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Bohnen zählen lohnt sich

Trotz gefallener Patente und wachsender Konkurrenz bleibt die Nespresso-Kaffeekapsel ein Dauerrenner. Branchenkenner sind sich einig: Das Geschäft mit den Kaffeekapseln, die das Schweizer Unternehmen Nestle mit der Erfolgsmarke Nespresso einführte, ist äußerst lukrativ.

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Entsprechend zahlreich schießen Nachahmer aus dem Boden. Denn die Anbieter verdienen an den Kaffeekapseln weitaus mehr als an losem Kaffee. Der europäische Marktführer Nestle vermarktet seine Kapseln und Kaffeemaschinen als Edelprodukte. Der Konsument muss dafür in der Tat tief in die Tasche greifen: Eine Nespresso-Kapsel kostet mindestens 35 Cent. Bei etwa sechs Gramm Kaffee je Kapsel ergibt das einen Kilopreis von gut 58 Euro und mehr.

Das ist bis zu sechsmal teurer als Kaffee ohne Kapseln und sichert dem Konzern eine üppige Gewinnspanne. Sogar ein selbst erklärter Barista, der seinen Espresso aus der mechanischen Siebträgermaschine (mit Boiler und Hebel) brüht, schlürft seinen Edelmokka vergleichsweise günstig: Auch er benötigt für einen Espresso etwa sechs Gramm Kaffee. Für hochwertige Kaffeesorten berappt er im Schnitt rund 25 bis 30 Euro pro Kilogramm.

Stolzer Differenzbetrag

Im Monat trinkt ein starker Kaffeetrinker rund 120 Espressi, wofür er 720 Gramm Kaffee braucht. Den Nespresso-Trinker kostet die benötigte Menge Kaffeepulver 42 Euro, den klassischen Espresso-Kaffeetrinker (siehe oben) circa 19 Euro. Das macht also pro Monat eine Differenz von mehr als dem Doppelten: 23 Euro. Auf das Jahr gerechnet ergibt sich der stolze Differenzbetrag von 276 Euro. Bei zwei starken Kaffeetrinkern (pro Haushalt) sind das deutlich über 500 Euro pro Jahr.

Somit hätte man in einem Jahr den Preis einer neuen Siebträgermaschine „hereingetrunken“ und in zwei Jahren den einer italienischen Zweikreismaschine - mit unterschiedlich temperierten Wasserkreisen zur gleichzeitigen Produktion von Dampf und Brühwasser und mit der Haltbarkeit von gut 30 Jahren. Wird der Anschaffungspreis für die Nespresso-Maschine auch noch miteingerechnet, hat man eine hochwertige Espressomaschine noch schneller drinnen.

Keine Abkapselung gegen Nachahmer

Doch Kalkulationen hin oder her - das Wachstum auf dem Kapselmarkt ist ungebrochen. Und die Zahl der Nespresso-Imitatoren wird immer größer. Vor allem seit ein Düsseldorfer Gericht entschied, dass Nestle kompatible Fremdkapseln ohne Wenn und Aber akzeptieren muss, drängen noch mehr Kapselanbieter auf den Markt: entweder mit eigenen Kapselsystemen samt Maschinen oder aber mit weitaus billigeren Kapselklonen, die in Nespresso-Maschinen verwendet werden können. Der Preis pro Kaffeekapsel liegt je nach Anbieter zwischen 19 und rund 30 Cent - hochgerechnet auf das Kilo kommt man damit auf - teils weit - über 30 Euro.

Gegen diverse Nachahmer, die die billigeren Kapseln für das Nespresso-System auf den Markt brachten, hatte sich Nestle mehrfach mit juristischen Mitteln zu wehren versucht. So witterte Nespresso eine Verletzung seines Patents und wollte die Konkurrenten im Frühjahr per einstweiliger Verfügung verpflichten, ihre Kapseln mit einem Warnhinweis zu versehen: „Nicht für Nespresso-Maschinen geeignet“. Doch bisher konnten sich alle verklagten Konkurrenten vor Gericht durchsetzen.

Konkurrenz rüstet nach

Seither konkurrieren die Anbieter auf dem Kapselmarkt umso heftiger. In Deutschland bietet Aldi Süd - drei Jahre nach den Martello-Kapseln bei Hofer in Österreich - seit kurzem eigene Kapseln samt Maschinen an. In Österreich führte Hofer im November zudem Nespresso-kompatible Kapseln ein. Mitte Oktober stieg Mondelez International (vormals Kraft Foods), das weltweit zweitgrößte Kaffeeunternehmen, mit der Marke Jacobs Momente ins österreichische Espressokapselsegment ein. Mondelez Österreich ist mit mehreren Kaffeebrands vertreten - zu den größten zählen Jacobs und Tassimo.

Inzwischen betreibt Nestle unter dem Label Dolce Gusto selbst ein zweites, günstigeres Kapselsystem. Weltweit erreichte der Umsatz bei Kaffeekapseln nach Berechnungen des Marktforschungsinstituts Euromonitor International im zurückliegenden Jahr rund acht Mrd. Dollar (rund sechs Mrd. Euro) - fast zwei Drittel davon in Westeuropa. Nestle lag beim Kaffeeumsatz insgesamt laut Euromonitor mit einem Marktanteil von 23 Prozent an der Spitze, gefolgt von Mondelez mit elf Prozent.

Es geht auch ohne Clooney

In Österreich ist allerdings nicht Nespresso, sondern Tchibo laut eigenen Angaben Marktführer im boomenden Kapselsegment - was die verkauften Stückzahlen betrifft. Tchibo - mit seinem eigenen Kapselsystem samt Kaffeemaschine „Cafissimo“ - halte gemessen an der Menge „36 Prozent vom Markt“, so Tchibo/Eduscho-Geschäftsführer Harald J. Mayer Ende September gegenüber dem „WirtschaftsBlatt“.

Nespresso habe in einem Zahlenvergleich des Marktforschungsinstitus Gfk 28 Prozent Marktanteil, so Mayer. Dahinter folgen demnach mit 16 Prozent Kapseln von Tassimo. Über den Erfolg sagt Mayer: „Während Nespresso das Geld in Herrn Clooney investiert, haben wir es in unsere Kapselmaschinen gesteckt.“ Er rechnete unlängst in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ damit, dass in fünf Jahren jede zweite verkaufte Maschine eine Kapselmaschine werde. Derzeit setzen laut Gfk-Studie mehr als 35 Prozent aller österreichischen Kaffeetrinker zu Hause auf die Zubereitung mit Kapseln - Tendenz steigend.

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