„Sehr viel Öl auf der Bremse“
Das dritte TV-Duell im ORF mit ÖVP-Chef Michael Spindelegger und dem Politneuling und Milliardär TS-Chef Frank Stronach hat auch die Außen- und Bildungspolitik gestreift. Doch im Wesentlichen ging es in dieser Konfrontation nur um eine Frage: Wer der beiden hat die größere Wirtschaftskompetenz und kann eher die anstehenden finanz- und wirtschaftspolitischen Probleme lösen.
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Dabei zeigten sich sowohl Spindelegger als auch Stronach angriffig und beide versuchten, mit sichtlich vorgefertigten Pointen bei den Zusehern zu punkten. Stronach startete rasch mit einem Frontalangriff und sprach der ÖVP jegliche Wirtschaftskompetenz ab. Diese sei „keine Wirtschafts-, sondern eine Bankenpartei“. Dabei griff Stronach - wie zuvor bereits Grünen-Chefin Eva Glawischnig - zum bekannten Taferl-Trick des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider. Demnach, so Stronach, verfünffachte sich in den 27 Jahren, die die ÖVP bereits durchgehend in der Regierung sitzt, die Staatsverschuldung.
„Partei der Leistungsträger“
Spindelegger konterte: „Wir sind die Partei der Leistungsträger.“ Er habe als Parteichef die Prinzipien der Volkspartei wieder zum Leben erweckt. Man habe etwa eine Schuldenbremse eingezogen. Doch es brauche Zeit, bis die Maßnahmen zu greifen begännen. Spindelegger räumte ein, dass noch mehr getan werden müsse, doch sei das Land nicht schlecht aufgestellt. Stronach quittierte Spindelegger launisch mit einem Sprachbild aus seiner Branche, der Autoindustrie: Wenn die Schulden trotz angezogener Bremse so rasant ansteigen würden, „dann muss sehr viel Öl auf der Bremse sein“.
ORF/Milenko Badzic
Stronach versuchte es mit dem Taferl-Trick
„Hypo selbstverständlich pleitegehen lassen“
Mit der Hypo Alpe-Adria-Bank, die Österreichs Steuerzahler noch Milliarden kosten wird, würde Stronach jedenfalls ganz einfach verfahren - nämlich „selbstverständlich“ pleitegehen lassen. „Da ist so viel Krebs drinnen, das kann man nicht mehr reparieren.“ Die Bank sei für Österreich nie systemrelevant gewesen. Er forderte eine genaue Untersuchung, wie es zu der Entscheidung kam, die Bank zu retten. Es müsse aufgeklärt werden, wer profitiert habe, „etwa die Raiffeisenbank“. Diese nötige Untersuchung sei „aber immer verhindert worden“.
Spindelegger verteidigte die sündteure Rettung der maroden Kärntner Bank. Er verwies auf die 20 Milliarden Euro Haftung, die das Land Kärnten für die Hypo übernommen habe. Diese hätte im Fall einer Pleite nicht das Land bezahlt, sondern natürlich der Steuerzahler, so Spindelegger. Für die Zukunft müssten Länder daran gehindert werden, so hohe Haftungen zu übernehmen, sagte Spindelegger, der auch die heimischen Banken in die Pflicht nahm, allerdings, ohne konkret zu werden. Er bekenne sich dazu, „dass die Banken an der Sanierung des Finanzplatzes Österreich beteiligt werden“. Das müsse aber erst verhandelt werden, räumte Spindelegger ein.
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Spindelegger versuchte, Emotionen zu zeigen, Stronach gab sich staatsmännisch
„Arbeiter immer das Wichtigste“
Angesichts des jeweiligen Anspruchs, die Interessen der Wirtschaft zu vertreten, wurde es beim Thema Förderung des Unternehmertums besonders lebhaft: Spindelegger erinnerte an sein Wahlkampfziel, die Wirtschaft zu „entfesseln“. Die wettbewerbsfeindlichsten Vorschriften sollten beseitigt werden.
Stronach konterte mit einem zweiten Taferl: Darauf war ein Organigramm der Wirtschaftskammer zu sehen - um die Belastung der Wirtschaft durch die Bürokratie zu versinnbildlichen. Der Markt solle entscheiden, ob jemand ein guter Tischler oder Blumenverkäufer sei, so der Austrokanadier weiter. Er führte dann seine Unternehmensphilosophie aus: Die Arbeiter seien für ihn immer „das Wichtigste“ gewesen. Die Arbeitnehmer hätten ein Recht, am Profit beteiligt zu werden.
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Spindelegger griff Stronachs Euro-Pläne scharf an
Stronach schloss die ÖVP als Koalitionspartner aus, da sie mitverantwortlich dafür sei, dass die heimische Wirtschaft „abgesandelt“ habe. Spindelegger wollte sich nicht auf Koalitionsüberlegungen einlassen und verwies auf die Zeit nach der Wahl.
Match um Rot-Weiß-Rot
Kurzzeitig glitt dieser Wettstreit um Wirtschaftskompetenz in ein Duell darüber ab, wer der bessere Österreicher sei. So meinte Spindelegger, Stronach könne von Kanada aus vielleicht nicht sehen, dass die ÖVP das Land gut mitaufgebaut habe. Stronach meinte daraufhin, es sei schade, dass man auswandern müsse, um Geld zu verdienen. Das System erdrücke alle Leute hier. Spindeleggers Replik: Es gehe in Österreich nicht nur ums Geld. Stronach sei auch ein Gefangener seines Systems: Einer schaffe an, und alle anderen würden das dann tun. Das sei „keine gute Idee für Österreich“.
Spindelegger hielt Stronach seine häufigen Abwesenheiten vor, „man kann Österreich nicht aus dem Flieger betrachten“. Der Vorschlag unterschiedlicher National-Euros sei eine „Schnapsidee“, und die radikalen Steuerkürzungspläne des Teams Stronach würden zu einem Kahlschlag im Sozialsystem führen. Der Parteigründer betonte dagegen seine generationenalte Verwurzelung im Land. „Ich bin Österreicher. Ich glaube, ich verstehe, was Österreich braucht, besser als jeder andere.“
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Der Handschlag ist fixer Bestandteil der Duelle
Bei außenpolitischen Themen zeigte sich Stronach spürbar zurückhaltender. Er ließ sich dann aber doch die Befürwortung eines Militäreinsatzes in Syrien herauslocken. Man sollte einschreiten, „wenn Leute vergast wurden“, meinte er. Zur Neutralität äußerte er sich distanziert, sie würde Österreich nicht helfen, sollten etwa die Chinesen einmarschieren. „Ich glaube, der Herr Stronach sollte lieber bei der Wirtschaft bleiben“, so der Kommentar Spindeleggers, der weiter auf ein UNO-Mandat für einen Syrien-Einsatz pochte.
In einer ersten Analyse in der ZIB2 meinte der Politologe Peter Filzmaier, Stronachs - im Vergleich zum Duell mit BZÖ-Chef Josef Bucher - betont ruhiges Auftreten sei wichtig gewesen. Denn ein hochemotionales Auftreten könne sich rasch abnützen. Die Motivforscherin Sophie Karmasin sprach sogar von einem „staatsmännischen“ Auftreten. Spindelegger habe dagegen versucht, Emotionalität zu vermitteln, das sei ihm am besten bei der Euro-Frage gelungen. Stronach habe sich bei der Frage der Neutralität auf „gefährliches Terrain“ begeben, hielt Filzmaier fest. Bei der Neutralität, die bis zu drei Viertel der Österreicher beibehalten wollen, „herumzueiern“, sei wenig glücklich gewesen.
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