„Zurück zum Absender“ nicht möglich
Der Moskauer Flughafen Scheremetjewo birgt laut britischen Medien seit rund sechs Jahren ein großes Geheimnis. Eine Ladung von 20 Milliarden Dollar befindet sich laut den Angaben auf 200 Holzpaletten, von denen jede 100 Millionen wert sei. Das Geld sei säuberlich verpackt in einer schwer gesicherten Lagerhalle des Flughafens.
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Die Lieferung wurde laut der britischen Tageszeitung „Independent“ am 7. August 2007 von der Sicherheitsfirma Brink’s von Frankfurt nach Moskau gebracht. Als Absender wurde in den Frachtpapieren ein gewisser „Farzin Koroorion Motlangh“ genannt, berichtet der „Independent“ und verweist auf ein Faksimile in der Moskauer Zeitung „Moskowsky Komsomolez“ als Quelle.
Russischer Zoll fordert persönliches Erscheinen
Das Dokument listet allerdings keinen Empfänger der Lieferung auf. Mehrere russische Geheimdienste übernahmen die Kontrolle über die Lieferung. Die Behörden konnten bisher nicht den Besitzer oder Empfänger des Riesenvermögens ausfindig machen. Der russische Zoll fordert, dass dieser persönlich bei ihnen vorstellig wird, um die tonnenschwere Lieferung zu empfangen. Man müsse prüfen, ob der Eigentümer tatsächlich echt ist und es sich nicht um einen Schwindler handelt.
Die russischen Behörden haben das gewaltige Vermögen bisher nicht eingezogen. Es gebe keine triftigen Gründe dafür, so der russische Zollexperte Wadim Ljalin in der „Daily Mail“. Der Eigentümer der Lieferung sei ja auf den Papieren genannt. Auch das Geld sei offenbar echt und komme von einer deutschen Bank.
„Niemand schickt so eine Lieferung ins ‚Nirgendwo‘“
Es sei mehr als merkwürdig, dass der Absender keinen Empfänger angegeben habe. „Das deutet darauf hin, dass etwas mit dem Geld nicht stimmt, dass es aus dubiosen Quellen stammt.“ Sicherlich habe es einen Plan gegeben, warum das Geld die russische Grenze passieren sollte, denn niemand mit Verstand würde eine derartige Lieferung ins „Nirgendwo“ schicken, so Ljalin.
Auch Motlagh, der 2010 beschuldigt wurde, der Drahtzieher eines mit gefälschten Dokumenten versuchten Diebstahls von 14 Milliarden Dollar bei der Zentralbank Abu Dhabi zu sein, ist bisher nicht in Moskau erschienen, um das Geld für sich zu beanspruchen, wie die „Daily Mail“ schreibt. Das in Abu Dhabi gebunkerte Geld gehörte offenbar dem Iran.
Lebt Motlagh noch?
Motlagh war laut dem „Independent“ eine von drei Personen, die mit der Abwicklung von US-Geldern für den Ölkauf im Iran betraut worden waren. Eines Teils der Gelder wollte er offenbar in Abu Dhabi selbst habhaft werden, so die Zeitung weiter.
Ob Motlagh überhaupt noch lebt, ist allerdings ungewiss. Bei Verhören durch den iranischen Geheimdienst im Zuge der „Abu-Dhabi-Affäre“ im Iran soll er eine schwere Herzattacke erlitten haben, wie der „Independent“ weiter schreibt. 2012 tauchte allerdings eine Facebook-Seite unter seinem Namen auf. Das Bild des Mannes soll dem aus seinem iranischen Pass ähneln, so die Zeitung weiter.
Al-Kaida, Geheimdienste und Hilfsorganisation
Bisher erhoben nur Betrüger, teils mit Verweis auf Motlagh, Anspruch auf das Geld. Und die Zeitung zählt einen illustren Kreis von Organisationen auf: Armenier, Türken, Kurden, Japaner und auch Mitglieder des Terrornetzwerkes Al-Kaida sollen ihre Ansprüche auf die 20 Milliarden Dollar erhoben haben, so der „Independent“ mit Verweis auf den russischen Informanten, der sich selbst nur „Iwan“ nennt. Auch kriminelle Organisationen, tschetschenische Gruppierungen und ukrainische Gangster hätten sich gemeldet. Zusätzlich hätten Geheimdienste versucht, an das Geld zu kommen, wie die „Daily Mail“ berichtet.
Eine Organisation sticht offenbar besonders hervor - die von der Zeitung als dubios bezeichnete Stiftung „Welt der freundlichen Menschen“. Sie wird laut „Iwan“ von ukrainischen Geheimdienstmitarbeitern geführt. Die Organisation soll Anwälten ein Honorar von zwei Milliarden Dollar geboten haben, um den Fall gegen die Behörden zu gewinnen. Kein russischer Anwalt wollte das Angebot annehmen, wie die Zeitung weiter berichtet.
Saddam-Hussein-Vermögen nun zu gut gesichert?
Woher bzw. aus welchen Geschäften das Geld tatsächlich stammt, ist völlig ungeklärt. Das lässt wie selbstverständlich auch die Spekulationen über den tatsächlichen Eigentümer blühen. Denn viele sind überzeugt, dass Motlagh nur der Mittelsmann für die Lieferung war. Es könnte sich auch um den Versuch einer ausgeklügelten Geldwäsche gehandelt haben, der allerdings gründlich schiefgegangen sei, heißt es weiter.
So wird etwa der tote ehemalige Langzeitdiktator des Irak, Saddam Hussein, als Eigentümer genannt. Hussein hatte angeblich im Jahr 2002 zwölf Milliarden Dollar in Moskau in Immobilien investieren wollen, wie die „Moskowsky Komsomolez“ mit Verweis auf einen Insider berichtete.
Die Warnung vor der Wahrheit
Diese Quelle warnte auch, im Fall der 20-Milliarden-Dollar-Lieferung für die Wahrheit zu tief zu graben. „Das ist gefährlicher, als man sich vorstellen kann“, wird die namentlich nicht genannte Quelle zitiert. Dahinter könnte auch die Andeutung auf einen alten Öldeal zwischen den USA und dem Iran stehen, in dessen finanzielle Nachwehen Motlagh offenbar involviert war. Laut der „Daily Mail“ war Hussein allerdings nicht der einzige Diktator, der Geschäfte in Moskau getätigt haben soll.
Auch russische Mafia kann es gewesen sein
Auch der getötete libyische Diktator Muammar al-Gaddafi kommt laut der „Daily Mail“ als Eigentümer des Riesenvermögens in Betracht. Eine andere Erklärung ist, dass das Geld der russischen Mafia gehört. Auch korrupte russische Beamte seien denkbar, so die Zeitung. Doch das Vermögen sei so groß, dass es für jeden gefährlich sei, es jetzt für sich zu beanspruchen. Skeptiker indes bezweifeln, ob es die Lieferung so je gegeben hat - sie wollen sie einfach sehen und überprüfen. Doch auch die Behörden sind skeptisch, ob sich der Fall je aufklären lassen wird.
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