NEOS im Nationalrat, BZÖ weg
Die Wähler haben der Großen Koalition neuerlich einen Dämpfer verpasst, ihr bei der Nationalratswahl aber zumindest eine absolute Mehrheit verschafft. Ob es zu einer Neuauflage von Rot-Schwarz kommt, ist freilich offen. Möglich wäre - zumindest aus Sicht der ÖVP - auch eine Dreierkoalition mit der wiedererstarkten FPÖ und dem Team Stronach (TS) oder NEOS, das zur Überraschung des Wahlabends wurde.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
An der Spitze der Wählergunst steht laut vorläufigem amtlichen Endergebnis die SPÖ, die zwar Einbußen verzeichnete, mit 27,1 Prozent aber die ÖVP auf Distanz hielt. Die Volkspartei verlor weniger, aber doch und kam auf 23,8 Prozent. Die Freiheitlichen erreichten 21,4 Prozent, die Grünen 11,5. Eher enttäuschend verlief der Wahlabend für das TS, auf das 5,8 Prozent entfielen. Damit lag es nur relativ knapp vor NEOS, das 4,8 Prozent erzielte. Dem BZÖ fehlte rund ein halber Prozentpunkt zur Vierprozentgrenze.

Innenministerium
Vorläufiges amtliches Endergebnis
Verschiebungen durch Wahlkarten
SPÖ und ÖVP haben eine knappe Mandatsmehrheit im Parlament. Keine Mehrheiten gibt es für Schwarz-Blau sowie für Rot-Grün. Die Wahlbeteiligung fiel drastisch, sie lag bei 66 Prozent - 2008 waren es noch 78,8 Prozent.
Noch nicht enthalten sind die Briefwahlstimmen und wahlkreisfremden Wahlkarten, diese werden ab Montag ausgezählt. Einige Verschiebungen sind da jedenfalls zu erwarten. So sollte es für die Grünen zum historisch besten Ergebnis bei einer Nationalratswahl reichen, während es für SPÖ und ÖVP das schlechteste aller Zeiten ist. Laut ORF-Hochrechnung können ÖVP, Grüne und NEOS da noch mit Zuwächsen rechnen, SPÖ und FPÖ mit Verlusten. Demnach wird das Endergebnis mit Wahlkarten wie folgt aussehen:

SORA/ORF
SPÖ ganz auf Rot-Schwarz eigestellt
Die SPÖ war am Wahlabend bemüht, der ÖVP eine Neuauflage der Koalition schmackhaft zu machen. Er werde eine „stabile Regierung ohne die FPÖ“ bilden, rief Kanzler Werner Faymann den sozialdemokratischen Sympathisanten zu. Faymann sagte in einer kurzen Rede vor seinen Anhängern, dass er Österreich weiter - wie versprochen - „mit sicherer Hand“ führen werde. Er werde eine „stabile Regierung ohne die FPÖ“ bilden, so Faymann. „Die Arbeitnehmerpolitik bleibt weiter an erster Stelle“, kündigte der Kanzler an.

