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Auch Geburtsort winkt ab

Rom ringt noch immer mühevoll um eine Lösung im heftigen Streit über einen Beisetzungsort für den am Freitag im Alter von 100 Jahren verstorbenen Nazi-Kriegsverbrecher Erich Priebke. Nach den Handgreiflichkeiten, die zum Abbruch der Trauerfeier für den Ex-SS-Mann in Albano südöstlich von Rom führten, machen die italienischen Behörden Druck auf Deutschland für eine Überführung von Priebkes Leiche.

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Doch Berlin fühlt sich in der Angelegenheit nicht zuständig. „Der Umgang mit sterblichen Überresten eines im Ausland verstorbenen Deutschen ist eine Angelegenheit der Angehörigen“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in Berlin.

Im Gespräch ist, dass der frühere SS-Mann in Deutschland beigesetzt wird. Dazu gab es auch schon erste Kontakte zwischen der deutschen Bundesregierung und italienischen Behörden. Die Stadtverwaltung von Priebkes Geburtsort Hennigsdorf sieht für eine Beisetzung Priebkes aber weiterhin keine Grundlage.

Priebke-Anwalt: Italien soll heiße Kartoffel behalten

Bereits nach dem Abbruch der umstrittenen Totenmesse für den ehemaligen SS-Offizier hatten italienische Stellen Kontakte nach Deutschland bestätigt. Roms Bürgermeister Ignazio Marino schloss aus, dass Trauerzeremonie und Beisetzung Priebkes in der italienischen Hauptstadt erfolgen könnten. Priebke war im März 1944 an einem Nazi-Massaker in den Ardeatinischen Höhlen in der Nähe von Rom beteiligt, bei dem 335 Zivilisten starben, darunter 75 Juden.

Priebkes Anwalt sieht indes Italien in der Verantwortung. Der Staat habe Priebke zu Lebzeiten gewollt, habe ihn aus Argentinien ausliefern lassen, habe ihn verurteilt und jahrelang im Hausarrest gelassen, sagte Paolo Giachini am Mittwochabend der Nachrichtenagentur AFP. „Jetzt soll Italien die heiße Kartoffel behalten“, fügte der Anwalt am Telefon hinzu.

„Wir wollen Priebkes Namen vergessen. Es ist nicht wichtig, wohin die Leiche kommt. Hauptsache, der Ort der Bestattung wird nicht zu einem Mausoleum oder einem Pilgerort für Rechtsextremisten“, betonte der Präsident der jüdischen Gemeinschaft Roms, Riccardo Pacifici. Rom gedachte am Mittwoch der Deportation der Juden aus Rom vor genau 70 Jahren - am 16. Oktober 1943. Damals riegelten mehr als 350 SS-Männer das jüdische Ghetto am Tiber-Ufer in Rom ab. 1.020 Juden der italienischen Hauptstadt wurden über die Alpen deportiert, zuerst nach Auschwitz und in zwei seiner Außenlager, dann nach Buchenwald.

Auseinandersetzungen mit Neonazis

Die umstrittene Trauerfeier für Priebke am Sitz der erzkonservativen Piusbruderschaft in Albano war am Dienstagabend kurz nach Beginn abgebrochen worden, weil sich Neonazis unter die Gäste gemischt hatten und es zu Auseinandersetzungen mit empörten Anwohnern kam. Dabei flogen auch Flaschen. Zwei Personen wurden festgenommen. Anschließend ordnete Pecoraro an, die Leiche zum Militärflughafen Pratica di Mare zu bringen. Die Justizbehörden leiteten eine Untersuchung über die Unruhen ein.

Nach tagelangem Streit über die Bestattung Priebkes hatte die erzkonservative Piusbruderschaft eine Trauerfeier für den NS-Verbrecher ermöglicht. Die Einwohner von Albano setzten sich dagegen zur Wehr. Bürgermeister Nicola Marini sagte, der Ort habe im Zweiten Weltkrieg gegen die deutsche Besatzung gekämpft und sei deshalb „fassungslos“, dass die Totenmesse in der Gemeinde erfolge.

Priebke wollte in Argentinien beerdigt werden

Seit Priebkes Tod haben mehrere Länder und Städte es abgelehnt, den ehemaligen SS-Offizier zu bestatten, darunter sein Geburtsort Hennigsdorf in Brandenburg sowie Bariloche in Argentinien, wo er jahrzehntelang gewohnt hatte. Priebke lebte nach seiner Verurteilung wegen seiner Beteiligung an dem Massaker von 1944 im lockeren Hausarrest in Rom.

Er wollte nach Angaben seines Anwalts in Argentinien neben seiner Ehefrau beigesetzt werden. Das südamerikanische Land, wo Priebke bis 1994 unbehelligt unter seinem echten Namen gelebt hatte, wies das Ansinnen jedoch zurück.

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