„Fass meine Hure nicht an!“
Einst für seine Bordellkultur bekannt, hat Frankreich in den letzten 20 Jahren die Sexarbeit immer strengeren Restriktionen unterworfen. Nun will das Land den Kampf weiter verschärfen und nach schwedischem Vorbild nur noch die Freier ins Visier nehmen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der Erfolgsautor Frederic Beigbeder und weitere 342 prominente männliche Unterstützer in Frankreich machen mit einer Unterschriftenliste gegen Pläne mobil, Besuche von Prostituierten unter Strafe zu stellen. „Jeder hat das Recht, wie es ihm beliebt, seine Reize zu verkaufen - und es sogar zu mögen“, heißt es in der Petition, die das Magazin „Causeur“ veröffentlicht hat. „Und wir lehnen es ab, dass Abgeordnete uns Normen über unsere Begierde und unsere Lust vorschreiben.“

Reuters/Gonzalo Fuentes
Schriftsteller Frederic Beigbeder
Die Unterzeichner der Petition erklären, einige von ihnen „sind zu Huren gegangen, gehen oder werden zu ihnen gehen“. „Das heißt nicht, dass wir Frustrierte, Perverse oder Psychopathen sind, wie es die Anhänger einer als feministischer Kampf verkleideten Unterdrückung behaupten.“ Sie würden niemals mit einer Frau gegen deren Willen Sex haben, so die protestierenden Männer.
1.500 Euro Geldstrafe für Freier
Frankreichs Regierung will im Kampf gegen die Prostitution nach schwedischem Vorbild Freier mit einer Geldstrafe von 1.500 Euro belegen. Werden sie wiederholt ertappt, kann die Geldstrafe verdoppelt werden. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag soll Ende November in der Nationalversammlung beraten werden. Schweden gilt als Vorreiter im Kampf gegen Prostitution. Seit 1999 ist nach schwedischem Recht nicht das Anbieten sexueller Dienstleistungen strafbar, sondern deren Inanspruchnahme gegen Geld. Demnach stehen die Freier im Visier der Justiz, nicht die Prostituierten. Den Freiern drohen Bußgelder und Haftstrafen.
Derzeit Geldbußen für Prostituierte bei „Anwerben“
Derzeit ist Prostitution in Frankreich zwar offiziell erlaubt, jedoch nur unter bestimmten Bedingungen. So wird etwa die Kontaktaufnahme zwischen Sexarbeiterinnen und Freiern an öffentlichen Orten mit Geldstrafen geahndet. Genau dieser Straftatbestand der „Anwerbung von Freiern“ soll mit dem neuen Gesetz abgeschafft werden. Dafür hatte bereits Ende März der französische Senat gestimmt.
Das „aktive Anwerben“ von Freiern war 2003 in Frankreich unter dem damaligen konservativen Innenminister und späteren Staatschef Nicolas Sarkozy mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Monaten und einer Geldstrafe bis 3.750 Euro belegt worden. Sarkozy ging noch weiter und stellte auch das „passive Anwerben“ von Kunden unter Strafe. Prostituierte machen sich demnach bereits strafbar, wenn etwa aufreizende Kleidung getragen oder potenziellen Interessenten zugelächelt wird.

APA/AP/Christophe Ena
Sexarbeiterinnen demonstrieren in Frankreich
Anspielung auf Abtreibungsaktivistinnen
Die jetzige Freier-Initiative hat dabei auch die Prostituierten auf ihrer Seite. Auf Transparenten setzen sich diese bei Kundgebungen in Paris für das Recht auf Sexarbeit ein. Sie befürchten eine Verdrängung ihres Gewerbes in den Untergrund.
Die Petition der Sexarbeitsbefürworter läuft unter dem Motto „Fass meine Hure nicht an“ - eine Anspielung an den in Frankreich bekannten Slogan „Fass meinen Kumpel nicht an“ der französischen Anti-Rassismus-Gruppe SOS Racisme. Auch der Name „Manifest der 343 Dreckskerle“ ist eine Anspielung. 1971 hatte eine Gruppe von 343 Frauen im Kampf gegen das Abtreibungsverbot öffentlich bekannt, bereits abgetrieben zu haben. Die Frauen, unter ihnen Schauspielerin Catherine Deneuve, wurden später als die „343 Schlampen“ bezeichnet, was nicht abschätzig gemeint war.
Regierungssprecherin: „Nicht vergleichbar“
Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem kritisierte den Vergleich der Gegner von Geldstrafen für Freier. „Die 343 Schlampen forderten damals, frei über ihren Körper verfügen zu können. Die 343 Dreckskerle fordern das Recht, über den Körper anderer zu verfügen. Ich denke, das bedarf keines weiteren Kommentars.“
Mit dem neuen Gesetz wollen die regierenden Sozialisten „den Schutz von Prostituierten verbessern und den Kampf gegen das System der Prostitution“ verschärfen. „Prostitution gibt es, weil es Kunden gibt, und die Kunden sind auch für die Situation der Prostituierten verantwortlich“, so die Sozialistin Laurence Rossignol.
Links: