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Mit Schneeballeffekt zu Gerichtsverfahren

Der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers und die in der Folge über den Globus hereinbrechende Finanzkrise hatte in Österreich quasi als Nebeneffekt ungeahnte Auswirkungen: Zahlreiche Skandale aus den Jahren davor flogen auf, Ermittlungen in Korruptionsaffären kamen ins Rollen. Die Fälle Immofinanz, Constantia, BUWOG und Telekom Austria wurden der Justiz und der Öffentlichkeit ein Begriff.

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Angefangen hat alles mit den Immofinanz- und Constantia-Privatbank-Turbulenzen im Herbst 2008, als die Finanzkrise nach dem Lehman-Debakel in voller Härte einsetzte. Im Umfeld stark fallender Kurse und bei Immobilienpreisen im Tiefflug kam das Privatbank-Immo-Imperium unter Karl Petrikovics schnell ins Taumeln.

Constantia-Anleger verloren Erspartes

Der verschachtelte Konzern aus dem Turnauer-Imperium hatte in seinem rasanten Expansionskurs auf immer neue Emissionen an der Börse und auf stetig steigende Preise gesetzt. Als sich der Wind drehte, ging dem Unternehmen rasch das Geld aus. Zigtausende Anleger verloren ihr Erspartes, die Bank musste gerettet und verkauft werden. Aber auch die Justiz kümmerte sich bald um den tiefen Fall der Gruppe und begann erstmals, die verwirrenden Konstruktionen, gegenseitig gewährten Darlehen und In-sich-Geschäfte genauer zu durchleuchten. Strafrechtliche Ermittlungen gegen Petrikovics & Co. wurden eingeleitet.

„Provision“ für BUWOG-Privatisierung

Im Zuge der Untersuchungen wurde in den beschlagnahmten Immofinanz-Immoeast-Unterlagen auch eine unidentifizierte Zehn-Millionen-Euro-Zahlung an den Lobbyisten Peter Hochegger gefunden. Die geheime Zahlung entpuppte sich als „Provision“ für den entscheidenden Tipp in der BUWOG-Privatisierung 2004, bei der die Immofinanz erfolgreicher Bieter für die Bundeswohnungen war.

Profiteure des bis dahin unbekannten Zehn-Millionen-Euro-„Honorars“ waren Hochegger und sein Geschäftspartner und Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger, Vertrauter von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Neue Fragen zur BUWOG-Privatisierung wurden laut, neue Ermittlungen der Justiz eingeleitet. Die Ermittler hegten bald auch gegen Grasser einen Verdacht. Grassers verwickelte Stiftungs- und Firmenkonstrukte kamen zum Vorschein, neben den strafrechtlichen Ermittlungen wurden auch steuerrechtliche Prüfungen eingeleitet.

Nächster Schritt: Telekom Austria

Die Hausdurchsuchungen bei Hochegger, eine zentrale Figur im BUWOG-Skandal, brachten zahlreiche weitere Affären zu Tage: Beim Lobbyisten wurde u. a. eine Rechnung vom Broker Johann Wanovits gefunden, dessen Euro Invest Bank schon 2004 beim ominösen Kurssprung der Telekom-Austria-Aktie ins Visier der Finanzmarktaufsicht (FMA) geraten war. Damals dementierte Wanovits noch jeden Kontakt zur Telekom Austria (TA).

Nun stellte sich dank der Rechnung der intensive Kontakt doch heraus: Für die Rechnung wurde nämlich zunächst keine Gegenleistung des Brokers gefunden. Mit Hilfe von Gernot Schieszler, der auf den Kronzeugenstatus setzte, kam dann im Zuge der Ermittlungen heraus, wie Wanovits den Kurs gegen eine Millionenprämie der TA-Vorstände trieb. In einem - nicht rechtskräftigen - Urteil wurde im Frühling 2013 Wanovits zu fünf Jahren Haft verurteilt, auch die Ex-TA-Vorstände Rudolf Fischer und Stefano Colombo wurden zu Haftstrafen verurteilt.

Weitere Geldflüsse enthüllt

Eine Nebenfront des Immofinanz-Skandals stand ebenfalls schon vor Gericht: In einem - nicht rechtskräftigen - Urteil wurde Petrikovics zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Ex-Konzernchef hatte sich und seinen Komanagern Helmut Schwager und Norbert Gertner rund 20 Mio. Euro über dubiose „Aktienoptionen“ zugeschanzt, das Gericht sah darin Untreue.

Die Beschlagnahmen von Hocheggers Unterlagen enthüllten zahlreiche weitere Geldflüsse. Der Lobbyist entpuppte sich als Drehscheibe ominöser Zahlungen, die teils über Scheinrechnungen im politischen Umfeld der schwarz-blau-orange Regierung landeten. Die gerichtliche Aufarbeitung ist im Laufen, allein bei der TA ist die Justiz mit mindestens fünf verschiedenen Verfahren beschäftigt.

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