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Kerry verteidigte Operationen

Es war als Überraschungsangriff in den frühen Morgenstunden geplant: Ein Team der US-Eliteeinheit Navy SEALs näherte sich auf dem Seeweg einer Villa in der somalischen Küstenstadt Barawe, in der sich hochrangige Mitglieder der islamistischen Al-Schabab-Miliz aufhielten. Doch die Operation scheiterte - und zeigt einmal mehr die Probleme des neuen US-Anti-Terror-Kampfes.

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Erst im Mai hatte Präsident Barack Obama das Ende von US-Drohneneinsätzen zur Terrorbekämpfung verkündet. Ziel sei es nun, Terrorverdächtige nicht mehr zu töten, sondern lebend zu fassen, um von ihnen wichtige Informationen zu bekommen. In Afrika geriet diese neue Taktik bei dem Einsatz in Somalia an ihre Grenzen. Statt einen gesuchten ausländischen Al-Schabab-Kämpfer zu verhaften, musste sich eine Einheit der Navy SEALs schwimmend in Sicherheit bringen.

Zwei Operationen Tausende Kilometer entfernt

Der Einsatz scheiterte an der überraschend starken Gegenwehr der Al-Schabab-Kämpfer. Bei der Zielperson soll es sich laut CNN um einen Kenianer somalischer Herkunft handeln, der unter dem Namen Ikrima für die Al-Schabab-Miliz tätig ist. Ob er getötet wurde, ist nicht bekannt. Von offizieller Seite gab es bisher keine Stellungnahme darüber, wer oder was das Ziel der Attacke war.

Viel ist nicht über Ikrima bekannt. Sein voller Name lautet Abdikadar Mohamed Abdikadar und er sei ein Weggefährte von Al-Kaida-Kämpfern, die an dem Anschlag auf die US-Botschaft im kenianischen Nairobi im Jahr 1998 sowie an dem Angriff auf ein Hotel in Mombasa im Jahr 2002 beteiligt gewesen sein sollen, wie CNN am Montag auf seiner Website mit Hinweis auf einen hochrangigen Vertreter der US-Regierung berichtete.

Gleichzeitig wurde in Tripolis der seit Jahren gesuchte mutmaßliche Al-Kaida-Drahtzieher Abu Anas al-Libi in einer Überraschungsaktion gefasst und außer Landes gebracht. Anders als in Somalia verlief diese Aktion ohne Probleme. Libi wurde in seinem Haus überwältigt und laut seinem Sohn Abdullah al-Ragja in ein Auto gezerrt und weggebracht.

Kerry: „Angemessen und legal“

Beide Aktionen wirbelten in Afrika viel Staub auf. Die libysche Übergangsregierung verlangt Aufklärung über die „Entführung“ des wegen Anschlägen auf US-Botschaften in Kenia und Tansania international gesuchten libyschen Staatsbürgers. US-Außenminister John Kerry sah sich daraufhin gezwungen, den Einsatz zu verteidigen. Die Aktion sei „angemessen und legal“ gewesen, sagte Kerry am Montag am Rande des APEC-Gipfels auf der indonesischen Insel Bali.

Der US-Außenminister räumte gleichzeitig ein, dass die libysche Regierung nicht im Voraus über den Einsatz informiert gewesen sei. Die USA gingen gegenüber ausländischen Regierungen „nicht in die Einzelheiten“ derartiger Aktionen, betonte Kerry. Libi befinde sich derzeit in US-Gefangenschaft, bestätigte auch US-Verteidigungsminister Chuck Hagel. Offenbar wird der gesuchte Topterrorist auf einem US-Kriegsschiff verhört. Der Vorsitzende des US-Streitkräfteausschusses, Howard McKeon, zeigt sich mit Libis Verhaftung zufrieden. Er sei von „enormem Wert für den Geheimdienst“, und Obama solle dessen Potenzial „voll ausschöpfen.“

Al-Schabab: „Nur normale Kämpfer im Haus“

Die Reaktion der somalischen Regierung war - anders als in Libyen - wohlwollend. Man unterstütze die USA, hieß es von offizieller Seite. Doch der Einfluss der Regierung auf große Gebiete Somalias ist schwindend. Laut Angaben der somalischen Polizei sollen bei dem Angriff in Baware sieben Menschen getötet worden sein, wobei aufseiten der Navy SEALs keine Toten zu beklagen seien, hieß es vom US-Militär. Man habe den Angriff abgebrochen, um Zivilisten zu schützen.

Ein Sprecher der Al-Schabab-Milizen sagte gegenüber Reuters, in der Villa sei kein führendes Mitglied anwesend gewesen, als die Eliteeinheiten angriffen. „In dem Haus waren nur normale Kämpfer, die die Angreifer tapfer abwehren und vertreiben konnten.“

Enges Netzwerk zwischen Islamisten und Al-Kaida

Zwei Jahre nachdem die Navy SEALs den Al-Kaida-Gründer Osama bin Laden in Pakistan töteten und zehn Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September verlagert sich der Anti-Terror-Kampf immer stärker nach Afrika. Von Nigeria über Mali, Algerien und Libyen bis zu Somalia und Kenia nahmen in den letzten Jahren die Terroranschläge dramatisch zu. Die Angriffe reichten von Angriffen auf Gasanlagen in Algerien über die Ermordung des US-Botschafters in Libyen bis zum jüngsten Anschlag auf ein Einkaufszentrum in Nairobi.

Die Lage dürfte sich laut Geheimdienstexperten noch verschlimmern. Demnach könnte die Verbindung zwischen den islamistischen Gruppen in Nordafrika enger werden. Sie verfolgen dasselbe Ziel wie Al-Kaida, die einen strenggläubigen Gottesstaat errichten und den westlichen Einfluss auf Muslime unterbinden will. Die Biografie von Libi ist dafür ein gutes Beispiel. Er floh vor dem Polizeistaat des libyschen Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi und schloss sich 1990 im Sudan Bin Laden an, bevor er politisches Asyl in Großbritannien bekam. Von dort aus soll er seine Operationen betrieben haben.

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