APA/Herbert Neubauer
Die Spitzenkandidaten nach der Wahl
Davor hatte unter anderen der steirische Landeshauptmann Franz Voves an das Verantwortungsbewusstsein der ÖVP appelliert. Die Steiermark bildete an diesem Wahltag eine Sonderstellung, kam doch die FPÖ dort auf Platz eins, und das TS schnitt besser ab als sonst irgendwo - eine Ohrfeige für die vielbeschworene „Reformpartnerschaft“ von SPÖ und ÖVP.
ÖVP-Stimmen für neue Wege
Dass es im Bund so nicht weitergehen kann, befanden gleich mehrere Landeschefs der ÖVP. In vielen Teilen Österreichs hätten die Wähler „eindeutig gegen eine Große Koalition gestimmt“. Einzig der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) sprach sich deutlich für Rot-Schwarz aus, allerdings in einer „neuen Form“.
ÖVP-Obmann Michael Spindelegger wollte jedenfalls nicht voreilig eine Neuauflage der Koalition mit der SPÖ ausrufen, genauso wenig aber mit Alternativen liebäugeln. „Wie es insgesamt weitergeht, muss man bei den Verhandlungen sehen“, sagte er in der ZIB. Mit der SPÖ als stärkster Partei würden Gespräche stattfinden, denen er nicht vorgreifen wolle: „Ich sage weder Ja noch Nein - wir werden einmal verhandeln.“
Spindelegger betrachtet das Wahlergebnis – wie schon einige seiner Parteikollegen zuvor - als einen „Denkzettel“ für beide Koalitionsparteien. „So kann’s nicht weitergehen“, müsse deswegen bei einer allfälligen Fortsetzung der Zusammenarbeit gelten. Man müsse „Projekte aufstellen, wie man Österreich weiterentwickelt“, Ziele entwerfen - und das vielleicht auch mit „mehreren Parteien“, so der ÖVP-Chef, ohne konkreter zu werden.
Strache-Appell an SPÖ
In alle Richtungen offen zeigte sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der auch bei der SPÖ vorstellig wurde. Er forderte die Kanzlerpartei auf, „die Ausgrenzung zu beenden“ und „ernsthafte Gespräche mit uns und anderen Parteien“ zu führen. Strache sagte, er sei „zutiefst gerührt“. Er freue sich über den „unglaublich großen Schritt vorwärts“ für seine Partei bei der Nationalratswahl.

APA/Georg Hochmuth
Strache sichtlich zufrieden
Grüne wollten mehr, Stronach auch
Die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig, die eingestand, sich ein besseres Ergebnis erhofft zu haben, schwor ihre Partei dagegen schon auf einen Oppositionskurs ein. Dennoch habe man „das beste Ergebnis, das wir jemals in Österreich bei einer Nationalratswahl hatten“, erreicht. „Wir werden weitermachen müssen als gute Oppositionspartei. Das können wir und das werden wir.“ Es sei zu befürchten, dass die rot-schwarze Bundesregierung weitermache wie bisher.
„Etwas anders“ hätte sich auch TS-Gründer Frank Stronach den Wahlabend erwartet, aber: „Es ist, wie es ist.“ Ob das TS für Koalitionen zur Verfügung steht, ließ er offen. Ebenso nicht ausgeschlossen wurde von Stronach, dass es personelle Änderungen geben werde. Ungeachtet dessen will er sein Mandat annehmen.
Trauer bei BZÖ, Jubel bei NEOS
Kein Mandat anzunehmen hat das BZÖ. „Es hat leider nicht gereicht“, bedauerte BZÖ-Chef Josef Bucher. Am Mittwoch werde er eine Sitzung einberufen, um zu entscheiden, wie es mit ihm und dem BZÖ weitergehe. Die Piraten, die mit 0,8 Prozent ebenfalls scheiterten, zeigten sich „schon ein bissel enttäuscht“. Nichtsdestotrotz handle es sich um den „Anfang einer langen Reise“.
Die KPÖ schaffte 1,0 Prozent. Für Spitzenkandidat Mirko Messner blieb das Ergebnis seiner Partei trotz Stimmenzuwächsen „unter den Erwartungen“. „Der Trend nach rechts hat sich fortgesetzt“, kritisierte er.
Jubelstimmung herrschte bei NEOS. Die neue liberale Partei schaffte es tatsächlich ins Parlament und erzielte vor allem in Vorarlberg mit gut 13 Prozent und in Wien ausgezeichnete Werte. Parteichef Matthias Strolz versprach nach dem „erfolgreichsten politischen Start-up Österreichs“ einen neuen Stil und ein „lebendiges Parlament“, in dem sich die Partei konstruktiv beteiligen wolle. „Ein Jahrhundertprojekt ist gelungen“, sagte Strolz. „Österreich ist ein großes Stück mutiger geworden.“ Für Strolz ist es jedenfalls „ein großer Tag“. Erstmals in der Zweiten Republik habe eine „Bewegung aus dem Volk“ beim ersten Wahlantritt den Sprung ins Parlament geschafft.
Links: