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Für Hunderte Tote verantwortlich

Im Irak sind noch immer nutzlose Sprengstoffdetektoren im Einsatz, die ein britischer Geschäftsmann zu horrenden Preisen an die Behörden des Landes verkauft hat. James McCormick wurde bereits im April in London zu zehn Jahren Haft verurteilt. Danach versprach die Regierung im Irak zwar, die Geräte auszumustern, getan wurde das aber nicht, berichtet der britische „Independent“.

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McCormicks Firma soll allein für 37 Millionen Pfund 6.000 Sprengstoffdetektoren an die irakischen Behörden geliefert haben. Weitere Geräte wurden an Länder wie Belgien, Georgien und Niger sowie an die Vereinten Nationen (UNO) für deren Einsätze im Libanon verkauft. Der 56-jährige Unternehmer nannte zudem auch das ägyptische Militär, Kenias Polizei und den thailändischen Grenzschutz als Kunden.

Geräte spüren Golfbälle auf

Angeboten wurden die Detektoren, die auf einem in den USA für 20 Dollar gehandelten Gerät zum Aufspüren von Golfbällen basieren, mit einem Stückpreis von bis zu 40.000 Dollar (rund 31.000 Euro). Das Werbeversprechen: Bomben ließen sich auf einen Kilometer Entfernung orten. Mehr noch, die Reichweite erhöhe sich sogar auf 3.000 Meter, wenn das Handgerät in die Luft gehalten werde. Ganz nebenbei sollten die Hightech-Maschinen Drogen, Elfenbein und Menschen aufspüren können.

James McCormick

APA/EPA/Facundo Arrizabalaga

McCormick konnte mit den Einnahmen ein Leben im Luxus führen

Betrüger schon 2010 festgenommen

Doch Ermittler kamen dem windigen Unternehmer auf die Schliche und nahmen ihn Anfang 2010 in Großbritannien fest. Bei der Urteilsverkündung beharrte McCormick darauf, dass er nie irgendwelche negativen Rückmeldungen von Kunden bekommen habe. Die britische Regierung verbot den Export der Detektoren in die Hauptabnehmerländer Irak und Afghanistan. McCormick hatte im Irak auch etliche Behördenvertreter bestochen, um sein Produkt an den Mann zu bringen. Mehrere ranghohe Beamte des irakischen Innenministeriums wurden später wegen Bestechlichkeit verurteilt.

Premier glaubte an Funktionsfähigkeit

Der stellvertretende Innenminister Adnan Asadi versprach nach der Verurteilung McCormicks, dass alle Detektoren ersetzt würden. Premier Nuri al-Maliki sagte allerdings kurz darauf, dass „einige“ der Geräte doch funktionierten. In Tests sei die Erfolgsrate bei 20 bis 50 Prozent gelegen, und viel besser würden auch andere Detektoren nicht abschneiden.

Soldat mit falschem Bombendedektor

Reuters/Thaier al-Sudani

Das Gerät ADE-651 ist noch immer auf den Straßen Bagdads zu sehen

Bei den Polizisten und Sicherheitsleuten gebe es unterschiedliche Ansichten, berichtet der „Independent“. Jüngere würden eher dazu neigen, sie für funktionstauglich zu halten, Ältere meinten, sie seien besser als gar nichts und wirkten wenigstens abschreckend. Und jene, die wüssten, dass die Geräte gar nicht funktionieren, hätten keine Alternative, weil sie keinen Befehl bekämen, sie nicht zu verwenden.

Kaum durch Spürhunde ersetzt

Premier Maliki sagte dann doch zu, dass in Zukunft Suchhunde statt der nutzlosen Detektoren eingesetzt werden sollten. Allerdings investierten nur die südlichen Provinzen Dhi Kar und Wasit tatsächlich in Suchhunde. Beide Gebiete gelten als vergleichsweise ruhig. Auch die Grüne Zone in der Hauptstadt Bagdad sollte mit Spürhunden gesichert werden. Allerdings stellte der Sicherheitsausschuss des irakischen Parlaments fest, dass die angeschafften Hunde gar nicht darauf trainiert waren, Sprengstoff zu erschnüffeln. Auch hier liefen Korruptionsermittlungen.

Auch vor Anschlag am Montag in Verwendung

Jedenfalls setzen die Sicherheitskräfte die Handgeräte weiterhin an Kontrollpunkten ein, so auch vor einem Anschlag, der am Montag in Sadr-Stadt, einem Vorort von Bagdad, verübt wurde. Dutzende Menschen kamen ums Leben. Seit der Verurteilung McCormicks im April sind rund 4.500 Menschen bei Anschlägen im Irak ums Leben gekommen. Allein im September waren es mehr als 900. Wie viele Tote auf die falschen Detektoren zurückzuführen sind, kann nur geschätzt werden, mehrere hundert sind es sicherlich.

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