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Bilder eines Neugierigen

Das New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) feiert den 2010 verstorbenen deutschen Künstler Sigmar Polke mit der bisher umfassendsten Ausstellung seines Werkes. „Alibis: Sigmar Polke 1963 - 2010“ werde zwischen April und August des kommenden Jahres zu sehen sein, teilte das MoMA unlängst in New York mit.

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Es sei die erste Retrospektive, die sowohl Gemälde als auch Fotografien, Filme, Zeichnungen, Drucke und Skulpturen des Künstlers zeige. Nach der Station in Manhattan zieht die Ausstellung nach London und im Frühjahr 2015 auch ins Museum Ludwig in Köln weiter.

Polke galt als der „Alchimist der Kunst“ und als unermüdlicher Experimentator. Der im Alter von 69 Jahren verstorbene deutsche Maler belegte auf allen wichtigen Listen international bedeutender Künstler viele Jahre lang einen der vorderen Plätze. Seine Bilder erzielen auf dem Kunstmarkt Millionenpreise. Noch kurz vor seinem Tod hatte Polke den mit umgerechnet 100.000 Euro dotierten Kunstpreis der Schweizer Roswitha-Haftmann-Stiftung erhalten. Im Laufe seines Lebens war er mit Preisen überhäuft worden.

„Kapitalistischer Realist“

Doch trotz seines Ruhms blieb der als extrem medienscheu geltende Polke am liebsten für sich. „Er lässt kaum jemanden an sich ran“, sagte einmal die langjährige stellvertretende Direktorin des Kölner Museums Ludwig, Evelyn Weiss. 2007 war im Wiener Museum moderner Kunst (MUMOK) die erste umfassende Polke-Retrospektive in Österreich zu sehen.

Polke lässt sich keiner Stilrichtung eindeutig zuordnen, was mit seiner Experimentierfreude zusammenhängt. Bereits als Student in den 1960er Jahren begründete er zusammen mit Gerhard Richter eine neue Stilrichtung, die sie „Kapitalistischer Realismus“ nannten. Darin karikierten die beiden Künstler die Sehnsüchte der deutschen Nachkriegsgesellschaft.

„Goldener Löwe“ für Alchimie

Den Einstieg in die Kunstszene verschafften Polke vor allem seine Raster- und Dekostoffbilder. Er setzte Bilder aus überdimensionalen Rasterpunkten zusammen, statt Leinwand verwendete er synthetische Flauschdecken, gestreiften Schlafanzugstoff oder Plastikfolien als Bildträger. Seine Motive waren Themen aus der Werbung, aus der Filmwelt oder Comics.

In den 70er Jahren durchkämmte Polke Länder wie Mexiko, Australien und Pakistan nach neuen Motiven und Mythen, wobei die Kamera sein ständiger Begleiter war. Er experimentierte mit sich verändernden Thermo- und Hydrofarben. So bot er 1986 im deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig ein alchimistisches Schauspiel: Seine wärmeempfindlichen Bilder, die je nach Tagestemperatur in jeweils anderen Farben leuchteten, wurden mit dem „Goldenen Löwen“ für die beste künstlerische Leistung belohnt.

„Meister des Stilpluralismus“

In seinem Kölner Atelier experimentierte Polke, der auch als „Meister des Stilpluralismus“ bezeichnet wurde, wie in einem Chemielabor. Er hantierte mit Silbernitrat, verschiedensten Lacken, mit Kunstharz, Schellack, unterschiedlichen Pigmentträgern, Eisenglimmer, Kopiergeräten und Computertechniken. Auch die Fotografie spielte für den Maler eine zentrale Rolle. Deshalb nannte man ihn den „Alchimisten der Kunst“.

Polke wurde am 13. Februar 1941 in Oels in Niederschlesien geboren. Seine Familie floh 1945 nach Thüringen und übersiedelte 1953 nach Westberlin, ehe sie nach Düsseldorf zog. Dort begann Polke zunächst eine Glasmalerlehre und studierte dann von 1961 bis 1967 an der Kunstakademie. Zu seinen Lehrern zählte auch Joseph Beuys.

Je mehr Polke zum Star der internationalen Kunstszene wurde, umso mehr schottete er sich ab. Über das Privatleben des Malers war wenig bekannt. In Köln-Zollstock teilte er sich mit einem Tischler ein ehemaliges Fabriksgebäude, das ihm als Atelier diente. Freunde und Sammler schilderten ihn als humorvollen und neugierigen Mann.

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