Neonazis marschieren vor Gericht auf
Die griechische Justiz geht gegen Mitglieder der Neonazi-Partei Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi) wegen des Verdachts der Bildung einer „kriminellen Vereinigung“ vor. Parteichef Nikolaos Michaloliakos wurde wegen der Leitung der Vereinigung am Donnerstag in Untersuchungshaft genommen, wie die amtliche Nachrichtenagentur ANA berichtete.
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Zuvor wurden bereits vier weitere Angehörige der Partei beschuldigt. Michaloliakos wurde seit Mittwochnachmittag stundenlang von einem Haftrichter verhört. Bei seiner Ankunft am Gerichtsgebäude erwarteten ihn etwa hundert rechtsradikale Unterstützer, die griechische Flaggen schwenkten. „Blut, Ehre, Goldene Morgenröte“, skandierten sie. Als Michaloliakos in das Gebäude eintrat, applaudierten sie.

Reuters/Costas Baltas/ICON
Parteichef Nikolaos Michaloliakos wird vor Gericht gebracht
Für paramilitärische Ausbildung verantwortlich?
Zuvor wurden am Mittwoch nach 14-stündiger Anhörung vier Parteimitglieder der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung beschuldigt. Der Abgeordnete Giannis Lagos wurde ebenso wie Michaloliakos in Untersuchungshaft genommen. Seine drei Kollegen, darunter Parteisprecher Ilias Kasidiaris, kamen gegen Auflagen vorläufig frei, sie dürfen das Land nicht verlassen.
Kasidiaris, der verdächtigt wird, für die paramilitärische Ausbildung von Parteimitgliedern verantwortlich zu sein, musste eine Kaution von 50.000 Euro hinterlegen. Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes gaben sich die drei Freigelassenen siegesgewiss und beschimpften anwesende Reporter. Einer von ihnen sagte: „Die Anklage wird zusammenbrechen.“
Mord an Rapper als Auslöser
Insgesamt waren zuvor sechs der 18 Abgeordneten der rechtsextremen Partei festgenommen worden, darunter auch Michaloliakos’ Stellvertreter Christos Pappas. Den Festnahmen vorausgegangen war die Ermordung des linksgerichteten Rappers Pavlos Fyssas durch ein Parteimitglied in der Nacht auf den 18. September. Die Gewalttat sorgte landesweit und international für Empörung. Seither gehen Politik und Justiz gegen die Partei und ihre Anhänger vor. Der mutmaßliche Täter sitzt in Haft und hat den Anschlag Medienberichten zufolge gestanden.
Indes wurde ein weiterer Polizist wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit den Neonazis festgenommen. Drei weitere Polizisten mussten sich bereits wegen Verbindungen zur Partei verantworten. Der frühere Polizeichef des Athener Stadtteils Agios Panteleimon soll unter anderem Parteimitglieder geworben haben. Der festgenommene Polizist muss sich wegen „Machtmissbrauchs“, „Fälschung“ und „Waffenhandels“ verantworten. Agios Panteleimon gilt als eine der Hochburgen der Rechtsextremen in Athen. In der Vergangenheit gab es in dem Viertel Hetzjagden auf Einwanderer.
Partei sieht sich als Opfer einer Verschwörung
Die Parlamentsfraktion der Partei will sich bei einem Treffen über das weitere Vorgehen beraten. Solange sie nicht rechtskräftig verurteilt sind, behalten die Abgeordneten ihr Mandat. Die Partei sieht sich als Opfer einer „politischen Verschwörung“ und baut darauf ihre Verteidigungsstrategie auf. Griechische Medien berichteten, die Abgeordneten hätten vor dem Haftrichter sämtliche Beschuldigungen abgestritten. Kasidiaris argumentierte demnach, ihm sollten vor seiner Kandidatur für den Posten des Athener Bürgermeisters im Mai 2014 Steine in den Weg gelegt werden.
„Kampfmilizen“ gegen Ausländer losgeschickt
Die Goldene Morgenröte schickte offenbar regelmäßig „Kampfmilizen“ zu Angriffen auf Ausländer los. Das geht aus Justizdokumenten und Zeugenaussagen hervor, über die griechische Medien am Montag berichteten. Bei einem Führungsmitglied stellte die Polizei den Berichten zufolge Fotos von Adolf Hitler, Hakenkreuze und Helme der Wehrmacht sicher.
„Ich habe mehrfach an Aktionen mit 50 bis 60 Motorrädern teilgenommen“, sagte ein Ex-Mitglied der Partei den Berichten zufolge in einer Zeugenaussage. Es seien jeweils zwei Menschen auf einem Motorrad gesessen. „Wer hinten saß, hatte einen Stock mit der griechischen Flagge und hat auf jeden Pakistaner geschlagen, den er sehen konnte.“ In einem an die Presse gelangten Bericht der Staatsanwaltschaft ist von einer Serie „krimineller Handlungen“ die Rede, darunter auch Morde und versuchte Morde.
Rassistisch und antisemitisch
Das Justizministerium will nach eigenen Angaben Gesetze vorschlagen, um die Finanzierung der im Parlament vertretenen Partei mit öffentlichen Mitteln zu stoppen. Parteienverbote sind in der griechischen Verfassung nicht vorgesehen. Der Aufstieg der rassistischen und antisemitischen Goldenen Morgenröte gilt als Folge der jahrelangen Wirtschaftskrise und des Sparkurses in Griechenland. Die Goldene Morgenröte stellt 18 der 300 Parlamentsabgeordneten und lag vor dem Anschlag mit 14 Prozent an dritter Stelle in der Gunst der Wähler. Die Zustimmung in den Umfragen ist seither auf weniger als sieben Prozent abgestürzt.
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