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Doppelschlag gegen Terror in Afrika

Die Festnahme des gesuchten Topterroristen Abu Anas al-Libi in Libyen sorgt nun für Kritik vonseiten der libyschen Führung. Sie verlangt Aufklärung über die „Entführung“ des wegen Anschlägen auf US-Botschaften in Kenia und Tansania international gesuchten libyschen Staatsbürgers.

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Die Übergangsregierung hat laut eigenen Aussagen die US-Regierung um nähere Informationen zu der Festnahme aufgefordert. Zugleich äußerte Tripolis die Hoffnung, dass die strategische Partnerschaft mit den USA von diesen Ereignissen nicht beeinflusst werde. Weiters wies die Regierung darauf hin, dass libysche Staatsbürger im eigenen Land vor Gericht gestellt werden sollten. Laut Angaben des Pentagons wird Libi von US-Militärs an einem sicheren Ort außerhalb Libyens festgehalten. Er war am Samstag in der Nähe von Tripolis von US-Spezialkräften festgenommen worden.

Kerry verteidigt Einsatz

US-Außenminister John Kerry verteidigte am Montag die Festnahme. Die Aktion sei „angemessen und legal“ gewesen, sagte Kerry am Montag am Rande des APEC-Gipfels auf der indonesischen Insel Bali. Der Außenminister räumte gleichzeitig ein, dass die libysche Regierung nicht im Voraus über den Einsatz informiert gewesen sei. Die USA gingen gegenüber ausländischen Regierungen „nicht in die Einzelheiten“ derartiger Aktionen, so Kerry. US-Medien hatten zuvor berichtet, die libysche Regierung sei über den Einsatz in Tripolis unterrichtet gewesen. CNN zufolge soll die Regierung des Landes an dem Einsatz auch beteiligt gewesen sein.

„Großer Coup“

Libi gehört zu den meistgesuchten Terroristen weltweit. Bei den zeitgleichen Anschlägen auf die US-Botschaften in Nairobi (Kenia) und Daressalam (Tansania) im Jahr 1998 waren 230 Menschen getötet worden, Tausende wurden verletzt. Der mutmaßliche Terroranführer war im Jahr 2000 von einem Gericht in New York wegen seiner Rolle bei den tödlichen Attacken angeklagt worden.

Die US-Bundespolizei FBI setzte danach eine Belohnung von fünf Millionen Dollar (3,7 Millionen Euro) auf Hinweise aus, die zu seiner Ergreifung führen. Ob der mutmaßliche Terroranführer bei der Festnahme verletzt wurde, ist derzeit nicht bekannt. „Das war ein großer Coup“, sagte ein CNN-Terrorexperte, „Libi ist eine Schlüsselfigur der Al-Kaida.“ US-Experten erhoffen sich von ihm Insiderinformationen über das Terrornetzwerk.

US-Außenminister John Kerry sagte im Vorfeld des APEC-Gipfels in Nusa Dua auf Bali, der Doppelschlag mache deutlich, dass die USA nie in ihrem Bemühen nachlassen würden, die Urheber von Terrorakten zur Rechenschaft zu ziehen. US-Verteidigungsminister Chuck Hagel lobte die Aktionen. Die USA würden den „unerbittlichen Druck gegen terroristische Gruppen“ aufrechterhalten, so Hagel. Die Präzision, globale Reichweite und Fähigkeiten des US-Militärs seien „unvergleichlich“.

Angriff auch in Somalia

Gleichzeitig mit der Verhaftung Libis hatten US-Soldaten der Elitetruppe Navy SEALs (Sea, Air, Land) auch das Haus eines Anführers der Al-Schabab-Milizen im Süden Somalias angegriffen, wie die „New York Times“ am Samstag (Ortszeit) online unter Berufung auf einen Vertreter der US-Sicherheitsbehörden berichtete. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, George Little, bestätigte einen Einsatz, an dem US-Militärs beteiligt gewesen seien.

