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„Wahrscheinliche“ Verantwortung

Nach Tagen der Drohungen an das syrische Regime wegen des vermuteten Giftgasangriffs auf eine Rebellenhochburg bei Damaskus am Mittwoch vergangener Woche legen die USA und Großbritannien nun den Retourgang ein: Dass das Massaker auf Befehl von Machthaber Baschar al-Assad oder seinem Umfeld geschah, lasse sich nicht beweisen, hieß es am Donnerstag überraschend aus beiden Ländern.

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Die Nachrichtenagentur AP berichtete am Donnerstag unter Berufung auf höchste Geheimdienstmitarbeiter, dass die Beweislage „kein Volltreffer“ sei - als „Volltreffer“ hatte der damalige CIA-Chef George Tenet im Jahr 2002 die Informationen bezeichnet, wonach der Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei. Diese wurden nach der US-Invasion allerdings nie gefunden. So seien zwar im Militär Gespräche über den Giftgaseinsatz abgehört worden, allerdings nur unter niedrigen Chargen. Eine Verbindung „nach oben“ sei nicht nachweisbar.

Angst vor irrtümlichem Beschuss von C-Waffen-Lagern

Dass überhaupt Giftgas eingesetzt wurde, scheint hingegen halbwegs gesichert. Angeblich verfügen westliche Geheimdienste über Gewebeproben von Opfern, die eindeutige Spuren aufweisen. Die Verantwortung des syrischen Regimes sei zwar immer noch die „wahrscheinlichste“ Variante, heißt es demnach in einem Bericht von Geheimdienstkoordinaor James Clapper. Wer derzeit wirklich die Kontrolle über die syrischen C-Waffen habe, könne man jedoch nicht sagen.

Mitarbeiter der Nachrichtendienste sagten gegenüber dem US-Sender ABC darüber hinaus, die USA wüssten nicht genau, wo das Assad-Regime seine Chemiewaffen gelagert habe. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass diese in den vergangenen Tagen erneut verschoben wurden. Das bedeutet, dass US-Luftschläge oder Raketenangriffe auch irrtümlich Giftgaslager treffen und die tödliche Waffe freisetzen könnten.

UNO-Inspektoren mit Gasmaske in Syrien

Reuters/Mohamed Abdullah

UNO-Inspektoren bei der Arbeit am Donnerstag

Auch für Cameron „keine 100-prozentige Sicherheit“

Auch laut dem britischen Premierminister David Cameron gibt es „keine hundertprozentige Sicherheit“ für Assads Schuld an dem Giftgaseinsatz. Er selbst sei jedoch von der Verantwortung der Regierung in Damaskus überzeugt, sagte Cameron am Donnerstag vor dem Parlament. Die Abgeordneten des Unterhauses sahen das jedoch anders - Cameron erlitt eine Schlappe bei der Abstimmung über eine möglich Intervention.

Britischer Premier David Cameron

Reuters/Reuters TV

Der britische Premier David Cameron vor dem Parlament am Donnerstag

Verbindung für Kerry am Montag noch „unbestreitbar“

US-Außenminister John Kerry hatte am Montag von einer „unbestreitbaren“ Verbindung zwischen Assad und dem Giftgaseinsatz gesprochen. Die USA, Großbritannien und Frankreich sehen die Chemiewaffenattacke als Grund für eine Militärintervention gegen Syriens Regime. In der Nacht auf Donnerstag erklärte US-Präsident Barack Obama allerdings, der Einsatz sei noch nicht beschlossen. Danach sprach sich auch der französische Präsident Francois Hollande für eine „politische Lösung“ aus. Am Freitag sicherte Hollande den USA jedoch Unterstützung bei einem möglichen Militärschlag zu.

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