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Britische Regierung in der Kritik

Schon die Eröffnung der weltgrößten Rüstungsmesse Defence and Security Exhibition International (DSEI) war diese Woche in London von Protesten von Kriegsgegnern begleitet worden. Nun bekamen Kritiker der Messe weiter Wasser auf ihre Mühlen: Zwei Aussteller wurden der Messe verwiesen, weil sie Folterwerkzeuge in ihren Katalogen angeboten hatten.

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Die französische Firma MagForce International und das chinesische Unternehmen Tian Jin MyWay International Trading boten Fußeisen und Elektroschlagstöcke an. Solche Gegenstände gelten laut britischen Gesetzen als „nicht erwünscht“. Nachdem die grüne Abgeordnete Caroline Lucas das veröffentlicht hatte, wurden die Stände der beiden Unternehmen im ExCel Centre in den Londoner Docklands geräumt.

Verkauf genehmigungspflichtig

Nach britischem Recht fallen alle Fesseln, die von den klassischen von der Polizei verwendeten Handschellen abweichen, sowie alle Elektroschocker in eine Kategorie, die nur mit Genehmigung der Regierung verkauft werden darf.

Und diese wird – weil die Produkte für Folter verwendet werden könnten - praktisch nie ausgestellt. Ein Mitarbeiter des Pekinger Unternehmers antwortete auf die Frage der Zeitung „Independent“, welchen Zweck die Metallfesseln im Katalog hätten, lapidar: „Was glauben Sie, für was sie verwendet werden?“

Besucher bei Waffenmesse

Reuters/Stefan Wermuth

Normalsterbliche sind bei der Messe nicht als Besucher zugelassen

Ein Sprecher der französischen Firma sagte, soweit er wisse, habe man keines der beanstandeten Produkte verkauft. Man stelle sie auch nicht selbst her. Beide Unternehmen gaben dem „Independent“ gegenüber an, die Artikel auf der Messe nicht anzubieten. Und ihre Kataloge gehörten zu ihren Standardwerbeblättern für Kunden rund um die ganze Welt.

Von Regierung unterstützt

Dennoch ist bei der alle zwei Jahre – alternierend mit Eurosatory in Paris - stattfindenden Messe einmal mehr die britische Regierung in die Kritik geraten – weil die Messe von den Behörden politisch, finanziell und logistisch unterstützt wird: Die UK Trade & Investment Defence & Security Organisation ist der Teil der britischen Behörde für Wirtschaftsförderung, der im Wesentlichen mit Waffenverkäufen beschäftigt ist.

Besucher bei Waffenmesse

Reuters/Stefan Wermuth

400.000 Briten arbeiten in der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie, in Österreich sind es 8.000

Bei der Messe ist sie zudem für die Einladungen der Aussteller verantwortlich, die notwendig ist, um eine Stand zu haben. Auf diese Weise soll eigentlich verhindert werden, dass Rüstungsgeschäfte mit Unrechtsregimen gemacht werden.

Kritik an Einladungspolitik

Doch unter den rund 30.000 Fachbesuchern, meist Vertreter von Regierungen und Militär, sind heuer auch Delegationen aus Turkmenistan, Usbekistan und Bahrain - allesamt Nationen, die nicht dafür bekannt sind, Menschen- und Bürgerrechte allzu ernst zu nehmen. „Neue Märkte“ heißen solche Länder im Business-Sprech. Die britische Regierung hatte noch dazu bis zum Beginn der Messe alle Aussagen verweigert, welche Länder teilnehmen werden.

Besucher bei Waffenmesse

Reuters/Stefan Wermuth

Die Messe in London dauert vier Tage

Mehr als 1.500 Aussteller aus aller Welt zeigen seit Dienstag Kriegswaffen vom Panzer bis zur Drohne, Software und Sicherheitstechnik, etwa zum Aufspüren von chemischen Kampfstoffen. Aus Österreich sind laut Wirtschaftskammer elf Aussteller vertreten. Gegendemonstranten bezeichneten die Messe als „weltweiten Marktplatz für Profit und Blutvergießen“. Sie sei ein Ort, wo „Kriegstreiber und Menschenrechtsverletzer einander treffen“.

Doppelmoral der Regierung?

Sarah Waldron von der Campaign Against Arms Trade kritisierte im „Independent“ die Doppelmoral der britischen Regierung: Auf der einen Seite verurteile sie die furchtbare Gewalt in Syrien, auf der anderen Seite lade sie andere brutale Diktatoren zu der Waffenmesse ein. „Wenn die Geschäfte abgeschlossen werden, kaufen sie nicht nur Waffen, sondern auch das Schweigen Großbritanniens zu ihrer beschämenden Menschenrechtslage.“

Wie schwierig die Gratwanderungen zwischen Moral und Zynismus ist, belegt der kanadische Hersteller Less Lethal Africa (Weniger Tödliches Afrika). Das Unternehmen versucht auf der Messe sein Angebot an Gummigeschoßen für alle Standardwaffen wie Kalaschnikows an Entwicklungsländer zu verkaufen. Verkaufsleiter Greg Rickard meint, seine Firma versuche eine weniger tödliche Alternative für Situationen anzubieten, in denen eine Regierung die Verwendung scharfer Munition überlegt. „Wir sagen unseren Kunden, es ist besser, 20 Menschen im Spital zu haben als 30 tot.“

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