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Genmodifizierte Mäuse ohne Jetlag

Langstreckenflüge in andere Zeitzonen und auch die jährliche Umstellung auf die Sommerzeit und zurück können die innere Uhr ganz schön aus dem Gleichgewicht bringen. Denn diese ist nicht nur hochpräzise, sondern auch - aus gutem Grund - ziemlich schwerfällig. Japanische Forscher haben sie nun im Gehirn lokalisiert und eine Möglichkeit gefunden, sie zu manipulieren.

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Das Team von der Universität Kyoto identifizierte rund 10.000 Gehirnzellen - zusammen haben sie die Größe eines Reiskorns -, die als innere „Hauptuhr“ dienen und an den Hell-dunkel-Rhythmus gekoppelt sind. Sie sorgen für das Zeitgefühl des Menschen und auch dafür, dass man abends müde wird.

Schnellere Umstellung

Bei der Kommunikation untereinander dienen die Rezeptoren für das Hormon Vasopressin den Gehirnzellen quasi als Ohren – und genau dort setzte die Forschergruppe um Yoshiaki Yamaguchi an. Genetisch modifizierte Mäuse ohne die Vasopressin-Rezeptoren konnten sich demnach auf eine Zeitumstellung viel rascher einstellen.

Normale Mäuse brauchten sechs Tage, um ihre innere Uhr neu zu stellen, wenn ihr Schlafrhythmus um acht Stunden vorverschoben wurde. Die genmodifizierten Mäuse schafften es in nur einem Tag. Wurde der Zeitrhythmus um acht Stunden nach hinten versetzt, brauchte die eine Gruppe acht Tage, die andere nur zwei. Ähnliche Ergebnisse wurden auch mit einem entwickelten Medikament erzielt.

Nieren als Nebenschauplatz

Die Autoren verweisen auf andere Studien, die zeigen, dass chronischer Jetlag und unregelmäßige Schichtdienste das Risiko für Kreislauferkrankungen erhöhen. Mit Vasopressin sei jetzt der Punkt identifiziert, wo man therapeutisch ansetzen könnte.

Der britische Experte Michael Hastings sprach gegenüber der BBC von einer äußert interessanten Studie und einem möglichen Durchbruch bei der Behandlung von Jetlag und seinen Folgeerscheinungen. Allerdings gelte es noch ein großes Problem zu überwinden: Vasopressin spielt auch beim Funktionieren der Nieren eine große Rolle - und hier müsse man sicherstellen, dass ein Einwirken auf die innere Uhr die Nieren nicht beinträchtige.

„Mini-Jetlag“ durch Zeitumstellung

Sollte das Medikament entwickelt werden können, würden freilich auch jene profitieren, die die Folgen der Zeitumstellung spüren. Bei einer forsa-Umfrage unter 1.014 Menschen in Deutschland im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse gaben neun Prozent der Frauen und vier Prozent der Männer an, unter der Zeitumstellung regelrecht zu leiden. Leichtere Probleme gaben 46 Prozent der Frauen und 36 Prozent der Männer an.

„Durch die Zeitumstellung erfährt der menschliche Organismus eine Art Mini-Jetlag“, sagte Hans-Günter Weeß, Leiter des Schlafzentrums im Pfalzklinikum und Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Es könne mehrere Tage bis Wochen dauern, bis sich der Organismus des Menschen an die veränderte Tageszeit gewöhne. Besonders Kinder und ältere Menschen haben demnach Schwierigkeiten, sich an die veränderte Uhrzeit anzupassen.

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