Zweieinhalb Jahre für Lobbyisten
Der Prozess um verdeckte Parteispenden der Telekom Austria (TA) an das BZÖ im Wahlkampf 2006 ist in der Nacht auf Samstag nach einem Verhandlungsmarathon zu Ende gegangen: mit vier Schuldsprüchen und einem Freispruch.
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Der Lobbyist Peter Hochegger erhielt im Wiener Straflandesgericht wegen Beitrags zur Untreue und falscher Aussage vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zweieinhalb Jahre unbedingte Haft. Jeweils Schuldsprüche setzte es wegen Beitrags zur Untreue und falscher Aussage vor dem U-Ausschuss für den Ex-BZÖ-Abgeordneten Klaus Wittauer, den BZÖ-nahen Werber Kurt S. sowie den vormaligen Sprecher von Ex-BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger, Christoph Pöchinger.
Sie fassten jeweils teilbedingte Freiheitsstrafen aus: Wittauer bekam zwei Jahre (davon drei Monate unbedingt), S. zweieinhalb Jahre (davon fünf Monate unbedingt), Pöchinger zwei Jahre (davon acht Monate unbedingt). Der vormalige TA-Vorstand Rudolf Fischer wurde demgegenüber von dem Vorwurf der Untreue sowie der Falschaussage freigesprochen. Das Verfahren gegen Arno Eccher wurde ausgeschieden.

APA/Robert Jäger
Fischer und Hochegger am Freitag auf der Anklagebank
Scheinrechnungn im Wahljahr
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die TA dem BZÖ im Wahljahr 2006 über Scheinrechnungen verdeckt insgesamt 960.000 Euro zukommen ließ, wie Richter Michael Tolstiuk bei der Urteilsverkündung mitteilte. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Es sei besprochen worden, Maßnahmen zu setzen, um für die TA eine „günstige“ Änderung der sogenannten Universaldienstverordnung zu erreichen, erläuterte Tolstiuk. Damit betraut worden sei der Lobbyist Peter Hochegger. Dieser habe in Erfahrung gebracht, dass dies eine Million Euro kosten würde und habe das Gernot Schieszler - damals TA-Manager, heute Kronzeuge - mitgeteilt.
Hochegger sollte demnach Agenturen als Empfänger nennen - Schieszler habe das Geld verdeckt ausbezahlen wollen, es sei klar gewesen, dass es sich um eine Parteispende handeln sollte, die nicht in der Öffentlichkeit aufscheinen sollte.
Gericht: Hochegger handelte vorsätzlich
Es habe dann ein Treffen zwischen Hochegger und dem damaligen BZÖ-Abgeordneten Klaus Wittauer gegeben, wo auch über die rund eine Million gesprochen wurde und außerdem, ob Werber Kurt S. „loyal“ sei und das Geld über ihn dem BZÖ zufließen könne, erklärte der Richter. Hochegger habe Schieszler in der Folge mitgeteilt, dass sich Werbeagenturen melden werden. Hochegger habe vorsätzlich gehandelt, weil er wusste, dass das Geld von der TA kam, meinte der Schöffensenat, wobei er sich auf Aussagen Schieszlers und des Ex-BZÖ-Abgeordneten Wittauers stützte.
S. habe in weiterer Folge vorsätzlich Anbote über 720.000 Euro an die TA übermittelt, und diesem sei klar gewesen, dass das Datum nicht stimmte und der Vertragsinhalt nie erbracht werden sollte, dass es sich also um Scheinrechnungen handelt.
Freispruch im Zweifel
Der Vergabeakt selbst sei dann u. a. vom damaligen TA-Vorstand Rudolf Fischer gegengezeichnet worden - allerdings „vorsatzlos“, wie Tolstiuk darlegte. Das Gericht konnte demnach im Zweifel nicht feststellen, dass Fischer bewusst war, dass diesen Anboten keine tatsächlichen Leistungen gegenüberstanden. Er sei hier quasi als „Werkzeug“ benutzt worden, schlussfolgerte der Schöffensenat.
Die bereits Anfang August zu 20 Monaten bedingt verurteilte Werberin Tina H. sollte wiederum den Vorzugsstimmenwahlkampf der damaligen Justizministerin Karin Gastinger bestreiten, um dessen Finanzierung sich ihr Pressesprecher Christoph Pöchinger gekümmert habe, so Tolstiuk. Pöchinger sei deswegen zu Wittauer gegangen. Die TA habe einen Text für ein Anbot an H. im Wert von 240.000 Euro geschickt, der sie verwundert habe, worauf sie Rücksprache bei Pöchinger hielt, führte der Richter aus. Pöchinger habe sie bestärkt, dass das „in Ordnung“ sei. Pöchinger habe sehr wohl gewusst, dass das Geld von der TA stamme, erläuterte Tolstiuk den Vorsatz. Auch H. schickte in der Folge eine vordatierte Rechnung an die TA.
Als Gastinger ihren Austritt aus dem BZÖ bekanntgab, sei Geld übrig geblieben, das H. mittels Scheinrechnung an Werber S. weiterleitete, damit es weiter im Wahlkampf verwendet werden konnte, so Tolstiuk.
Wertgrenze 19-fach überschritten
Als Milderungsgründe führte der Richter bei Hochegger einen ordentlichen Lebenswandel an, erschwerend wirkte u. a. die 19-fach überschreitende Wertgrenze. Ebenso verhielt es sich bei Wittauer, bei dem mildernd noch eine teilweise Schadenswiedergutmachung und sein Geständnis dazukamen. Werber S. wurde ebenfalls sein ordentlicher Lebenswandel sowie sein Beitrag zur Wahrheitsfindung angerechnet, erklärte Tolstiuk. Bei Pöchinger kam eine Vorstrafe erschwerend zum Tragen.
Hinsichtlich der Schuldsprüche wegen falscher Beweisaussage im U-Ausschuss merkte Tolstiuk an, dass die entsprechenden Worte jeweils zu einem Zeitpunkt gefallen seien, als den jeweiligen Sprechern bewusst gewesen sei, dass sie vorsätzlich die Unwahrheit sagen.
BZÖ muss 960.000 Euro zurückzahlen
Dass das BZÖ nun 960.000 Euro - das ist sogar mehr, als der Staatsanwalt beantragt hatte - zurückzahlen muss, begründete der Richter damit, dass das Geld mit der Auszahlung an die beiden Agenturen in die „Verfügungsmacht“ des BZÖ und seiner Verantwortlichen gelangt sei. Die Härteklausel kam deshalb nicht zum Tragen, da nach Meinung des Schöffensenats das BZÖ schon 2012 mit einer möglichen Abschöpfung rechnen musste.
Die Privatbeteiligte Telekom Austria wurde mit Ausnahme ihrer gegen Wittauer angemeldeten Ansprüche auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Zulasten Wittauers bekam die TA 100.000 Euro zugesprochen - diesen Betrag hatte der Ex-BZÖ-Politiker zuvor bereits anerkannt. Zu sämtlichen darüber hinausgehenden Forderungen habe man keine eindeutigen Feststellungen treffen können, weshalb das Unternehmen diese zivilgerichtlich betreiben muss.
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