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Russland feilt an Details

Der internationale Druck auf Syrien scheint Wirkung zu zeigen. Nach Angaben von Außenminister Walid al-Muallim will Syrien dem russischen Plan folgen und ist bereit, seine Giftgasbestände der internationalen Gemeinschaft offenzulegen, die Produktion von Chemiewaffen zu stoppen und die Bestände zu vernichten. Damit wurde auch erstmals offiziell bestätigt, dass Syrien C-Waffen besitzt.

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„Wir sind bereit, die Lagerstätten für chemische Waffen mitzuteilen, die Produktion von Chemiewaffen einzustellen und den Vertretern Russlands, anderer Staaten und der Vereinten Nationen diese Objekte zu zeigen“, sagte Muallim. „Unsere Zustimmung zur russischen Initiative bedeutet, uns von allen Chemiewaffen zu trennen. Wir sind absolut bereit, diese Initiative umzusetzen“, sagte der Minister. Zuvor hatte Muallim gesagt, dass sein Land damit einen US-Militärschlag verhindern wolle.

Sicherheitsratssitzung wieder abgesagt

Eine für Dienstag angekündigte Sondersitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zum Syrien-Konflikt ist überraschend wieder vertagt worden. Russland habe seinen Antrag auf Abhaltung der Sitzung zurückgezogen, teilte der derzeitige Vorsitzende des Gremiums, der australische Botschafter Gary Quinlan, auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter mit.

Einen neuen Termin für das verschobene Treffen gebe es noch nicht, hieß es am UNO-Sitz in New York. Hinter den Kulissen werde aber eifrig weiter zum Thema Syrien beraten, sagte der Sprecher der australischen UNO-Vertretung. US-Außenminister John Kerry teilte derweil in Washington nach einem Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow mit, Russland wolle den USA noch am Dienstag Einzelheiten zu seinem Plan für die Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen vorlegen. Ein Treffen soll am Donnerstag in Genf folgen.

Putin fordert Verzicht auf Militärschlag

Kreml-Chef Wladimir Putin forderte die USA unterdessen erneut zum Verzicht auf den Militärschlag auf. Das sei die Voraussetzung, dass sich Syrien von den Massenvernichtungswaffen trennen könne. Nur so habe eine Vereinbarung zur internationalen Kontrolle der Chemiewaffen des Landes eine Chance, sagte Putin am Dienstag. Er hoffe, dass der von seinem Land vorgelegte Plan ein guter Schritt hin zur friedlichen Lösung der Krise sein werde.

Zugleich forderte Putin Syrien auch eindringlich zur Vernichtung des gesamten C-Waffen-Arsenals auf. Das sei ernst gemeint, betonte Putin laut Interfax. Russland verurteile jede Form von Massenvernichtungswaffen in der Region - ob atomar oder chemisch. Bisher habe Syrien Chemiewaffen im Arsenal geführt, um ein Gegengewicht zur Atommacht Israel zu haben.

Tauziehen um Resolution

Frankreich, Großbritannien und die USA hatten zuvor angekündigt, dem Sicherheitsrat noch am Dienstag eine neue Syrien-Resolution vorzulegen. Darin sollten der Giftgasangriff vom 21. August verurteilt, dessen Verantwortliche bestraft und Offenheit über das Chemiewaffenprogramm der syrischen Regierung gefordert werden. Syriens Regierung soll darin aufgefordert werden, ihre Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen und schließlich zu vernichten. Im Fall der Nichtbeachtung der Resolution drohen Syrien laut Entwurf Konsequenzen in Form von militärischen Mitteln (Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen).

Russlands Außenminister Lawrow erklärte den Entwurf im Vorfeld als „nicht akzeptabel“, wie die russische Nachrichtenagentur ITAR-TASS meldete. Lawrow kritisierte vor allem, dass die Regierung in Damaskus darin für einen „möglichen Chemiewaffeneinsatz“ verantwortlich gemacht werde und forderte totalen Gewaltverzicht.

Abstimmung über Militärschlag verschieben

Die US-Regierung fordert in der Syrien-Krise weiterhin mehr Tempo. Man werde zwar einen konkreten Vorschlag zur internationalen Kontrolle über Syriens Chemiewaffen abwarten, sagte US-Außenminister John Kerry am Dienstag. „Aber wir werden nicht lange warten“, erklärte er vor dem Kongress. Kerry ermahnte Moskau zu raschem Handeln und forderte Assad am Dienstag auf, „die Chance auf einen Friedensschluss zu ergreifen“.

Auch US-Präsident Barack Obama zeigte sich offen für den Vorschlag Russlands und bat den US-Senat um eine Verschiebung der Abstimmung über einen Militärschlag. „Es waren gute Gespräche“, so der US-Präsident. Man benötige mehr Zeit, um die Ernsthaftigkeit des Vorschlags zu prüfen. Laut dem demokratischen Senator Richard Durbin soll frühestens in der kommenden Woche ein Votum stattfinden. Zugleich warnte Obama Syriens Führung vor einer Hinhaltetaktik und warb im Senat weiter für die Billigung eines möglichen Militäreinsatzes.

„Tatwaffe abgeben“ reicht Opposition nicht

Auf einen Militärschlag drängt auch die syrische Exilopposition. Der russische Vorschlag biete Assad nur eine neue Möglichkeit, Zeit zu schinden und noch mehr Menschen zu töten, erklärte die in Istanbul ansässige Nationale Syrische Allianz in der Nacht auf Dienstag. Kriegsverbrechen müssten bestraft werden. „Es reicht nicht aus, wenn der Verbrecher einfach nur die Tatwaffe übergibt“, führte das Oppositionsbündnis aus.

Auch die arabischen Golfstaaten zeigten sich unzufrieden mit dem russischen Vorstoß. Die Außenminister der Öl-Monarchien forderten am Dienstag in Dschidda in Saudi-Arabien „abschreckende Maßnahmen“ gegen das syrische Regime.

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