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Forscherteam will Stelle gefunden haben

Seit August ist eine Gruppe von ungarischen Archäologen auf der Suche nach dem Herz von Sultan Süleyman dem Prächtigen. Der Herrscher hatte das Osmanische Reich zu einer Blütezeit gebracht, bei der Belagerung der Stadt Szigetvar 1566 starb der schwer kranke 72-Jährige. Sein Herz und weitere Organe wurden in Ungarn bestattet – und die Suche danach soll mit Unterstützung Ankaras schon bald erfolgreich beendet werden.

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Mit 46 Jahren war Süleyman der am längsten regierende Sultan des Reichs. 13 Feldzüge führte er selbst an und dehnte das Gebiet der Osmanen nach Europa wie auch nach Persien und Nordafrika aus. Der Beiname „der Prächtige“ wurde ihm in Europa gegeben, in der Türkei wurde er aufgrund seiner Rechtsreformen „der Gesetzgebende“ genannt. Sein vierter Feldzug führte Süleyman bis nach Wien, doch die Stadt trotzte 1529 bekanntermaßen der ersten Türkenbelagerung.

Sultan Süleyman der Prächtige

Public Domain

Ab 1520 regierte Süleyman I., hier auf einer Darstellung aus dem Topkapi-Palast in Istanbul, das Osmanische Reich

Sein letzter Feldzug

1566 wollte der Herrscher noch einen Versuch unternehmen, nach Wien zu marschieren, doch der Feldzug mit 90.000 bis 100.000 Soldaten endete bereits Anfang September in Szigetvar. Der kroatische Feldherr Nikola Subic Zrinski verteidigte die Burg mit 2.500 Mann einige Tage. Als er geschlagen wurde und den Tod fand, lebte auch Süleyman nicht mehr: Er starb in seinem Zelt abseits des Kampfgeschehens. Sein Großwesir Sokollu Mehmet Pascha hielt den Tod aber geheim, weil er fürchtete, die Truppen würden den Aufstand proben.

Tod erst in Belgrad verkündet

Das sagt Norbert Pap, Professor für historische Geografie an der Universität Pecs. Seit August haben er und sein zwölfköpfiges Team die Grabungserlaubnis in Szigetvar. Tatsächlich ließ der Großwesir alle, die vom Tod des Sultans wussten, hinrichten. Der Herrscher sei zu krank um sich zu zeigen, ließ er verlautbaren.

Gleichzeitig ließ er die Todesnachricht dem Sohn und Nachfolger Selim zukommen und vereinbarte ein Treffen in Belgrad. Erst dort, 48 Tage nach seinem Tod, wurde der Tod des Sultans verkündet, sein Sohn übernahm als Selim II. seine Nachfolge und versuchte die Truppen mit Geschenken und Solderhöhungen an sich zu binden.

Kleines Mausoleum bald zerstört

Pap sagte gegenüber der „Welt“, dass erst die Entnahme und Bestattung der Organe es möglich gemacht habe, den Leichnam des Sultans so lange zu transportieren, ohne dass der Verwesungsgeruch aufgefallen wäre. Während der Leichnam in der Süleymaniye-Moschee in Istanbul bestattet ist, galt die Ruhestätte seines Herzes bald nach seinem Tod als unbekannt. Dass überhaupt bekanntwurde, dass das Herz, die Leber und andere Organe bestattet wurden, verdankt man dem osmanischen Reiseschriftsteller Evliya Celebi, der das gut 100 Jahre nach dem Tod Süleymans berichtete.

Als die Türbe, also das kleine Mausoleum, in Szigetvar Ende des 17. Jahrhunderts von einem österreichischen Versorgungsoffizier niedergerissen wurde, war auch bald die Beerdigungsstätte nicht mehr zu identifizieren.

Schwierige Suche

Als in den 70er Jahren zum ersten Mal nach dem Grab des Herzens gesucht wurde, vermutete man, dass die 1770 errichtete Marienkirche darüber errichtet worden sei. Doch die 1916 angebrachte Gedenktafel, die das nahelegte, sei aus politischen Gründen angebracht worden, erklärt Pap der BBC: Österreich–Ungarn und das Osmanische Reich waren im ersten Weltkrieg Verbündete, und dem war die Tafel geschuldet. Um die Ruhestätte zu finden, suchten Pap und sein Team historische Dokumente in diversen Archiven: in Wien, im Vatikan, in Budapest, Venedig und in Istanbul. Auf einer Karte war der Ort sogar eingezeichnet, doch diese stellte sich als falsch heraus.

Luftaufnahme der Festung Szigetvar

Civertan under cc by-sa

Die Festung von Szigetvar heute

Über Jahrhunderte habe sich die Landschaft auch extrem verändert, sagte Pap der „Welt“, ehemalige Hügel gebe es nicht mehr, ein Fluss habe sich einen neuen Weg gebahnt. Mit einer Computersimulation könne man die Landschaftsveränderung nun über Hunderte Jahre nachvollziehen, so Pap. Mittlerweile will er den Ort identifiziert haben – und am Freitag der Weltöffentlichkeit präsentieren.

Türkische Regierung unterstützt Projekt

Unterstützt wird das Projekt vor allem aus der Türkei. Zwei Millionen Euro hat Ankara laut „Welt“ zugesagt. Dabei geht es freilich um handfeste politische Gründe: Sultan Süleymann gilt auch heute noch als Vorbild der Türken, größer und mächtiger war das Osmanische Reich nie: Der Sultan hatte das Reich in Europa, aber vor allem in Nordafrika und Persien ausgedehnt und die Kultur zu einer Blüte geführt.

Premier Recep Tayyip Erdogan soll die Suche nach Süleymans Herz sogar zur Chefsache gemacht haben. In Ungarn wiederum hofft man auf türkische Touristen, die der Fund anlocken soll. Schon im vergangenen Jahr seien um 45 Prozent mehr Besucher vom Bosporus in Ungarn gewesen, schreibt die BBC. Für Freitag wird jedenfalls ein Ansturm türkischer Medien erwartet.

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