Reaktion auf Anschlag in Nairobi

Noch vor dem Morgengrauen seien die Spezialkräfte vom Indischen Ozean aus gelandet und hätten im somalischen Küstenort Barawe das Feuer auf ein Haus eröffnet, hieß es in dem Zeitungsbericht. Der Angriff sei vor mehr als einer Woche geplant worden - als Reaktion auf den Anschlag in der kenianischen Hauptstadt Nairobi.

Ausgeführt wurde der Angriff laut inoffiziellen Angaben aus dem Pentagon vom SEAL Team Six, jener Einheit, die für die Tötung Osama bin Ladens in dessen Versteck 2011 in Pakistan verantwortlich war. Anders als damals trafen die US-Einsatzkräfte diesmal aber auf stärkeren Widerstand als erwartet. Daher habe der Kommandant nach einem etwa 20-minütigen Feuergefecht den Einsatz abgebrochen. Die US-Spezialeinheit sei dann davongeschwommen, berichtete die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf das Pentagon.

Identität der Todesopfer ungeklärt

Die „Washington Post“ berichtete unter Berufung auf einen Regierungsvertreter, bei dem nächtlichen Einsatz in Barawe seien vermutlich fünf Al-Schabab-Kämpfer getötet worden. Auch ein hochrangiges Mitglied der Miliz soll getötet worden sein. Doch ehe die Spezialtruppe das prüfen konnte, habe sie sich zurückziehen müssen, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf einen US-Regierungsvertreter. US-Militärs wurden nach Angaben des Verteidigungsministeriums nicht verletzt. Die SEALs sind eine Eliteformation des US-Militärs.

Die Al-Schabab-Milizen hatten zuvor mitgeteilt, dass ausländische Streitkräfte Samstagfrüh ihre Stellungen in Barawe angegriffen hatten. Die US-Mission habe ihr Ziel verfehlt, so die Miliz. Somalia leidet seit mehr als zwei Jahrzehnten unter einem blutigen Bürgerkrieg vor allem zwischen der - von afrikanischen Truppen unterstützten - Zentralregierung und der Al-Schabab.

Die Al-Schabab-Miliz hatte sich zu der Attacke auf die dortige Westgate-Mall bekannt. Maskierte Terroristen waren in das Einkaufszentrum eingedrungen und hatten um sich geschossen. Nach mehreren Tagen endete die Geiselnahme mit mindestens 72 Toten.

Bewohner aus Schlaf gerissen

Ein Bewohner von Barawe, einer Küstenstadt rund 240 Kilometer südlich der Hauptstadt Mogadischu, sagte der Nachrichtenagentur AP am Telefon, die lauten Maschinengewehrsalven hätten die Bewohner vor dem Morgengebet aus dem Schlaf gerissen. Die SEALs hätten ein zweistöckiges, direkt am Strand gelegenes Haus angegriffen, in dem ausländische Kämpfer lebten, berichtete ein Al-Schabab-Kämpfer namens Abu Mohamed AP. Er sah den Tatort laut eigenen Angaben nach dem Angriff. Die US-Einsatztruppe sei in das Haus eingedrungen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Navy SEALs in Barawe operieren. 2009 hatte ein Team bei Tageslicht sechs Menschen in Barawe getötet, darunter auch Saleh Ali Saleh Nabhan, einen der damals meistgesuchten Al-Kaida-Anführer der Region. Ihm warfen die USA die Beteiligung an den Anschlägen auf die Botschaften 1998 vor.

Nach dem Kommandoeinsatz riegelten die Al-Schabab-Milizen Barawe laut Angaben eines Bewohners ab. Eine Ausgangssperre wurde verhängt und die Häuser von Kämpfern einzeln durchkämmt, vermutlich um mögliche Hinweise auf einen Spion zu finden, so der Bewohner gegenüber AP.

20 Jahre nach Desaster in Mogadischu

Der Angriff in Somalia erfolgte 20 Jahre nach der berüchtigten „Black Hawk Down“-Schlacht in Mogadischu. Bei diesem Einsatz hätten somalische Milizenführer gefasst werden sollen, doch die Aktion endete nach dem Abschuss eines Black-Hawk-Hubschraubers im Desaster. 18 US-Soldaten wurden getötet, und in der Folge zogen sich die USA vom Horn von Afrika völlig zurück.

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