Die großen Themen des Wahlkampfs
Die Programme der Parteien für die Nationalratswahl sind nicht nur im Inhalt, sondern auch im Umfang äußerst unterschiedlich ausgefallen. Trotz der Ausreißer, deren Konzeptekatalog eher kurz geriet, gab es für Politikinteressierte viel zu lesen. ORF.at hat ausgewählte Positionen der sechs im Nationalrat vertretenen Parteien zu fünf großen Themengebieten des Wahlkampfs zusammengefasst.
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Steuern
SPÖ: Die Kanzlerpartei fordert in ihrem Programm für die Nationalratswahl eine neue „Millionärssteuer“ mit einer Freigrenze von einer Million Euro. Sie soll aus Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer bestehen. Der Faktor Arbeit soll im Gegenzug entlastet werden.
ÖVP: Die Volkspartei lehnt eine Besteuerung von Eigentum ebenso ab wie eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer. Die Wirtschaft soll entlastet, eine Schuldenbremse in der Verfassung verankert werden. Weder die Schulden noch die Steuern sollen erhöht werden. Ziel ist ein Nulldefizit 2016 und eine Steuersenkung danach.
FPÖ: Ähnlich der SPÖ tritt auch die drittstärkste Parlamentspartei für eine „Solidarabgabe für Millionäre“ ein. Bei der Lohn- und Einkommensteuer sollen der mittlere und der Eingangssteuersatz gesenkt werden. Auch eine Steuerobergrenze in der Verfassung wird gefordert.
Die Grünen: Die Grünen fordern ebenfalls eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Bei einem Freibetrag von 500.000 Euro soll es einen progressiven Steuersatz geben. Zudem sprechen sich die Grünen für eine Grundsteuerreform, höhere Ökosteuern und eine Senkung der Abgaben auf Arbeit aus.
BZÖ: In puncto Steuerpolitik fordert das BZÖ unter dem Namen „Fair Tax“ eine einheitliche Einkommensteuer von 44 Prozent mit einer Freigrenze von 11.000 Euro. Zudem sollen die Energiepreise und Abgaben mittels Kostendeckungsprinzip in der Verfassung gedeckelt werden.
TS: Auch das Team Stronach (TS) tritt für eine „Fair Tax“ genannte pauschale Einkommensteuer ein. Zudem steht der Abbau von Staatsschulden, eine Senkung von Unternehmenssteuern und ein Verzicht auf Gruppenbesteuerung im Fokus des Wahlprogramms.
Bildung
SPÖ: Die SPÖ tritt für Ganztagsschulen, eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen und einen verpflichtenden Kindergartenbesuch ab vier Jahren ein. Der Hochschulzugang soll für alle offen bleiben, eine Wiedereinführung von flächendeckenden Studiengebühren lehnt die SPÖ ab.
ÖVP: Die ÖVP lehnt eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen ab und tritt beim Schulsystem für eine Beibehaltung der Trennung in Gymnasium und Mittelschule ein. Zudem fordert sie eine „mittlere Reife“ nach der neunten Schulstufe. Im Hochschulbereich sollen Zugangsbeschränkungen kommen und Studiengebühren wieder eingeführt werden.
FPÖ: Auch die FPÖ lehnt das Gesamtschulmodell ab. Sie plädiert für eine Beibehaltung des Gymnasiums, eine kostenlose Ganztagsbetreuung und eine Verpflichtung von Lehrern zu kostenlosen Nachhilfestunden.
Die Grünen: Im Wahlprogramm der Grünen findet sich die Forderung nach einer gemeinsamen Schule der Sechs- bis 14-Jährigen in Form von Ganztagsunterricht von 9.00 bis 15.00 Uhr. Zudem wird ein Pflichtkindergarten ab vier Jahren und ein offener Hochschulzugang ohne Studiengebühren gefordert.
BZÖ: Das BZÖ tritt für eine Beibehaltung des Gymnasiums und Nachhilfestunden durch Lehrer in der Schule ein. Auf Hochschulebene ist das BZÖ für die Einführung von Aufnahmeverfahren, Quoten für alle Studienrichtungen und eine Wiedereinführung von Studiengebühren.
TS: Das TS tritt für autonome Festlegung und Einhebung von Studienbeiträgen durch die Universitäten ein. Die Höhe der Studienbeiträge soll sich „nach dem Bedarf in Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft orientieren“. Zudem sollen Schuldirektoren als „Manager“ selbst ihre Lehrkräfte auswählen und Eltern den Direktor mitbestimmen dürfen.
Arbeit und Wirtschaft
SPÖ: Geht es nach der SPÖ, soll es in Österreich einen Mindestlohn von 1.500 Euro geben. Außerdem wollen die Sozialdemokraten ein Konjunkturpaket für Wohnbau, Wachstum und Arbeitsplätze. Es soll mit einem Umfang von 1,5 Milliarden Euro bis 2016 14.000 Wohnungen und 60.000 Arbeitsplätze entstehen lassen.
ÖVP: Die Volkspartei will ein Programm zur „Entfesselung der Wirtschaft“ umsetzen und unter anderem die Eigenkapitalfinanzierung für Unternehmen erleichtern. Weiters tritt sie für mehr Arbeitsmarktflexibilität, eine weitreichende Arbeitszeitflexibilisierung und eine Förderung des Konzepts „Lehre mit Matura“ ein.
