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Langer Weg zur Unsichtbarkeit

Die moderne Geschichte der Tarnanzüge geht zurück auf den Anfang des vorigen Jahrhunderts. Bis dahin zogen europäische Truppen mit farbenfrohen Uniformen in den Kampf, um im Schlachtgetümmel nicht irrtümlich mit den Feind verwechselt zu werden. Doch moderne Waffen machten die Identifizierung über die Kleidung zunehmend hinfällig, Tarnanzüge wurden modern.

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Bis zum Ersten Weltkrieg zogen die französischen Truppen in den Nationalfarben Blau, Rot und Weiß in die Schlacht. Dadurch blieben die Soldaten selbst im dichten Pulverrauch erkennbar. Doch modernere Waffen sorgten dafür, dass der Blick auf das Schlachtfeld ungetrübt blieb und die Franzosen zu leuchtenden Zielscheiben für Scharfschützen wurden.

Abschied von den roten Hosen

1915 verabschiedeten sich die Franzosen daher von ihren weißen Handschuhen und roten Hosen und beauftragten Schneider mit dem Entwurf unauffälligerer Kampfanzüge. 1917 folgte auch die US-Armee diesem Beispiel. Damit verloren die deutschen Truppen ihren Vorteil: Sie hatten ihre Soldaten bereits 1907 in feldgraue Uniformen mit braunem Leder gekleidet. Doch die Tarnanzüge waren teuer und schwierig herzustellen. Jedes Stück Stoff wurde von Hand mit großflächigen Mustern bemalt. Noch heute sind für viele die damals entstandenen fleckigen Anzüge das Sinnbild für Tarnkleidung.

Ein Bild aus dem Zweiten Weltkrieg zeigt einen US-Sergeant in Camouflage-Kleidung auf Iwo Jima.

AP

US-Soldat William H. Genaust bei seinem Einsatz in Iwo Jima während des Zweiten Weltkrieges.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Tarnanzüge zunehmend industriell hergestellt. Die US-Armee beschränkte den Einsatz ihrer Camouflage-Kleidung jedoch auf Einsätze im pazifischen Raum, auch um sich von der deutschen Waffen-SS abzugrenzen, die das Flecktarnmuster seit 1938 nutzte. Doch das Interesse an den deutschen Uniformen war geweckt. So wurden erbeutete SS-Ausrüstungsgegenstände von den Amerikanern genau auf ihre Tarnwirkung hin studiert. 1942 wurden die ersten US-Einheiten mit einer eigenen Variante ausgerüstet.

Kanadischer Soldat

APA/EPA/Pierre Holtz

Kanadische Uniform mit dem typischen Pixelmuster

Pixel lösen Spiralen ab

Innerhalb der US-Armee erlebte der Tarnanzug aber erst in den 70er Jahren im Zuge des Vietnam-Krieges einen Höhepunkt. Im dichten Dschungel erwiesen sich die fleckigen Uniformen als großer Vorteil. In den folgenden Jahren änderten sich zwar Farben und Muster leicht, die Basis blieb aber immer dieselbe: grüne und braune Streifen, Spiralen und Flecken. Erst Ende der 90er Jahren beschritt die kanadische Armee neue Wege.

Das Muster der kanadischen Kampfanzüge wurde durch das digitale CADPAT (Canadian Disruptive Pattern), entwickelt vom kanadischen Designer Guy Cramer, ersetzt. Statt der runden Flecken wurden pixelförmige Blöcke auf den Stoff gedruckt. Auch die chinesische Armee und die US-Marine stiegen auf computergenerierte Muster um.

Erster Schritt zur „Tarnkappe“

Doch die Forschung ist längst einen Schritt weiter. Während Cramer mit einem Material experimentiert, bei dem sich die Fasern elektronisch in Farbe und Muster der Umgebung anpassen, wählten japanische Wissenschaftler einen anderen Weg. Sie nahmen die Umgebung als digitales Video auf und projizierten es auf die Vorderseite des Materials. Die erste Version entstand bereits 2003 - seitdem ist jedoch wenig Neues darüber an die Öffentlichkeit gelangt.

Karlsruher Wissenschaftler stellten vor einiger Zeit ihre Version der „Tarnkappe“ vor. Ein Teppich aus Nanoteilchen lenkt infrarotes Licht so um, dass dreidimensionale Objekte darunter unsichtbar werden. Für den Betrachter wirkt der schillernde Teppich wieder flach.

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