Warnung vor gesundheitlichen Folgen
Die international aktive Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (Medecins Sans Frontieres, MSF) fordert die EU-Mitgliedsstaaten angesichts der Tragödie von Lampedusa auf, ihre Anstrengungen nicht ausschließlich darauf zu konzentrieren, die Grenzen für Schutzsuchende abzuriegeln. Stattdessen müsse die EU mehr unternehmen, das Leben dieser Menschen zu schützen, hieß es von MSF am Mittwoch.
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Dieser Schutz soll sowohl durch verstärkte Rettungsmaßnahmen im Meer als auch durch eine deutliche Verbesserung der Aufnahmebedingungen von Flüchtlingen und Migranten erfolgen, so der Tenor. Denn "die EU-Staaten und insbesondere auch Österreich dürfen die konkreten humanitären Konsequenzen ihrer restriktiven Politik nicht länger ignorieren“, so Mario Thaler, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Österreich.
Kritik an Innenministerin Mikl-Leitner
„Die Tragödie vor Lampedusa ist eine direkte Folge dieser Politik, die Schutzsuchende und Flucht kriminalisiert. Seit nunmehr zehn Jahren, in denen unsere Teams Menschen auf dem Weg nach Europa sowie in italienischen und griechischen Internierungslagern medizinisch versorgen, erleben wir mit, welch schwerwiegende gesundheitliche Folgen die europäische Abschottungspolitik für Flüchtlinge hat. Da ist es nicht akzeptabel, dass mit einer weiteren Verschärfung der Grenzüberwachung auf die Tragödie im Mittelmeer reagiert wird“, so Thaler.
Wenn Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wie im ZIB2-Interview am Dienstag die Beteiligung an Grenzsicherungen als „humanitäre Aktion“ bezeichne, dann enthülle das „ihr komplettes Unverständnis darüber, was humanitäre Hilfe ist“.
Thaler gegen verschärfte Kontrollen
Im Hinblick auf Mikl-Leitners Aussage, wonach Flüchtlingsbewegungen langfristig durch mehr Entwicklungszusammenarbeit eingedämmt werden müssten, sagte Thaler: „Wir würden es zwar sehr begrüßen, wenn Österreich seine internationale Verantwortung in diesem Punkt endlich wahrnehmen würde. Entwicklungszusammenarbeit ist aber keine Lösung für Menschen, die aufgrund von Krieg und Vertreibung akut auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.“
Die verschärften Kontrollen an den Grenzen der EU würden Flüchtlinge und Migranten dazu zwingen, auf immer gefährlicheren Routen nach Europa zu gelangen. Unzählige Menschen haben bereits ihr Leben verloren. Jene, die die Reise überlebten, würden sich in Internierungslagern wiederfinden, in denen erbärmliche Lebensbedingungen herrschten. So sei das Auffanglager auf Lampedusa derzeit vierfach überbelegt, so Thaler.
Seit elf Jahren auf Lampedusa tätig
Ärzte ohne Grenzen ist seit 2002 regelmäßig auf Lampedusa tätig. Teams der Organisation unterstützen auch die Aktivitäten zur Eindämmung von Infektionskrankheiten in mehreren Internierungszentren in Rom und Sizilien. Im sizilianischen Ragusa unterstützt Ärzte ohne Grenzen die Gesundheitsbehörden bei der Versorgung von Migranten, Flüchtlingen und Asylwerbern in lokalen Gesundheitszentren. In der sizilianischen Hafenstadt Pozzallo sind derzeit aufgrund einer Massenankunft von Migranten mehrere Teams rund um die Uhr im Einsatz.
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