Erdogan hat noch viel vor
Der Bosporus-Tunnel ist eines von mehreren Großprojekten, mit denen die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die türkische Metropole Istanbul umbaut. Geplant sind etwa eine dritte Bosporus-Brücke und ein weiterer Flughafen auf der europäischen Seite, mit dem Istanbul unter die wichtigsten Drehkreuze im weltweiten Luftverkehr aufrücken will.
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Im Mai legte Erdogan den Grundstein für die rund 1,3 Kilometer lange und 4,5 Milliarden Euro teure dritte Brücke über den Bosporus rund 30 Kilometer nordöstlich der Innenstadt Istanbuls. Das Projekt dient der Entlastung der beiden bereits bestehenden Bosporus-Brücken, auf denen jedes Jahr mehr als 100 Millionen Fahrzeuge von einem Kontinent zum anderen fahren, und ist Teil eines neuen, 414 Kilometer langen Autobahnrings um Istanbul.
Geplant zum 100. Geburtstag der Republik
Der neue Flughafen nördlich von Istanbul soll gemessen an der Passagierkapazität der größte der Welt werden. Bei der Eröffnung Ende des Jahrzehnts soll der Flughafen mit geplanten sechs Startbahnen für rund 150 Mio. Passagiere jährlich ausgelegt sein. Die Kosten für die erste Bauphase sollen sich laut „Financial Times“ auf sieben Milliarden Euro belaufen.
Zudem will Erdogan das Schwarze Meer und das Marmarameer mit einem großen Kanal verbinden. Für den Schiffsverkehr soll westlich von Istanbul eine Art zweiter Bosporus gegraben werden. Der Bau, den Erdogan selbst mit demonstrativem Stolz als „verrücktes Projekt“ bezeichnet, soll zum 100. Geburtstag der türkischen Republik 2023 fertig sein. Kritiker warnen vor unabsehbaren Folgen für die Umwelt.
Kritik an autoritärer Führung
Die von Erdogan mitunter autoritär durchgedrückten Großprojekte sind immer wieder heftig umstritten. Bürger protestieren, nicht nur weil für den Bau der neuen Brücke kostbarer Wald abgeholzt wird. Auch für den Flughafen sollen 2,5 Mio. Bäume geschlagen werden, schreibt die „Financial Times“. An der geplanten Bebauung des Gezi-Parks in Istanbul hatten sich in der Türkei heftige und wochenlange landesweite Unruhen entzündet, in deren Verlauf mehrere Menschen starben.
Wenn nötig würde er eine Moschee einreißen, um eine wichtige Straße zu bauen, entgegnete der islamisch-konservative Regierungschef seinen Kritikern vor einigen Tagen. Die Menschen in Istanbul müssten aber auch ihr Verhältnis zum Auto überdenken, sagte Erdogan. „In der modernen Stadt läuft der Verkehr nicht über Privatwagen, sondern über den öffentlichen Nahverkehr“, sagte er.
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