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Von der Versicherung zum Shootingstar

Der US-Schriftsteller Tom Clancy ist tot. Der Bestsellerautor sei im Alter von 66 Jahren in einem Krankenhaus in Baltimore gestorben, meldete die „New York Times“ per Kurznachrichtendienst Twitter am Mittwoch unter Berufung auf den Verleger des Autors.

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Clancy war vor allem mit Spionage- und Politthrillern wie „Jagd auf Roter Oktober“, „Die Stunde der Patrioten“, „Der Schattenkrieg“ und „Das Echo aller Furcht“ bekannt geworden. Viele seiner fast 30 Werke wurden in Hollywood erfolgreich verfilmt. 17 Bücher schafften es auf Platz eins der „New York Times“-Bestsellerliste. Sein letztes Buch soll in zwei Monaten in den USA erscheinen und heißt „Command Authority“. Es spielt in Russland, wo ein umstrittener Politiker an die Macht gekommen ist.

Tom Clancy

APA/EPA/Andrew Gombert

Tom Clancy bewirbt eines seiner Bücher

Clancy schrieb auch Sachbücher und brachte Videospiele heraus. Zudem war er Miteigentümer eines Baseballteams in seiner Heimatstadt Baltimore. Auf Twitter äußerten sich viele Fans betroffen über den Tod Clancys. „Ich habe seine Bücher geliebt“, schrieb einer. „Er war so ein guter Geschichtenerzähler“, schrieb ein anderer, und ein dritter twitterte, er sei „so traurig“.

In Marine-Literatur vergraben

Clancy wurde am 12. April 1947 in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland geboren. Nach der Highschool wollte er Karriere beim Militär machen, wurde allerdings wegen eines Augenfehler abgelehnt und wurde schließlich Versicherungsvertreter. Dort fühlte er sich „intellektuell unterfordert“. Mit Anfang 30 hatte Clancy keine Lust mehr auf Policen und tauchte in die Welt der Marine ab. Er verschlang Karten und Handbücher, sprach mit Experten und stellte Seeschlachten nach, in den ersten Videospielen übte er sich in Taktik.

Das Ergebnis war ein Buch über einen Sowjetkapitän, der mit seinem Atom-U-Boot zu den Amerikanern überläuft: „Jagd auf Roter Oktober“. Das Buch verkaufte sich blendend, und Millionen wollten Sean Connery und Alec Baldwin im Film sehen. In den letzten Zügen des Kalten Krieges erzählte Clancy den Konflikt glaubwürdig, fast unblutig und vor allem spannend. Er wurde damit zum Shootingstar der Thrillerliteratur.

„Einfach die Punkte verbinden“

Selbst Marineexperten waren erstaunt, woher der Versicherungsagent sein Wissen hatte. Einfache Antwort Clancys: harte Arbeit. „Die Informationen sind ja alle da, wenn man nach ihnen sucht. Und das geheime Zeug bekommt man ganz einfach, wenn man das nicht geheime nimmt und einfach die Punkte verbindet“, so Clancy.

„Ich mag Schreiben“, sagte er 1986 in einem Fernsehinterview. „Ich hatte noch nie so viel Spaß. Man kann seine eigene kleine Welt bauen, wie als Kind mit der Eisenbahn. Aber statt Eisenbahnen habe ich Panzer und Schiffe und Flugzeuge und all dieses Zeug.“ Er könne alles so arrangieren, wie er wolle. „Und wenn ich es nicht mag, fange ich einfach von vorn an.“

Mit Jack Ryan ins Weiße Haus

Die Bücher machten Clancy berühmt und reich. Er ließ hohe Sowjetoffiziere für die Amerikaner spionieren, schmuggelte Atombomben in die USA und ließ seinen Star, CIA-Agent Jack Ryan, den britischen Thronfolger retten, eine Verschwörung um Drogenkartelle aufdecken und ihn sogar zum Präsidenten aufsteigen. Auch die Jack-Ryan-Bücher wurden von Hollywood verfilmt.

Natürlich gewannen bei Clancy immer die Guten. Genau das warfen ihm seine Kritiker auch vor, letztlich sei die Handlung immer etwas vorhersehbar und zu guter Letzt gewännen CIA oder Marines oder Weißes Haus - oder wer auch immer die amerikanischen Werte hochhalte.

Geheime Informationen bekommen

Zu US-Streitkräften und Geheimdiensten hatte Clancy durch seine Romane die besten Kontakte. Angeblich so gut, dass die Dienste dem Autoren schon einmal vertrauliche Informationen zukommen ließen. „Es gibt Dinge, die ich weiß, die ich niemals in einem Buch veröffentlichen könnte“, sagte er. „Und die erschreckendsten Dinge sind nicht einmal geheim, es liest nur keiner.“

Dabei war Clancy nicht selten Prophet: In seinem Buch „Ehrenschuld“ - sieben Jahre vor dem 11. September 2001 erschienen - lässt ein, allerdings japanischer, Terrorist eine Boeing in das Capitol in Washington stürzen, Hunderte sterben.

Die Handlung sei einfach auf der Hand gelegen, sagte Clancy. „Aber wenn mein Kram plötzlich Realität wird, ist das schon ein bisschen gruselig.“ Dabei gebe es zwischen Realität und der Fiktion eines Romanautors einen großen Unterschied: „Die Fiktion muss Sinn ergeben.“

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