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Operation „Flatliquid“

Der US-Geheimdienst NSA überwacht Mexiko laut einem Magazinbericht weit umfassender als bisher bekannt. Die Zeitschrift „Der Spiegel“ berichtete am Sonntag unter Berufung auf Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, bereits im Jahr 2010 sei es einer NSA-Spezialabteilung gelungen, in das E-Mail-Konto des damaligen Präsidenten Felipe Calderon einzudringen.

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Die NSA taufte die Operation demnach „Flatliquid“ und vermerkte, das Büro des Staatschefs sei „eine lukrative Quelle“. Der „Spiegel“ zitierte nach eigenen Angaben aus einem „streng geheimen“ NSA-Bericht vom November 2010, eine Spezialabteilung habe einen zentralen Server „im mexikanischen Präsidentennetzwerk infiltriert, um zum ersten Mal überhaupt Zugang zum öffentlichen E-Mail-Konto“ Calderons zu erhalten.

Die E-Mail-Domain werde auch von Mitgliedern des Kabinetts genutzt und beinhalte „Kommunikation über diplomatische und wirtschaftliche Aspekte sowie Führungsfragen“, hieß es. Sie biete tiefe Einblicke in Mexikos politisches System.

Drogenbekämpfer bespitzelt

Neben dem Präsidentennetzwerk verschaffte sich die NSA dem Bericht zufolge Zugang zu den E-Mails diverser ranghoher Funktionäre der Sicherheitsbehörde Mexikos, die für die Bekämpfung des Drogenhandels und der illegalen Migration zuständig ist. Allein aus dieser Operation seien innerhalb eines Jahres 260 Geheimberichte hervorgegangen, die US-Politikern erfolgreiche Gespräche in politischen Fragen und die Planung von Investitionen ermöglicht hätten, zitierte der „Spiegel“ aus den Dokumenten.

Wahlkampf überwacht

Im September hatte der brasilianische Fernsehsender TV Globo unter Berufung auf Snowden-Dokumente berichtet, dass die NSA bereits den heutigen Präsidenten Enrique Pena Nieto während dessen Wahlkampfphase sowie sein Umfeld überwacht habe. Dabei ging es insbesondere um die Besetzung der Kabinettsposten. Die Namen von zwei später ernannten Ministern seien sechs Monate vor ihrer öffentlichen Bekanntgabe in den Unterlagen erschienen.

Mexiko fordert von den USA Aufklärung. „Die mexikanische Regierung wiederholt ihre kategorische Verurteilung der Verletzung der Vertraulichkeit der Kommunikation mexikanischer Institutionen und Staatsbürger“, erklärte am Sonntag (Ortszeit) das Außenministerium in Mexiko-Stadt. Die Regierung werde von den US-Behörden Antworten „so schnell wie möglich“ fordern. Das Vorgehen der NSA sei „inakzeptabel und illegal“.

Harsche Töne auch aus Brasilien

Auch die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff wurde demnach überwacht. Beide Staatschefs äußerten scharfe Kritik an den Maßnahmen. Die Regierung verurteile jede Spionage gegen mexikanische Staatsbürger, hieß es in einer Mitteilung. Sie verstoße gegen die UNO-Charta und die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs. Rousseff sagte aus Protest einen Besuch in Washington ab. Die „illegale Praktiken“ des Ausspähens seien ein ernster Vorgang und nicht vereinbar mit dem demokratischen Umgang zwischen befreundeten Ländern, hieß es aus Brasilien.

„Einfache und effiziente Infiltrierung“

Die NSA nutzte ein spezielles Softwareprogramm, um die Kommunikation von Rousseff und ihren Mitarbeitern per Telefon und Internet zu überwachen. Dem Dokument zufolge erlaubt das Programm, „eine Nadel in einem Heuhaufen“ zu finden. Es habe sich um eine „einfache und effiziente Infiltrierung“ gehandelt, die Zugang zu auf anderen Wegen unzugänglichen Informationen erlaubt habe, hieß es in dem Dokument, das dem Fernsehsender von dem Snowden-Vertrauten Glenn Greenwald zur Verfügung gestellt wurde. Der US-Journalist berichtete für die britische Tageszeitung „The Guardian“ aus Brasilien.

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