Universalmuster als Risiko
Fünf Mrd. Dollar (3,7 Mrd. Euro) hat die US-Armee für ihre universellen Kampfuniformen ausgegeben. Das Camouflage-Muster sollte allen Soldaten gleichermaßen Tarnung bieten. Doch die Anzüge erwiesen sich als nicht praktikabel. Nun sieht sich die Armee wachsender Kritik gegenüber, warum so viel Geld für etwas ausgegeben wurde, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen sei.
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2005 entschied sich die US-Armee, ihre zwei langgedienten Camouflage-Tarnanzüge - einen für Waldumgebung, einen für die Wüste - einzumotten und durch einen Universalanzug zu ersetzen, mit dem Soldaten sich jeder Umgebung perfekt anpassen könnten. Doch rasch zeigte sich, dass das „Ein Muster für alles“-Konzept im Ernstfall für die Soldaten ein Risiko darstellte und zudem noch deutliche Mehrkosten erzeugte.
Nun soll wieder ein neues Camouflage-Muster für die Uniformen der mehr als eine Million US-Soldaten im aktiven Dienst und in der Reserve gefunden werden. Kostenpunkt voraussichtlich erneut vier Milliarden Dollar. Unter den Soldaten wächst das Unverständnis, warum gerade in Zeiten, wo das Geld für wichtige Ausrüstungsgegenstände vielfach fehlt, Milliarden für fragwürdige Camouflage-Entwürfe ausgegeben wird.
Nicht für Afghanistan geeignet
Bereits 2009 sah sich der US-Kongress mit einer Beschwerde des US-Militärs konfrontiert, wonach sich das damals erst vier Jahre alte universelle Camouflage-Muster (Universal Camouflage Pattern, UCP) nicht für den Kampfeinsatz in Afghanistan eigenen würde. Es wurde daraufhin ein Gesetz erlassen, wonach die Truppen umgehend mit einem für den Einsatz in Afghanistan passenden Tarnanzug auszustatten seien. Die Armee entschied sich für die sogenannten MultiCam-Anzüge, die seit 2010 am Kunduz im Einsatz sind.

Reuters/Andrew Burton
US-Einheiten in Afghanistan tragen seit 2010 eigene Tarnanzüge
Mit „Pyjama“ im Kampfeinsatz
Der ehemalige Armeeoffizier Matt Gallagher lässt gegenüber dem US-Onlinemagazin Daily Beast kein gutes Haar an den UCP-Anzügen. Während seines 15-monatigen Einsatzes im Irak hätten sich die Nachteile der UCP-Kampfanzüge mit dem grauen Muster, das an Kieselsteine erinnert, immer wieder deutlich gezeigt. „Mit dem Muster ist man nur auf einem Parkplatz gut getarnt“, kritisierte Gallagher. Von den Soldaten sei der Anzug abschätzig als „Pyjama“ bezeichnet worden, weil er „an niemandem gut aussah, egal, wie man gebaut war.“

Reuters/Lee Jae-Won
Die Entwicklung von UCP kostete 3,2 Mio. Dollar
Auch Unteroffizier Matt Pelak muss lachen, wenn die Rede auf den US-Kampfanzug fällt. „Im meiner Einheit tragen wir den UCP nur, wenn wir im Basislager sind. Im Einsatz tragen wir MultiCam“, räumt er gegenüber Daily Beast ein. Das bedeutet jedoch, dass jeder Soldat zwei Uniformen mit sich herumtragen muss, „eine, die gut funktioniert, und eine aus verwaltungstechnischen Gründen“.
Im Test schlecht abgeschnitten
Doch auch der Armeeführung sind diese Probleme nicht neu. Bereits 2006, und damit nur ein Jahr nach der Einführung des UCP, sowie 2009 zeigten Studien, dass das Allzwecktarnmuster gegenüber anderen Camouflage-Mustern, wie zum Beispiel dem MultiCam, deutlich schlechter abschnitt. Dennoch entschloss sich das Natick Army Soldier Systems Center, zuständig für die Entwicklung von Essen, Kleidung oder Schutzvorrichtungen für den Kampfeinsatz, am UCP festzuhalten. 2012 kritisierte dann auch der US-Rechnungshof (Government Accountability Office, GAO) die enormen Kosten für die mangelhafte Uniform in einem Bericht scharf.
Vier verschiedene Muster zur Auswahl
Nun sucht die Armee nach neuen, besseren Tarnanzügen. Diesmal soll es statt einem universellen Muster drei verschiedene Varianten geben, wie eine anonyme Quelle gegenüber Daily Beast bestätigte. Ein Tarnmuster für Wald und Dschungel, eines für die Wüste und ein drittes für wenig bewaldete Umgebungen, wie es derzeit die Soldaten in Afghanistan verwenden. Nach mehreren Testrunden stünden vier Muster in jeweils drei Varianten von verschiedenen Designunternehmen in der engeren Auswahl, sagte der Armeevertreter. Darunter ist auch die New Yorker Firma Crye Precision, die bereits MultiCam entworfen hat.
Tarnkleidung
Die moderne Form der Tarnkleidung entstand 1915, als die französische Armee von den Deutschen in einer Schlacht des Ersten Weltkrieges geschlagen wurde. Die Franzosen verabschiedeten sich daraufhin von ihren weißen Handschuhen und roten Hosen und verlegten sich auf unauffälligeres Design. Die Amerikaner folgten 1917 diesem Beispiel.
Laut der Plattform für Armeeangehörige, Military.com, sei noch keine endgültige Entscheidung gefallen, auch weil keines der vier Muster gegenüber den anderen deutlich überlegen war. Doch alle seien deutlich besser bewertet worden als das derzeit im Einsatz befindliche UCP.
Gerüchte über Vetternwirtschaft
Das dauerhaft schlechte Abschneiden des UCP sorgt seit Jahren für Gerüchte unter den Soldaten, wonach hinter der Entscheidung ein „riesiges Komplott“ stecke. „Hinter vorgehaltener Hand wird von Vetternwirtschaft gesprochen“, erklärt Pelak. „Vielleicht gehört die Firma, die die Designentwürfe gemacht hat, dem Bruder von jemandem“, mutmaßt Pelak. „Niemand weiß etwas Genaues, aber es kursieren eine Menge Theorien, die alle von irgendwelchen Absprachen ausgehen.“ „Das, was für die Soldaten das Beste ist, ist meist nicht ausschlaggebend“, kritisierte auch Ex-Offizier Gallagher, „hier geht es um Rüstungsverträge.“
Von Armeeseite werden die Vorwürfe der Vetternwirtschaft zurückgewiesen. Das UCP sei nicht einfach aus dem Köcher gezogen worden, verteidigte ein Armeemitarbeiter gegenüber Daily Beast die Vorgänge. Es seien Test durchgeführt worden, die das UCP als beste Variante ermittelt hätten, „aber alles, was universell einsetzbar ist, funktioniert nicht in allen Situationen gleich gut“.
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