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„Die erste Phase ist geschafft“

Stunden nach dem Startschuss für die Bergung der „Costa Concordia“ sind am Montag Teile des Wracks, die mittlerweile über 20 Monate unter Wasser gelegen waren, langsam wieder aufgetaucht. Die Bergetrupps, die seither an dem havarierten Luxusliner arbeiten, hatten am Vormittag damit begonnen, das Schiff aufzurichten.

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Das Kreuzfahrtschiff lag in einem Winkel von rund 65 Grad seitlich im Wasser, seit es Mitte Jänner 2012 vor der Insel Giglio mit einem Felsen kollidiert und gesunken war. Der erste Schritt der Bergung ist es nun, das Wrack in eine vertikale Lage zu bringen, um es später abschleppen zu können.

Die Aktion wurde von Unterwasserkameras überwacht, wie Bergungskoordinator Sergio Girotto vom italienische Offshore-Technologieunternehmen Micoperi Marine Contractors berichtete. Die Kameras überprüften ständig die Bewegungen des Schiffes, das sich vom Felsen, auf dem es seit seinem Kentern lag, zu lösen begann. Diese Phase galt laut dem Bergungskonsortium als die schwierigste.

Rostige Teile zu sehen

Ein verrosteter Teil des Wracks wurde sichtbar. „Wir haben die erste Phase überstanden, alles läuft nach Plan“, berichtete Zivilschutzchef Franco Gabrielli am frühen Nachmittag. Nach Angaben von Technikern ist der bisher versunkene Teil des Schiffes stark verzogen. Für das Aufrichten des Schiffs, das voraussichtlich die ganze Nacht dauern könnte, sollte das aber kein größeres Problem darstellen.

Schiffswrack der "Costa Concordia"

APA/AP/Andrew Medichini

Teile des Schiffs, die bisher unter Wasser lagen, wurden durch das Anheben sichtbar

Um das Schiff von seiner Seitenlage in vertikale Position zu bringen, müssen 36 Stahlseile insgesamt 21 Meter gezogen werden – allerdings gut dosiert: Pro Stunde waren maximal dreieinhalb Meter geplant. Ziel ist es, das Schiff möglichst nicht weiter zu beschädigen. Und vor allem: Das Wrack darf auf keinen Fall von dem abschüssigen Felsen, auf dem es liegt, abrutschen und weiter sinken.

Detailaufnahme der "Costa Concordia"

APA/AP/Andrew Medichini

Ein Deck taucht durch das Aufrichten auf

Finanzieller und logistischer Aufwand enorm

Die Bergung des havarierten Schiffs ist eine enorme logistische und finanzielle Herausforderung. Damit beauftragt ist ein Konsortium aus Micoperi und der US-Firma Titan Salvage, spezialisiert auf die Hebung und Verschrottung von Schiffen. Die Kosten belaufen sich laut neuesten Schätzungen auf bis zu 600 Mio. Euro. Ziel ist es, die „Costa Concordia“ in einen Hafen zu schleppen und dort abzuwracken. Der Zeitpunkt und die Destination sind bisher noch offen. Als mögliches Datum wurde zuletzt Anfang 2014 genannt.

Das Schiffswarck der Costa Concordia am Ufer der Isola di Giglio in Italien

APA/EPA/ANSA/Enzo Russo

Arbeiten an der halb gesunkenen „Costa Concordia“ (Aufnahme vom 9. Juli)

„Keine zweite Möglichkeit“

Zu Beginn des Projekts im Mai des Vorjahres waren noch eine Dauer von etwa einem Jahr und Kosten von maximal 236 Mio. Euro - also weniger als die Hälfte der nunmehr kalkulierten Summe und Zeit - veranschlagt worden. Nach Angaben von Costa Crociere - ihr Eigentümer ist die Reederei Carnival Cruise Lines (CCL) mit Sitz im US-Bundesstaat Florida - ist die Bergungsaktion bisher weltweit einzigartig.

Sollte der Versuch, das Wrack aufzurichten, fehlschlagen, werde es „keine zweite Möglichkeit“ geben, hatte im Sommer Nick Sloane von Titan Salvage gesagt. Speziell nach einem weiteren Winter im Wasser könnte das Schiff sinken, und eine Bergung könnte dann unter Umständen gar nicht mehr möglich sein. Die bisherigen Vorbereitungsarbeiten seien schwierig gewesen, so Sloane.

Riesige Betonfundamente errichtet

Taucher waren im Dauereinsatz, auf dem Meeresboden mussten Pfeiler per Bohrung verankert und Betonfundamente zur Stützung des Wracks errichtet werden. Die größten Bergeplattformen sind laut Medienberichten vom Sommer etwa 1.000 Tonnen schwer, 32 Meter lang und 22 Meter hoch. Ständig waren Hunderte Fachleute und zwischen 20 und 30 Schiffe am Unglücksort im Einsatz. Seit mehreren Wochen wurde Wasser aus dem Inneren des rund 290 Meter langen und 35,5 Meter breiten Wracks abgepumpt.

Wrack der Costa Concordia

Reuters/Stefano Rellandini

Am Wrack wurden Schwimmkörper angebracht

Auch Gefahr für die Umwelt

Die Bergungsaktion birgt auch Risiken für die Umwelt. Zwar wurde der Treibstoff abgepumpt, aber im Schiff befinden sich noch riesige Mengen an Lebensmitteln sowie Möbel und Abfall jeder Art. Ungewiss ist, ob Teile davon bei der Aufrichtung im Meer landen könnten. Italiens Umweltminister Andrea Orlando sagte, er wolle bis ins kleinste Detail über die Operation informiert werden.

Bei der Havarie des Kreuzfahrtschiffs am 13. Jänner 2012 kamen 32 Menschen ums Leben, wobei zwei nie gefunden wurden. Die „Costa Concordia“ war zu nahe an die Insel herangefahren, hatte gegen 21.45 Uhr einen Felsen gestreift, der ein 70 Meter breites Loch in den Rumpf riss. Dadurch drang Wasser in das Schiff ein, es bekam Schlagseite und kenterte relativ rasch. An Bord befanden sich mehr als 4.200 Personen, darunter 77 Österreicher.

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