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„Für Franzosen die Zeichensprache“

In der Stadt Menen in Flandern gibt es laut belgischen Presseberichten bald keinen amtlichen Parteienverkehr mehr auf Französisch. Mehr noch, die Stadtverwaltung scheint fest entschlossen, die Sprache der wallonischen Minderheit ganz aus den Amtstuben zu verbannen. Die Devise lautet: Schweigen statt Französisch.

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Beamte in der Stadt in Westbelgien, die direkt an der Grenze zu Frankreich liegt, sollen nur noch in Zeichensprache antworten, wenn ein Mitbürger sie auf Französisch anspricht. Die Maßnahme sei Folge eines Gesetzes, laut dem in der Region Flandern nur noch Niederländisch als Amtssprache gilt, sagte der Sprecher von Bürgermeisterin Martine Fournier der belgischen Tageszeitung „Le Soir“. In der Stadt bevorzuge man „für die Franzosen die Zeichensprache“, schrieb die Zeitung und sprach von einer neuen Art von „Demütigung“ bzw. „Schikanen“.

Laut von der französischen Nachrichtenagentur AAFP zitierten offiziellen Zahlen hat Menen (französisch: Menin) etwa 32.000 Einwohner, von denen rund 1.600 französischsprachig sind. Viele von ihnen beherrschen kein Niederländisch. „Wir brauchen strikte Regeln, um sie am Französischsprechen zu hindern und die Französisierung der Gemeinde zu unterbinden“, erklärte der Sprecher der Bürgermeisterin weiter.

Alles, nur kein Französisch

Die kommunalen Bediensteten können dem Reglement zufolge auch einfach schweigen, wenn sie auf Französisch angesprochen werden, hieß es in „Soir". Auch flämische Medien wie „De Morgen“ und das belgische Fernsehen berichteten über das neue, etwas skurrile Kapitel im seit Jahrzehnten schwelenden Sprachenstreit.

Bürgermeisterin Fournier, die als flämische Christdemokratin selbst einen französischen Namen trägt, ist demnach auch fest entschlossen, französischsprachige Schilder durch Piktogramme – Erklärbilder - zu ersetzen. Eine Fahne stehe zum Beispiel für Passangelegenheiten und ein Haus für Wohnbescheinigungen, hieß es in den Zeitungsberichten. Für den Fall, dass französischsprachige Bürger genervt reagieren, soll den Beamten laut „Le Soir“ ein Anti-Gewalt-Training angeboten werden.

Jahrelanger politischer Konflikt

Der Zeitung sagte Fournier weiter: „Das überspannt langsam etwas den Bogen. Im Rathaus habe ich mitunter das Gefühl, dass dort mehr Menschen andere Sprachen sprechen als die richtige.“ Sie regiert die Stadt gemeinsam mit der rechten Nieuw-Vlaamse Alliantie (Nouvelle Aliance Flamande, N-VA). Die Maßnahme in Menen hat auch den Segen des zuständigen flämischen Integrationsministers Geert Bourgeois. Er verwies darauf, dass jenseits der Grenze im französischen Lille flämische Bürger auch nicht auf Niederländisch bedient würden.

Der Sprachenstreit prägt das Königreich Belgien seit Jahrzehnten. Die Flamen im Norden stehen dabei den französischsprachigen Wallonen gegenüber, die auch in der offiziell zweisprachigen Hauptstadt Brüssel die Mehrheit stellen. Der Graben zwischen den Regionen hat schon des Öfteren die Regierungsbildung blockiert.

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