Themenüberblick

Einsatz wäre mehr als „Nadelstiche“

Im Konflikt um Syriens Chemiewaffen hat US-Präsident Barack Obama für eine diplomatische Lösung geworben, sich einen Militärschlag aber offengehalten. Ziel sei es, dass Syrien seine Chemiewaffen letztlich vernichte, sagte Obama in der Nacht auf Mittwoch in einer 15-minütigen Rede an die Nation. Auf langwierige Verhandlungen wollen sich die USA und ihre Verbündeten aber offenbar nicht einlassen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

In der mit Spannung erwarteten Fernsehansprache bezeichnete er den Giftgasangriff gegen die syrische Bevölkerung am 21. August als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Die USA wüssten, dass Machthaber Baschar al-Assad dafür verantwortlich sei. Dieser solle nicht glauben, dass ein Angriff harmlos wäre: „Das US-Militär macht keine Nadelstiche. Selbst ein eingeschränkter Schlag sendet eine Nachricht, die keine andere Nation liefern kann.“ Das syrische Regime habe keine Mittel, das US-Militär ernsthaft zu bedrohen.

Werben um Verständnis bei eigener Bevölkerung

Obama gestand ein, dass ein Militäreinsatz beim Volk nicht populär sei. „Es ist kein Wunder, dass Sie schwierige Fragen stellen“, sagte der Präsident dem Fernsehpublikum und bekräftigte, dass bei einem Militärschlag keine Bodentruppen zum Einsatz kämen. Außerdem werde es sich nicht um einen langen Konflikt wie etwa in Afghanistan handeln. Die USA seien „nicht der Weltpolizist“, aber die Regierung in Washington müsse handeln, wenn sich das Ermorden von Kindern verhindern lasse.

US-Präsident Barack Obama

APA/AP/Evan Vucci

„Die USA sind nicht der Weltpolizist“

Vor seiner Rede an die Nation hatte Obama seine umfassenden Bemühungen fortgesetzt, den mehr als skeptischen US-Kongress für einen Militärschlag zu gewinnen. Im Washingtoner Kapitol kam Obama mit Senatoren zusammen, um mehr Rückhalt zu gewinnen. Er habe den Kongress aber gebeten, mit der Abstimmung abzuwarten, um den diplomatischen Bemühungen eine Chance zu geben, sagte Obama. Beobachter werten den Aufschub jedoch als mindestens ebenso sehr innenpolitisch motiviert.

Offenbar Treffen von Kerry und Lawrow geplant

Obama sagte, er habe US-Außenminister John Kerry gebeten, gemeinsam mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow einen diplomatischen Weg aus dem Konflikt zu suchen, und wolle sich in der Frage auch weiterhin mit Kreml-Chef Wladimir Putin beraten. Noch könne man aber nicht beurteilen, ob Syriens Angebot zur Aufgabe seiner Chemiewaffen auch erfolgreich sein werde. Kerry und Lawrow sollen einander am Donnerstag in Genf treffen. Die Beratungen könnten laut der russischen Agentur ITAR-Tass bis Samstag dauern.

Thema des Genfer Treffens könnte eine gemeinsame Syrien-Resolution werden, die das arabische Land zwingt, sein Chemiewaffenarsenal unter internationale Kontrolle zu stellen und zu zerstören. Putin persönlich hatte seinen Verbündeten Syrien bereits zu diesem Schritt aufgefordert - und wird wohl nachhaltig darauf drängen, um nicht das Gesicht zu verlieren. Auch erklärte Syrien am Dienstagabend, es wolle der internationalen C-Waffen-Konvention beitreten.

USA zurückhaltend zu Vorschlägen aus Moskau

Die russische Regierung überreichte den USA unterdessen ihren Vorschlag für den Umgang mit Syriens Chemiewaffen. Moskau habe eher „Ideen“ als ein „längeres Paket“ vorgelegt, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, am Mittwoch in Washington. Die russische Offerte beinhalte „Bestandteile, die noch ausgearbeitet werden müssen“.

Für Moskau „unannehmbare“ Forderungen

Ein Beitritt zur Konvention gegen chemische Waffen würde auch deren Vernichtung bedeuten. Das reicht den USA und ihren Verbündeten jedoch nicht. Eine für Dienstag geplante Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats zu der Frage wurde überraschend wieder abgesagt. Russland bezeichnete einen französischen Resolutionsentwurf als „unannehmbar“, weil dieser einen expliziten Verweis auf eine von der UNO gedeckte militärische Option enthielt.

Außerdem will Moskau offenbar keine Resolution akzeptieren, in der dem Assad-Regime dezidiert die Schuld für den Chemiewaffenangriff am 21. August gegeben wird. Darauf beharren wiederum die USA und ihr, wie das Weiße Haus am Dienstag bekanntgab, inzwischen auf 32 Staaten angewachsenes Bündnis gegen das syrische Regime. Die Koalition bemüht sich jedenfalls um Druck: Gemäß dem französischen Resolutionsentwurf soll Assad innerhalb von 15 Tagen den Forderungen entsprechen.

Russland droht im Falle eines Angriffs

Russland machte am Mittwoch noch einmal deutlich klar, dass es gegen einen Angriff auf Syrien ist: Sollten die USA militärisch eingreifen, könnte man dem Iran - Syriens Verbündetem - mehr Waffen liefern. Auch die Zusammenarbeit mit den USA beim Thema Afghanistan könne sein Land überdenken, sagte Alexei Puschkow, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma und ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist.

Puschkow malte vor der Duma die russische Reaktion auf einen Angriff auf Syrien aus: „Dazu würde gehören, dass die Lieferung von Verteidigungswaffen an den Iran aufgestockt wird. Und dazu würde auch gehören, dass diskutiert wird, die Zusammenarbeit mit den USA im Fall Afghanistan auf den Prüfstand zu stellen.“ Weitere Details nannte Puschkow nicht.

Links: