestrafung der Freier“ fordert.
Reformschuss ging nach hinten los
Eine rot-grüne Reform von 2002 habe Deutschland zur Drehscheibe des Frauenhandels und zum Paradies der Sextouristen aus den Nachbarländern gemacht, kritisiert Schwarzer. In Deutschland gebe es geschätzt 400.000 bis eine Million Prostituierte - überwiegend Armuts- und Zwangsprostituierte. „Und Vater Staat kassiert mit“, so Schwarzer.
Die deutsche Regierung hatte mit ihrem Gesetz 2002 die Rechtsposition und die Arbeitsverhältnisse von Prostituierten verbessern wollen. Die Frauen sollten ihren Lohn einklagen und sich bei den Sozialversicherungen anmelden können. Die deutschen Bundesländer beklagten bereits 2010 eine deutliche Zunahme des Menschenhandels und forderten eine Gesetzesverschärfung.
„Verbot führt zu mehr Kriminalität“
Betroffenenverbände lehnen den Schwarzer-Vorstoß ab. „Eine Kriminalisierung der Prostitution führt nicht zu weniger Sexarbeit, sondern zu mehr Kriminalität“, zitiert der deutsche „Tagesspiegel“ Undine de Riviere, die Sprecherin des deutschen „Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen“. Der Verband hat seinerseits eine Petition für Sexarbeit gestartet. Eine Kriminalisierung der Kunden, die erotische Dienstleistungen in Anspruch nehmen, sei zur Lösung der Probleme ungeeignet, so der Verband. Das „Schwedische Modell“ habe zwar die sichtbare Straßenprostitution verdrängt, aber weder die Prostitution an sich, noch den Menschenhandel nachweislich reduziert.
Alice Schwarzer spreche den Sexarbeiterinnen das geistige Vermögen ab, selbst zu entscheiden, was sie tun, so eine andere Betroffene zum „Tagesspiegel“. Wenn Prostitution kriminalisiert werde, würde das den Zuhältern in die Hände spielen, auf die die Frauen dann angewiesen wären.
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