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Hollywood und die TV-Konkurrenz

Vor kurzem wurden die Emmys vergeben - sie gelten als die Oscars der Fernsehbranche und haben in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen: nicht nur, weil sie Serientrends im gleichen Maße abbilden wie vorgeben, sondern auch, weil sie den Wandel der Fernsehbranche dokumentieren.

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„Willkommen zur großen Nacht des Fernsehens. Für die Jüngeren: Fernsehen ist das, was ihr auf euren Telefonen schaut“, sagte Emmy-Gastgeber Neil Patrick Harris, bekannt als Barney in der Sitcom „How I Met Your Mother“ zum Auftakt der Verleihung am Sonntag (Ortszeit) in Los Angeles. Damit spielte er darauf an, wie sich das Zuschauerverhalten bei Serien durch das Internet verändert hat.

Szenenbild aus "House of Cards"

MRC II Distribution Company L.P.

Kevin Spacey in der Onlineserie „House of Cards“

„House of Cards“ mischt die Branche auf

In diesem Jahr hielt die ganze Branche den Atem an, weil mit „House of Cards“ zum ersten Mal eine nur für einen Streamingdienst produzierte Serie der große Abräumer bei der weltweit wichtigsten TV-Auszeichnung hätte werden können.

Das wurde sie zwar nicht - die Serie wurde bei neun Nominierungen lediglich mit einem Emmy für die beste Regie einer Dramaserie und zwei Auszeichnungen in Nebenkategorien geehrt -, dennoch zeigte die Verleihung, dass klassische Produktionen längst nicht mehr dominierend sind. Anders als bei der wöchentlichen Ausstrahlung im Fernsehen hatte Netflix im Februar alle 13 Folgen der Serie über einen US-Kongressabgeordneten (Spacey), der bei seinem Machtstreben über Leichen geht, auf einmal online gestellt.

Steven Soderbergh und sein TV-Erfolg

Den meisten Glamour am Trophäenabend verbreitete „Behind the Candelabra“, nominiert für mehrere Preise in der Kategorie Miniserie und Fernsehfilm. Das Biopic über den prunksüchtigen Starpianisten Liberace, der 1987 an Aids starb, und seinen wesentlich jüngeren Liebhaber ist beispielhaft für die Hollywood-Krise. Mit einem Budget von 23 Mio. Dollar (17 Mio. Euro) - mit Steven Soderbergh als Regisseur, Michael Douglas und Matt Damon in den Hauptrollen - zeigt die Produktion den Trend weg von der Leinwand hin zum Fernsehen. „Behind the Candelabra“ war ein rauschender Erfolg, bei Kritikern wie beim Publikum.

Matt Damon und Michael Douglas

Filmladen Filmverleih

Matt Damon und Michael Douglas in „Behind the Candelabra“

Insgesamt bekam der Film elf Emmys, wenn auch acht davon in Nebenkategorien. Douglas erhielt den Emmy als bester Schauspieler in einem Film und dankte auf der Bühne seinem Filmpartner Damon, der Liberaces Geliebten spielt. Er sagte, er würde die Trophäe gerne mit ihm teilen: „Willst du die obere oder die untere Seite?“ In Österreich kommt der Film am 18. Oktober unter dem Titel „Liberace - Zuviel des Guten ist wundervoll“ in die Kinos.

Soderbergh hatte erst vor wenigen Monaten angekündigt künftig nicht mehr fürs Kino, sondern nur mehr fürs Fernsehen zu arbeiten. „Die schlimmste Entwicklung im Filmgeschäft, vor allem in den letzten fünf Jahren, ist, dass Regisseure so schlecht behandelt werden“, begründete er seine Entscheidung gegenüber dem „New York Magazine“. Das liege vor allem an den Geldgebern, den Studios ebenso wie den Produzenten. „Ich glaube, ich verstehe einfach die Annahme nicht, dass der Regisseur grundsätzlich falschliegen soll, in der Einschätzung davon, was das Publikum möchte oder braucht“, so Soderbergh. Ähnlich äußerte sich auch Stephen Spielberg, der deshalb auch den Stephen-King-Bestseller „Under the Dome“ nicht als Kinofilm, sondern in Kooperation mit dem Sender CBS fürs Fernsehen adaptierte.

„Breaking Bad“ als bestes Drama ausgezeichnet

In der Kategorie „Bestes Drama“ wurde die US-Kultserie „Breaking Bad“ ausgezeichnet, die damit den Favoriten „House of Cards“ ausgestochen hat. Die Serie um einen krebskranken Chemielehrer, der zum Drogenhersteller wird, wurde außerdem mit dem Preis für die beste Nebendarstellerin belohnt, der an Anna Gunn ging.

Der Emmy für die beste Komödie ging an die Serie „Modern Family“. Der Schauspieler Jim Parsons bekam den Preis als bester Hauptdarsteller in einer Komödie für seine Rolle als Physikernerd in der Serie „The Big Bang Theory“. Die Politikkomödie „Veep“ konnte zwei Preise einheimsen: den Emmy für die beste Hauptdarstellerin Julia Louis-Dreyfus sowie für den besten Nebendarsteller Tony Hale.

Szenenbild aus "Breaking Bad"

Sony Pictures

„Breaking Bad“ wurde als bestes Drama ausgezeichnet

An die Serie „Homeland“ gingen zwei Emmys - einer an Claire Danes als beste Hauptdarstellerin in einem Drama und einer an das beste Drehbuch. „Homeland“ dreht sich um eine CIA-Agentin im Anti-Terror-Kampf und hatte im vergangenen Jahr schon zu den Abräumern gehört.

Favoriten mit schlechter Bilanz

Gleich mehrere Serien, die vorab als Favoriten gehandelt wurden, mussten sich heuer geschlagen geben. Die Fantasyserie „Game of Thrones“ (16 Nominierungen, zwei Auszeichnungen in Nebenkategorien), die Horrorserie „American Horror Story: Asylum“ (17 Nominierungen, zwei Auszeichnungen), „Downton Abbey“ (zwölf Nominierungen, eine Auszeichnung). Völlig leer ging „Mad Men“ aus - bereits das zweite Jahr in Folge, nachdem die Serie über eine New Yorker Werbeagentur in den 1960er Jahren vier Jahre in Folge der große Abräumer war.

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