Neuvergabe steht nicht zur Debatte
Die Tagung des Exekutivkomitees des Weltfußballverbandes (FIFA) ist auch außerhalb der Sportwelt mit Spannung verfolgt worden. Grund dafür waren alarmierende Berichte über die Zustände auf den Baustellen zur Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar. FIFA-Präsident Joseph Blatter nahm am Freitag zu den Vorwürfen Stellung.
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Die FIFA könne demnach nicht zur Verantwortung gezogen werden, wie Blatter bei einer Pressekonferenz in Zürich sagte. „Es tut uns sehr leid, was passiert ist“, so Blatter, dem zufolge es in jedem Land geschehen könne, dass es Todesfälle auf den Baustellen gibt. Auf die Frage nach der Verantwortung gibt es laut Blatter jedenfalls eine klare Antwort: Da die Überprüfung der Arbeitsrechte in Katar „eine Verantwortung der Unternehmen“ sei, könne „eine Intervention nur durch Katar erfolgen“.
Treffen mit Emir angekündigt
Die FIFA habe 209 Mitgliedsverbände und könne nicht in diese Dinge eingreifen, so Blatter weiter. Der Schweizer will nun aber zusammen mit einer Delegation des Exekutivkomitees zu einem Höflichkeitsbesuch nach Katar reisen, wo er auch den neuen Emir treffen will. Eine Neuvergabe der Weltmeisterschaft steht für Blatter jedenfalls nicht zur Debatte: „Die Entscheidung vom 2. Dezember 2010 (an diesem Tag wurde die WM in Katar vergeben, Anm.) ist immer noch gültig. Es gibt keinen Grund, sie infrage zu stellen“.
44 Gastarbeiter in zwei Monaten gestorben
Die englische Tageszeitung „The Guardian“ hatte in der vergangenen Woche einen alarmierenden Bericht über die Arbeitsbedingungen im kleinen Golfstaat veröffentlicht. Rund 44 nepalesische Gastarbeiter seien demnach in nur zwei Monaten wegen Herzinfarkts oder Arbeitsunfällen gestorben. Von Zwangsarbeit und unmenschlichen Bedingungen war die Rede.
Ein britischer Parlamentarier brachte daraufhin einen WM-Verzicht von England ins Spiel, und der Internationale Gewerkschaftsbund (ITUC) lancierte die Kampagne „Neu Abstimmen: Keine Fußball-WM ohne Arbeitnehmerrechte“. Diese Initiative zielt darauf ab, Menschen dazu zu veranlassen, Druck auf die FIFA auszuüben, damit sie einen neuen Veranstaltungsort festlegt, falls die Arbeitnehmerrechte nicht respektiert werden.
Für den österreichischen Teil der Kampagne findet am 7. Oktober - dem Welttag für menschenwürdige Arbeit - eine Startveranstaltung statt, zu der internationale Gäste, österreichische Fußballfans, Gewerkschafter und politisch Interessierte über die Lage in Katar informiert werden.
„Sklavenhändlerstaat“
ITUC-Generalsekretärin Sharan Burrow bezeichnete Katar als „Sklavenhändlerstaat“. „Um die Infrastruktur zu bauen, werden wahrscheinlich mehr Arbeiter sterben als die 736 Fußballer, die bei der WM auf dem Rasen stehen“, sagte Burrow. Aber auch die Internationale Spielergewerkschaft (FIFPro) forderte den Weltverband zum Handeln auf.
„Wenn die Berichte wahr sind, muss der Fußball reagieren. Es ist unentschuldbar, dass das Leben der Arbeiter geopfert wird, zumal es moderne Gesundheits- und Sicherheitspraktiken in der Baubranche gibt“, sagte FIFPro-Vorstandsmitglied Brendan Schwab. Zugleich forderte er die FIFA auf, mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) Experten nach Katar zu schicken.
Auch Amnesty International übt Kritik
Kritik an der FIFA gab es auch von Amnesty International (AI). „Katar hat mit die schlimmsten Arbeitsbedingungen weltweit. Wir erwarten von der FIFA, dass sie aktiv eingreift“, sagte Regina Spöttl, bei AI zuständig für die Golfstaaten, gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“).
Als Veranstalter dürfe sich die FIFA nicht aus der Verantwortung nehmen. „In erster Linie ist Katar zuständig für ein gutes Arbeitsrecht im Land. Aber es sind auch die Veranstalter, die für menschenwürdige Bedingungen Sorge tragen müssen“, meinte Spöttl. „Die FIFA ist ein mächtiger Verband. Es würde ihr guttun, entschlossen einzugreifen.“
Auch Terminentscheidung bleibt offen
Zwar gestand auch Blatter ein, dass es der FIFA nicht gleichgültig sein dürfe - so wie bei den Problemen bei der WM 2010 in Südafrika und jüngst beim Confederations Cup in Brasilien, nahm sich die FIFA nun dennoch wieder aus der Verantwortung. Verantwortlich fühlt sich die FIFA lediglich für die Terminierung, und die soll entgegen des ursprünglichen Wunsches von Blatter nach einer sofortigen Festlegung auf eine Winter-WM gut überdacht werden, weswegen nun frühestens ab 2014 entschieden wird, in welcher Jahreszeit die WM in Katar stattfinden soll.
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