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Grausame Rituale

Eigentlich müsste man meinen, Exorzismus sei ein dunkles Stück Vergangenheit, das in einer aufgeklärten Welt keinen Platz mehr haben sollte. Die Realität sieht allerdings anders aus: Immer wieder kommt es zu angeblichen Dämonen- oder Teufelsaustreibungen mit dramatischem Ausgang.

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So wurden 2012 sieben Verwandte eines knapp dreijährigen Mädchens in Malaysia angeklagt. Laut Polizei legten sich die Angehörigen, darunter die Eltern, bei der Zeremonie gemeinsam auf das Kind und hielten es so 20 Stunden lang unter einer Decke fest, um böse Geister zu vertreiben. Das heuer gesprochene Urteil sah nur Geldstrafen vor.

Tote 2004 in Belgien

2007 verstarb eine 22 Jahre alte Frau bei einer Teufelsaustreibung. Die Familie hatte die Rituale beschlossen, nachdem ihre Schwester einen Deko-Löwen von einem Hotelgelände gestohlen hatte. Die Cousine der Toten verlor fast das Augenlicht.

In Belgien kam bei einer islamischen Variante einer „Entzauberung“ 2004 eine 23-Jährige ums Leben, nachdem die Täter sie stundenlang gewürgt, unter Wasser getaucht und geschlagen hatten. Ihr Ehemann und ein Mittäter wurden 2012 zu neun Jahren Haft verurteilt, fünf weitere Beteiligte, darunter drei Frauen, erhielten Haftstrafen von drei und fünf Jahren auf Bewährung.

Tödlicher Fall in rumänischem Kloster

Zu einem dramatischen Fall kam es 2005 in Rumänien: Ein orthodoxer Priester und vier Nonnen hatten eine 23 Jahre alte Mitschwester wegen ihres merkwürdigen Verhaltens im ostrumänischen Kloster Tanacu an Armen und Beinen an ein Kreuz gefesselt und geknebelt. In diesem Zustand sei die junge Frau drei Tage lang ohne Nahrung und Wasser belassen worden, um ihr den Teufel auszutreiben. Die Frau starb. Später stellte sich heraus, dass das Exorzismusopfer an einer psychischen Störung gelitten hatte und deswegen zeitweise auch in ambulanter Behandlung gewesen war.

Der Geistliche rechtfertigte seine Tat als „theologisch richtig“. Die rumänisch-orthodoxe Kirche entließ den Popen nach diesem Vorfall aus dem Dienst und erkannte seine Mönchswürde ab. Sie erklärte die Tat damit, dass der Pope ein für Teufelsaustreibungen vorgesehenes Gebet zu wörtlich genommen und missverstanden habe. Der nun angeklagte Mann sei zudem ungenügend ausgebildet gewesen. Die fünf Täter wurden zwar vorübergehend auf freien Fuß gesetzt, 2007 wurde der Priester aber zu 14 Jahren Haft, die Ordensfrauen zu Gefängnisstrafen von fünf bis acht Jahren verurteilt.

Ganze Serie in den USA

In den USA kamen in den vergangene Jahren immer wieder Menschen bei bizarren, offenbar religiös motivierten Ritualen ums Leben. Vor allem Kinder wurden immer wieder zu Opfern. 2011 tötete in Virginia ein Mann seine zweijährige Tochter, weil er glaubte, sie sei von Dämonen besessen gewesen.

In Texas wurde 2008 ein 13 Monate altes Kleinkind von seiner Mutter und ihrem Lebensgefährten bei einem angeblichen Exorzismus erschlagen. Die Frau erhielt lebenslänglich, der Vater wurde zum Tode verurteilt.

2004 erstach in Atlanta im Bundesstaat Georgia ein Ehepaar seine sechsjährige Tochter, um ihr „Dämonen auszutreiben“. Das Kind wurde mit den tödlichen Verletzungen inmitten von ausgerissenen Bibelseiten in einem Motel gefunden. Die Eltern wurden wegen Mordes verurteilt.

In Kirche erdrückt

2007 überwältigten Polizisten im US-Staat Arizona einen 49 Jahre alten Mann, der in einem Exorzismus seine dreijährige Enkelin gewürgt hatte. Dabei setzten sie Betäubungsgewehre ein. Der Mann starb kurze Zeit später. Die genaue Todesursache blieb unklar.

Ein achtjähriger an Autismus leidender Bub kam 2003 während eines Rituals in einer Kirche in Milwaukee ums Leben. Der Pastor der pfingstkirchlichen Bewegung Apostolic Faith Church, der sich zwei Stunden lang mit seinem ganzen Gewicht auf den Brustkorb des Kindes gesetzt hatte, wurde zu zweieinhalb Jahren Haft und weiteren siebeneinhalb auf Bewährung verurteilt.

Mehrere Fälle in New York

2001 ertränkte eine New Yorkerin ihre vierjährige Tochter, weil sie glaubte, diese sei von Dämonen besessen. Vier Jahre zuvor war es in der Stadt zu einem ähnlichen Verbrechen gekommen, damals wurde einer Fünfjährigen von ihrer Mutter und ihrer Großmutter ein tödlicher Getränkemix verabreicht. Und 1998 wurde eine 17-Jährige in Long Island von ihrer Mutter unter Mithilfe ihrer Schwester mit einem Plastiksack in einem Ritual ermordet, weile diese dachten, ein Dämon habe Besitz von ihr ergriffen.

Sieben Tote bei „Unfall“ in Mexiko

Zwei aus Korea stammende Frauen kamen binnen eines Jahres bei Ritualen ihrer Glaubensgemeinschaften ums Leben: 1995 starb eine 25-Jährige in San Francisco an Schlägen. Nur ein Jahr darauf erlag eine 53-Jährige ihren Verletzungen, die ihr unter anderem von ihrem Ehemann zugefügt worden waren.

In Mexiko kamen 2000 bei einer Teufelsaustreibung gleich sieben Menschen durch eine Kohlenmonoxidvergiftung ums Leben. Laut Medienberichten habe ein selbst ernannter Exorzist im Bundesstaat Tlaxcala bei einem 15-jährigen Buben, der angeblich von bösen Geistern besessen war, eine Teufelsaustreibung vornehmen wollen. Die Behörden hätten im Behandlungsraum brennende Kohle entdeckt. Zwei Personen seien im Krankenhaus behandelt worden.