Zehntausende Mitarbeiter wechseln
Microsoft kauft den Großteil von Nokia. Der einstige finnische Handymarktführer konzentriert sich nun vor allem auf sein lange krisengeschütteltes Netzwerkgeschäft, sprich die Produktion von Funk- und Schalttechnik, sowie Software.
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Für die finnische Wirtschaft ist der Verkauf ein herber Prestigeverlust. Vom einstigen Vorzeigekonzern bleibt nur das schwankungsanfällige Geschäft mit Netzwerktechnik, die kleine Navigationssparte Here (ohne deren Apps) sowie die Abteilung für Advanced Technologies. Zwar bekommt Nokia von Microsoft noch Lizenzgebühren für Handypatente, doch strategisch wird die Tochter NSN in der Zukunft über das Wohl der Firma entscheiden.
Microsoft-Deal wohl das kleinere Übel
Als Netzwerausrüster arbeitete Nokia sechs Jahre lang mit mäßigem Erfolg mit Siemens zusammen. Erst vor kurzem übernahm Nokia das NSN-Geschäft komplett und kaufte dem Siemens-Konzern dessen Hälfte ab, nachdem die Partner trotz langer Suche keinen Käufer für das Gemeinschaftsunternehmen gefunden hatten.
Der Deal mit Microsoft dürfte das kleinere Übel für die Finnen gewesen sein: Während die Einnahmen aus dem Handygeschäft im zweiten Quartal binnen Jahresfrist um ein Drittel sanken, betrug das Minus im Netzwerkbau lediglich 17 Prozent. Gut 2,7 Milliarden Euro setzte Nokia damit um, einen Hauch mehr als mit seinen Handys. Während das Handysegment Verluste schrieb, blieb bei NSN wenigstens ein operativer Gewinn von acht Millionen Euro übrig. Das verbleibende Rumpfgeschäft leite Verwaltungsratschef Risto Siilasmaa, bis ein neuer CEO gefunden sei, hieß es. Als Kandidaten gelten bereits der amtierende NSN-Chef Rajevv Suri und der frühere SAP-Kochef Jim Hageman Snabe.
Nokia dürfte halben Umsatz einbüßen
Mit dem Verkauf übergibt Nokia seine gesamte Geräte- und Dienstleistungssparte an den US-Großkonzern, für einen Kaufpreis von 3,79 Milliarden Euro. Wie das Brancheninternetmagazin Heise berichtete, kommen dazu 1,65 Milliarden Euro für Patente und andere Lizenzen. Der einstige Handyweltmarktführer dürfte fast die Hälfte seines Umsatzes einbüßen. Im Zuge des Verkaufs sollen außerdem etwa 32.000 Beschäftigte - von derzeit mehr als 90.000 Mitarbeitern - zu Microsoft wechseln, wozu auch die Manager Stephen Elop, Jo Harlow, Juha Putkiranta, Timo Toikkanen und Chris Weber zählen. Für Elop - einen Ex-Microsoft-Manager - schließt sich damit ein Kreis.
„Ende einer Ära“ in finnischer Wirtschaft
Der finnische Wirtschaftsminister Jan Vapaavuori kommentierte den Deal mit den Worten: „Das ist das Ende einer Ära in Finnland.“ Der Verkauf werde einen „mentalen Effekt“ haben, da Nokia lange eine wichtige internationale Marke mit tiefen finnischen Wurzeln gewesen sei, wie das „Wall Street Journal“ („WSJ“) den Minister zitierte.
Die Entscheidung zum Verkauf der Handysparte sei „für Nokia und seine Anteilseigner der beste Weg in die Zukunft“, sagte Interimskonzernchef Siilasmaa. Der Gewinn durch den Verkauf werde die finanzielle Lage des Unternehmens „klar stärken“ und eine „solide Grundlage für künftige Investitionen in Nokias fortgeführte Unternehmensaktivitäten“ liefern, so Siilasmaa.
Einstiger Branchenprimus
Nokia war einst nicht nur der unangefochtene Spitzenreiter auf dem Markt der herkömmlichen Handys, sondern dominierte damals auch das junge Smartphone-Geschäft. Das Nokia-System Symbian erreichte in der Ära vor dem iPhone Marktanteile von über 50 Prozent. Doch der Vorstoß von Apple sowie der Erfolg des Google-Betriebssystems Android krempelten den Markt binnen weniger Jahre um. 2012 lief den Finnen der südkoreanische Konkurrent Samsung den Rang als Weltmarktführer ab.
Dank der starken Position bei günstigen Handys ist Nokia zwar immer noch der zweitgrößte Hersteller von Mobiltelefonen nach Samsung. Der Marktanteil von Nokias Lumia-Modellen bei den lukrativen Smartphones liegt aber im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Im vergangenen Quartal sicherten die 7,4 Millionen verkauften Lumia-Smartphones Nokia nicht einmal einen Platz unter den fünf größten Herstellern.
In Apples Fußstapfen?
Über eine Nokia-Übernahme durch Microsoft war bereits seit einiger Zeit spekuliert worden. Die Unternehmen waren Anfang 2011 eine enge Partnerschaft eingegangen. Nokia ist der wichtigste Hersteller von Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone. Der Windows-Konzern wird nun Software und Geräte aus einer Hand anbieten können - wie der Rivale Apple. Microsoft hatte bereits einen ersten Schritt in diese Richtung mit dem eigenen Tablet Surface gemacht, das sich jedoch schlechter als erwartet verkaufte.
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