FPÖ: Die FPÖ fordert brutto 1.600 Euro Mindestlohn und die Einführung eines zeitlich begrenzten Gastarbeitermodells samt Rückführungsmöglichkeit bei Dauerarbeitslosigkeit bzw. hohen Arbeitslosenzahlen. Eine weitere Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für Arbeitskräfte aus dem Ausland soll es mit den Freiheitlichen nicht geben.
Die Grünen: Die Grünen wollen ebenfalls einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Sie setzen sich für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, eine Entlastung von Kleinstunternehmen und verstärkte Investitionen in „grüne“ Jobs ein.
BZÖ: Das orange Bündnis setzt sich vor allem für Unternehmen ein und fordert etwa günstige Kredite für Betriebe. Weiters sollen Neuunternehmer für einen symbolischen Euro und ohne Behördenwege eine GesmbH gründen dürfen, womit dem Arbeitsmarkt ein Impuls gegeben werden soll.
TS: Die Stronach-Partei tritt für eine Liberalisierung von Öffnungszeiten - insbesondere bei Familienbetrieben - ein. Auch eine Gewinnbeteiligung von Mitarbeitern in Unternehmen soll es mit dem TS in Regierungsverantwortung geben.
Soziales
SPÖ: Im Sozialbereich will die SPÖ einen Anspruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit durchsetzen. Die Partei tritt zudem dafür ein, dass es zu keiner Anhebung des Pensionsalters kommt.
ÖVP: Die ÖVP präsentierte in ihrem Wahlprogramm Pläne für eine Reform der Mindestsicherung. Die Bezieher sollen stärker kontrolliert werden. Des Weiteren soll ein Versicherungsschutz für gefährliche ehrenamtliche Tätigkeiten wie etwa die freiwillige Feuerwehr eingeführt werden.
FPÖ: Die Freiheitlichen fordern eine jährliche Erhöhung des Pflegegeldes und eine jährliche Wertanpassung beim Kindergeld. Volle Sozialleistungen will die FPÖ nur österreichischen Staatsbürgern zukommen lassen. Die Pendlerpauschale für Autofahrer soll erhöht werden.
Die Grünen: Die Grünen wünschen sich unter anderem eine zusätzliche Grundsicherung als Ergänzung zu Sozialleistungen, eine Bundesschatzpension als Alternative zur privaten Pensionsvorsorge und Psychotherapie auf Krankenschein.
BZÖ: Das BZÖ möchte das derzeitige System der Mindestsicherung durch ein „Bürgergeld“ ersetzen, das ein Drittel unter dem Mindestlohn liegen soll. Es soll verpflichtende gemeinnützige Arbeit für die Bezieher und Anreize für den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt geben.
TS: Auch das TS will die Mindestsicherung abschaffen und stattdessen eine „Sozialkarte“ einführen. Für über 65-Jährige soll es verstärkte Arbeitsanreize geben.
Europa
SPÖ: In puncto Europapolitik fordern die Sozialdemokraten eine EU-weite Finanztransaktionssteuer, eine Bankenregulierung und soziale Mindeststandards bzw. nationale Mindestlöhne in allen EU-Ländern. Außerdem bekennt sich die SPÖ zum Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen.
ÖVP: Die ÖVP befürwortet den EU-Beitritt aller Westbalkan-Länder bis zum Jahr 2025 und unter dem Titel „Maßgeschneiderte Partnerschaft“ eine Sonderlösung für die Türkei. Auch die Partei des Vizekanzlers bekennt sich zu einer Finanztransaktionssteuer und zum Ziel, 0,7 Prozent des BIP für Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden.
FPÖ: Die Freiheitlichen sind für einen Ausstieg aus allen österreichischen Haftungen für ESM und EFSF. Sie setzen sich für die Senkung der österreichischen EU-Beiträge nach dem Muster von Großbritannien ein und lehnen einen EU-Beitritt der Türkei ab.
Die Grünen: Die Grünen plädieren wie die beiden Regierungsparteien für eine Finanztransaktionssteuer. Auch sie setzen sich für eine Regulierung der Banken und europaweite soziale Mindeststandards ein. Zudem möchten sie ein europäisches Investitionsprogramm in einem „Green New Deal“ umsetzen.
BZÖ: Das BZÖ fordert einen Zahlungsstopp an Griechenland und einen Austritt Österreichs aus der Euro-Zone. Zudem soll gemeinsam mit Deutschland, den Niederlanden und Frankreich eine „gemeinsame stabile Währung“ gebildet werden. Das BZÖ ist für eine Einführung des Trennbankensystems, also eine Teilung der Branche in Spekulations- und Geschäftsbanken. Der Staat soll zukünftig nur noch für Geschäftsbanken haften.
TS: Auch das TS hat eine dezidiert Euro-kritische Haltung und tritt für eine Revision des Euro als gemeinsame Währung bzw. eine Abschaffung und einen Neuaufbau desselben ein. Der freie Personen- und Warenverkehr innerhalb der EU soll aber beibehalten werden.
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