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Kein Einzelfall

Bei einem Verhör wegen Bestechungsvorwürfen haben chinesische Ermittler laut staatlichen Medienberichten einen Beamten ertränkt. Die Ermittler hätten den 42-jährigen Yu Qiyi ausgezogen und seinen Kopf mehrmals in „eiskaltes Wasser“ getaucht, nachdem er nicht zufriedenstellend auf ihre Fragen geantwortet habe, berichtete die Zeitung „Beijing Times“ am Mittwoch unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft.

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Sie hätten erst aufgehört, als der Befragte sich nicht mehr gewehrt habe. Der Mann sei ins Krankenhaus gebracht worden und dort gestorben. Den Angaben zufolge ereignete sich der Vorfall bereits im April in der ostchinesischen Stadt Wenzhou, wo Yu leitender Ingenieur einer Staatsfirma gewesen sei. Er sei seit Anfang März wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten im Zuge einer Landreform inhaftiert gewesen.

Bei dem Verhör seien ihm ein Staatsanwalt sowie fünf Beamte der Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei gegenübergestanden. Gegen sie wurde nun Anklage erhoben. In einem Verfahren sollen sich die Ermittler für Folter verantworten, schreibt die Staatszeitung „Beijing Shibao“.

Gefoltert und misshandelt

Die Untersuchung der Leiche ergab laut dem Bericht, dass der 42-Jährige während des „Waterboarding“ Wasser in die Lunge bekam, was schließlich zu seinem Tod führte. Angehörige hätten zudem mehrere Prellungen an der Leiche gesehen. Die Witwe sagte der Zeitung, ihr Mann sei während seiner 38 Tage in Haft wahrscheinlich auf verschiedene Weise gefoltert worden. Er sei bei seinem Tod völlig abgemagert gewesen.

Gegen Korruption in Behörden wird seit der Machtübernahme von Staats- und Parteichef Xi Jinping im März mit besonderer Härte vorgegangen. Damit will er der Gefahr entgegenwirken, dass die grassierende Bestechlichkeit unter den Funktionären den Herrschaftsanspruch der Kommunistischen Partei untergräbt.

Gefürchtete Behörde

Die Disziplinarkommission, die Ableger in Provinzen und Städten hat, ist eine sehr mächtige Einrichtung in China. Bei Ermittlungen gegen ein Parteimitglied kommt sie zuerst zum Zug, noch bevor die Staatsanwaltschaft aktiv wird. Die Parteiermittler dürfen bei schwerwiegendem Verdacht Genossen monatelang festhalten. Was genau bei den Verhören passiert, wird nicht veröffentlicht. Oft steht am Ende von Wochen und Monaten bei der Kommission ein Geständnis. Wie es zustande kam, bleibt unklar. Ein Einzelfall dürfte auch das Schicksal von Yu nicht sein - immer wieder hatten Staatsmedien in den vergangenen Monaten über Todesfälle bei der Disziplinarkommission berichtet.

Website sammelt Hinweise aus Bevölkerung

Zum Zweck der Korruptionsverfolgung schaltete die Antikorruptionskommission in dieser Woche auch eine Website frei. Sie solle ein „wichtiger Kanal“ für die Veröffentlichung von Nachrichten sein und dazu dienen, Berichte aus der Bevölkerung über Missstände zu sammeln.

Beinahe täglich werden Festnahmen gegen einflussreiche Beamten bekannt. Erst am Dienstag wurde nach der Aufnahme von Korruptionsermittlungen der Chef der staatlichen chinesischen Unternehmensverwaltung, Jiang Jiemin, entlassen. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Dienstag berichtete, werden ihm „schwere Disziplinarvergehen“ vorgeworfen, womit in China Bestechlichkeit umschrieben wird. Jiang leitete die Kommission für die Beaufsichtigung und Verwaltung staatlicher Anlagen. Er gehörte bisher auch zu den mehr als 200 Mitgliedern des Zentralkomitees der Partei und hatte weitere ranghohe Posten inne.

Erst am Freitag war in China über einen Korruptionsverdacht gegen Zhou Yongkang, früheres Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros, des höchsten Parteigremiums, berichtet worden. Anfang August hatte die Kommunistische Partei den früheren Vizechef der mächtigen Planungsbehörde, Liu Tienan, aus ihren Reihen ausgeschlossen.

Berühmtester Prozess gegen Bo Xilai

Die höchsten Wellen schlug aber der Prozess gegen den früheren Politstar Bo Xilai, der vor einer Woche zu Ende ging. Dem früheren Mitglied im Politbüro droht die Todesstrafe. Wegen Korruptionsvorwürfen musste er seine Ämter im vergangenen Jahr aufgeben, im November wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Wann das Urteil fällt, ist noch unklar.

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