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Neue Köpfe, neue Töne

Der Nationalrat hat am Dienstag, einen Monat nach der Wahl, seine konstituierende Sitzung abgehalten. Das gesetzgebende Organ trat zum ersten Mal in neuer Besetzung zusammen. In den Antrittsreden der Klubchefs überwogen die Bekenntnisse zur Zusammenarbeit. Die Neulinge NEOS-Klubchef Matthias Strolz und Team-Stronach-Klubchefin Kathrin Nachbaur sprachen sogar von Träumen.

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Matthias Strolz

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Strolz: „Ich habe einen Traum.“

„Wir sind Kulturträger und Taktgeber der Politik“, sagte Strolz und kündigte an, künftig, wie das in Brasilien üblich sei, jeder Wortmeldung ein Wort der Wertschätzung voranzustellen. Fürs Erste gefiel ihm besonders die Offenheit, mit der seine Fraktion im Hohen Haus empfangen worden sei. Als Ziel nannte Strolz ein echtes Arbeitsparlament - ohne Klubzwang, etwa in Bildungsfragen. „Ich habe einen Traum. Wir NEOS haben einen Traum, und der lautet: jedem Kind die Flügel heben, jedem“, fasste Strolz sein Anliegen zur Bildung zusammen.

Nachbaurs „American Dream“

Bildung lag auch Nachbaur am Herzen: „Ich möchte aus dem American Dream den österreichischen Traum machen.“ Nachbaur nützte ihren ersten Auftritt auch dazu, sich bei Parteigründer Frank Stronach zu bedanken, der dem Team geholfen habe, den Fuß in die Türe zu bekommen. Den TS-Klub schilderte sie als „Leute mit einem frischen Blick“, die keine Berufspolitiker seien. „Ich bin dafür, dass wir die Vielfalt und Buntheit zelerbrieren, so wie wir Menschen eben vielfältig und bunt sind“, sagte Nachbaur, die ihre Rede teils auf Englisch hielt.

Kathrin Nachbaur

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Nachbaur: „Vielfältig und bunt“

SPÖ und ÖVP für „konstruktives Miteinander“

Feierlich gelobt wurde in den Reden auch der SPÖ- und ÖVP-Klubchefs, dass man es ganz konstruktiv angehen werde in dieser Gesetzgebungsperiode. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder widmete seine Rede dem „konstruktiven Miteinander“. Man werde in dieser Legislaturperiode auch mehr den Dialog mit der Opposition suchen. „Das ist das, was meiner Meinung nach der neue Stil ist“, gab sich der neue SPÖ-Klubchef bei seinem Ausblick euphorisch.

Gleiches kündigte für die ÖVP der interimistische Klubobmann Michael Spindelegger an und versicherte, regelmäßigen und offenen Kontakt mit den Vertretern aller Parteien halten zu wollen. Das wäre ein Signal für Österreich.

Konfliktstoff Minderheitenrechte

Die Begeisterung bei der Opposition hielt sich in Grenzen, vor allem bei jenen Fraktionen, die schon neben SPÖ und ÖVP gearbeitet haben. FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache forderte die Koalitionsfraktionen auf, noch vor der Regierungsbildung Nägel mit Köpfen zu machen und ein Minderheitenrecht auf U-Ausschüsse zu etablieren.

Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig schloss sich diesem Begehr umgehend an. „Machen wir die Bildungspolitik zum koalitionsfreien Raum“, forderte Glawischnig. Gleichzeitig warnte sie die Koalition davor, noch einmal eine parlamentarische Untersuchung - wie zuletzt beim Korruptionsausschuss - einfach abzudrehen.

Blumen und Kräuter

Wie stets am Tag der Angelobung hatten sich die Klubs mit Blumen und anderen Akzenten hübsch gemacht. Die SPÖ zierte sich mit roten Rosen „aus menschenwürdiger Produktion“, wie extra per Aussendung betonte wurde. Die ÖVP legte weiße Rosen an und FPÖ-Abgeordnete schmückten sich mit der umstrittenen Kornblume. Die Grünen hatten diverse Kräuterstöcke in den Plenarsaal mitgebracht und Grünen-Mandatarin Tatjana Windbüchler-Souschill wollte auch ihrem Säugling den großen Parlamentstag nicht vorenthalten.

Blumenschmuck

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Viele Mandatare ließen Blumen sprechen

Von der Regierungsbank aus beobachtet wurde das Treiben nur von jenen drei Regierungsmitgliedern, die entweder kein Mandat ergattert oder die auf ihres verzichtet hatten, also von Gesundheitsminister Alois Stöger, Staatssekretär Josef Ostermayer und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (alle SPÖ). Von der prall gefüllten Besuchergalerie aus verfolgte unter anderen Bundespräsident Heinz Fischer das Geschehen.

Prammer wiedergewählt

Nach der Angelobung samt Debatte stand die Wahl des Nationalratspräsidiums auf dem Programm. Dabei wurde die bisherige Amtsinhaberin Barbara Prammer (SPÖ) mit 83,5 Prozent der abgegebenen Stimmen als Erste Nationalratspräsidentin wiedergewählt. Das Ergebnis entspricht ziemlich exakt dem, was Prammer vor fünf Jahren erzielt hatte (83,3 Prozent).

Barbara Prammer (Präsidentin Nationalrat)

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Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) eröffnete die Sitzung

Der bisherige ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf, der von den Grünen getadelt worden war, weil er zweimal Vereinbarungen über ein Minderheitenrecht auf U-Ausschuss gebrochen habe, blieb mit 82-prozentiger Zustimmung nicht weit zurück. Auch Norbert Hofer (FPÖ) wird offenbar eher über den Weg getraut als Vorgänger Martin Graf: Er erzielte 80,3 Prozent, bei Graf waren es 69,9 Prozent gewesen.

„Ich gelobe“

Die Sitzung hatte mit den Klängen der Bundeshymne und der Angelobung der 183 Abgeordneten begonnen. „Sie werden geloben: unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten“, lautete die vom ÖVP-Abgeordneten Jakob Auer als Schriftführer verlesene Formel. Die Abgeordneten antworteten einzeln mit den Worten „Ich gelobe“.

Grafik des Sitzplans im Nationalrat

APA/Martin Hirsch; ORF.at

Die Aufteilung im neuen Nationalrat

Sechs Fraktionen sind im aktuellen Nationalrat vertreten: die SPÖ mit 52 Mandataren, die ÖVP mit 47, die FPÖ mit 40, die Grünen mit 24, das nun auch gewählte TS mit zehn (Monika Lindner als elfte wird „wilde“ Abgeordnete) und - als neue Fraktion - NEOS mit neun Abgeordneten.

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