„Wir haben viele Fehler gemacht“
Seit am Dienstag bekanntgeworden ist, dass ein Hochhaus in London das Sonnenlicht so stark bündelt, dass ein davor geparkter Jaguar beschädigt worden ist, ist das Gebäude Stadtgespräch. Ladenbesitzer erzählten von brennenden Fußmatten und gesprungenen Fliesen. Nun äußerte sich erstmals der Architekt dazu und gab dem Klimawandel Mitschuld an der Panne.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der Architekt Gebäudes, Rafael Vinoly, sagte der Tageszeitung „The Guardian“ (Freitag-Ausgabe), er habe vorhergesehen, dass die Fassade das Sonnenlicht reflektieren werde, aber dass es so heiß werde, habe er nicht erwartet.

APA/EPA/Facundo Arrizabalaga
Britische Medien nennen das Licht des Wolkenkratzers den „Todesstrahl“
Ursprünglich seien für die Südfassade des Wolkenkratzers horizontale Lamellen als Sonnenschutz geplant gewesen, sagte Vinoly bei einem Augenschein. Die Lamellen seien aber wahrscheinlich aus Kostengründen nicht verbaut worden. „Wir haben viele Fehler mit dem Gebäude gemacht“, gab Vinoly zu und versprach, sich darum zu kümmern.
Sonnenstand zu wenig berücksichtigt
Ein Problem ist nach Ansicht des Architekten, dass es in London zu viele Bauentwickler und Beratungsfirmen gebe und das Design zunehmend eine untergeordnete Rolle spiele. Am Ende kenne sich keiner mehr aus. Die Entwickler hätten auch den Stand der Sonne zu wenig berücksichtigt, sagte Vinoly, schränkte aber ein: „Als ich vor Jahren nach London kam, war es noch nicht so sonnig. Jetzt gibt es diese vielen sonnigen Tage. Also sollte man auch den Klimawandel verantwortlich machen“, so Vinoly, „oder nicht?“

APA/EPA/Facundo Arrizabalaga
Mit dem „Todesstrahl“ lassen sich offenbar Spiegeleier braten
Der 20 Fenchurch Street Tower, dem wegen seiner Form der Spitzname „Walkie-Talkie“ gegeben wurde, wird bei seiner Fertigstellung 160 Meter hoch sein und 37 Etagen haben. Der konkave Verlauf der Fassade bietet mehr Platz in den oberen Stockwerken, wo Büroflächen höhere Preise erzielen. Er reflektiert und bündelt aber die Sonnenstrahlen wie ein Brennglas, so dass Plastik schmilzt und sogar kleine Feuer ausbrechen. Vor einem Cafe gelang es sogar, mit dem reflektierten Sonnenlicht ein Baguette zu toasten und ein Ei zu braten.
Mit weniger Hitze gerechnet
„Ich wusste, dass das geschehen kann,“ sagte Architekt Vinoly und beklagte sich darüber, nicht die richtigen Techniken zur Verfügung gehabt zu haben, um die Hitzeentwicklung durch die Glasflächen des Hochhauses zu berechnen. Er habe 36 Grad erwartet, tatsächlich seien es bis zu 72 Grad geworden. Britische Zeitungen nannten das Licht des Wolkenkratzers bereits den „Todesstrahl“.

Reuters/Suzanne Plunkett
Gerüste mit schwarzen Netzen sollen vor dem Licht schützen
Seit Dienstag sind wegen der Vorfälle drei Parkbuchten sicherheitshalber gesperrt. Vor den betroffenen Cafes und Geschäftslokalen wurden Gerüste mit schwarzen Netzen aufgestellt, um das Licht, das von dem Glasturm ausgeht, zu absorbieren.
„In zwei bis drei Wochen ist alles vorbei“
„Das Phänomen wird vom derzeitigen Stand der Sonne am Himmel ausgelöst“, hieß es in einer Stellungnahme der zuständigen Baufirmen. „Im Moment hält es etwa zwei Stunden am Tag an, und erste Modellberechnungen deuten darauf hin, dass es noch etwa zwei bis drei Wochen auftreten wird.“ Dann soll sich das Problem von selbst erledigt haben.
Der strahlende Wolkenkratzer ist nicht das erste Gebäude des Architekten, das seine Umgebung zum Brennen bringt. Sein in Las Vegas gebautes, gläsernes Vdara-Hotel, das ebenfalls eine konkave Fassade aufweist, konzentrierte im Jahr 2010 das Licht so stark, dass Liegestühle auf der Poolterrasse schmolzen und Hotelgästen die Haare versengt wurden. Die Fassade wurde daraufhin mit einer reflektierenden Schicht überzogen.
„Das war ein ganz anderes Problem,“ erklärte Vinoly, der das Licht, das bogenförmige Türme abgeben, auch als umweltfreundliche Energiequelle nutzen will. „Aber wen kümmert das, wenn Sie jemanden in Las Vegas braten?“
Links: